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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
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an der Zeit teil, die sich irgendwie auf der Welt zu befinden schien.
    Durch Brian erfuhr Myrddin von Kommunikationstechniken, die er kaum verstehen konnte noch ihren Sinn für den Menschen an sich zu entdecken vermochte. Solch eine Technik schaffte es nur, daß sich Menschen ständig unter Zeitdruck fühlen mußten und das Überangebot an Informationen nicht mehr bewältigen könnten. Es schien ihm, als würden Menschen sich gegenseitig vorsätzlich überfordern. Durch diese Technik ließen sie ihre Zeit fremdbestimmt sein und ergaben sich diesem Eklat wie selbstverständlich. Außerdem schafften sie sich die Illusion, einer Nachricht oder jemandem nahe zu sein, obwohl man das gar nicht war. Das ging soweit, daß sich die Menschen mit den Stimmen anderer zufriedengaben – vielleicht mit adretten Bildern geschmückt –, jedoch den anderen Menschen weder kannten noch ihn brauchten oder ihn nicht einmal mehr leibhaftig haben wollten. Menschen konnten dann für andere Menschen zu dem werden, was eine Irene für Palluck sein mußte. Für Myrddin hatten sich diese Menschen entfremdet und schienen zu einem sozialen Leben nicht mehr in der Lage zu sein, sofern die Berichte von Brian und Tralee stimmten. Und weshalb sollte er daran zweifeln?
    „Die Menschen werden heute also aus der Ferne gesteuert“, sagte er sich. Die Methodik hatte sich wie bei ihren Kriegen verändert, aber der Grundsatz war der gleiche geblieben. Anstatt die menschliche Qualität über hunderte von Jahren verstehen zu lernen, um sie zu verbessern, nutzten sie die Zeit, um ihre Nachbarn perfekter auszunutzen, waren kurzlebiger geworden und hatten sich mehr vergessen denn jemals zuvor. Sie wollten zu den Sternen aufbrechen, den Mars mit Mikroben bevölkern, damit die Menschen in wenigen Jahrhunderten den Mikroben hinterhersteigen könnten. Und der Mond – er sollte industriell erschlossen und geschröpft werden? Was waren das nur für Konstrukteure? Und was sollte der Blödsinn? Würden sie ihre Fehler und Schwachpunkte korrigieren, indem sie wegliefen und dennoch das ganze Elend menschlicher Unzurechnungsfähigkeit mit sich nahmen? Die Technik würde niemals erkennen helfen, was sie nicht sehen wollten. Sie würde nur die Verkettung ihrer Irrtümer und ihres Größenwahns potenzieren, dachte Myrddin. War es für den Menschen wirklich so ausweglos, wie er vermutete, da er den Menschen kannte, der seinen falschen Ergebnissen verfallen war und sich hinter Experten und Wissenschaftlern zu verstecken suchte? Wenn die Summe der Gedanken aller Menschen sich ausschließlich auf technischem Niveau niederschlug – das die Menschen Fortschritt nannten – war die Qualität der Ereignisse banal und verspielte sich nur in der Materie, der die Menschen nicht Herr werden konnten, da sie das Wesen der Materie nicht verstanden.
    Tralee erzählte ihm von klimatischen Veränderungen und den wahrscheinlichen Ursachen dafür. Sie sprach von Klimaschutzkonferenzen, von einer globalen Erwärmung, von Ozonlöchern, die katastrophale Folgen für die Gesundheit der Menschen hätten, erzählte von magnetischen Störungen in der Erdoberfläche und von der Überbevölkerung. All diese Begriffe schienen Myrddin widersprüchlich in sich selbst zu sein, und doch nahm er alles interessiert und verhältnismäßig gefaßt auf. Einerseits betraf es ihn als Menschen unmittelbar, andererseits wollte er sich die Eigenschaften der Vanyar zu eigen machen und sich nicht in die Angelegenheiten anderer einmischen. Und die Menschen waren nicht mehr, wie er ein Mensch war. Myrddin wollte einen Schlußstrich ziehen, eine Abrechnung seiner persönlichen Zeit auf dieser Erde der Welt präsentieren. Er wollte seinen Glauben schützen und nicht an der Katastrophe anderer beteiligt werden. Und wahrhaft hatte er keinen Anteil daran, wenn es Palluck, Tralee und Brian auch anders zu sehen schienen.
    Tralee selbst hatte einen schuldbewußten Unterton, den er den Beichtstühlen der katholischen Kirche zurechnete und der ihm menschenunwürdig schien. Sie hatten jedenfalls diesen Ton in ihrer Stimme und meinten, daß sie maßlos gelebt hätten. Doch das hatten die Menschen vor ein- oder zweitausend Jahren auch schon getan. Und hätten sie damals die Techniken der heutigen Zeit gehabt, würde es die Erde, wie man sie kannte, schon gar nicht mehr für die Menschen geben, dachte er. Wahrscheinlich waren die Menschen niemals besser gewesen als diejenigen, die Myrddin in der Irene Bay getroffen hatte. Ihre

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