Myrddin
William …“, bat Ganapathy, und Myrddin holte ihm das Instrument aus der Requisite des Wagens. „Wirst du meinen Auftritt sehen wollen?“ fragte der Clown bescheiden.
„Selbstverständlich werde ich dich sehen“, freute sich Myrddin, der durch die Schminke das ergraute, blutleere Gesicht des Clowns sah.
„Und haben wir Publikum …?“ fragte Ganapathy.
„Ja, Ganyme. Du spielst vor Menschen. Es sind eine Menge hierhergekommen.“
„Ist Kippenhahn schon fertig mit seinen Tauben?“
„Komm, wir gehen zusammen zum Zelt und sehen nach, wenn du einverstanden bist“, sagte Myrddin, nahm Akita und Pacis und ging mit dem Clown über den Platz. Das Saxophon hatte sich Ganapathy um den Hals gehängt und in der rechten Hand hielt er ein aufgerolltes Jo-Jo.
Menschen sprachen in dem Zelt, lachten nur einmal auf und konnten sich von der Vorführung nicht begeistern lassen. Myrddin und Ganapathy standen an dem Künstlereingang des Zeltes und die Ponys von Kippenhahn galoppierten aus der Manege an ihnen vorbei. Kippenhahn selbst lief ihnen nach einigen Verbeugungen schwitzend hinterher. Und Shenann nahm sein Mikrophon. Den Lautsprecher hatte Raimann repariert und so konnte der Direktor den berühmten Ganymed störungsfrei ankündigen – den Clown aller Clowns, den Höhepunkt ihrer Show.
Zwei Scheinwerfer, die das Zelt erhellten, wurden gelöscht, Myrddin schlug Ganapathy auf die Schulter und der Clown ging in die Manege.
In seinem Jo-Jo hatte er ein fluoreszierendes Pulver, das zu beiden Seiten auf den Boden staubte, als er in die dunkle Manege lief. Leuchtender Staub pulverte auf die Holzspäne der Manege und es sah aus, als ob ein kleiner Komet wie ein Gummiball auf den Boden sprang und eine glimmende Leuchtspur hinterließ. Der Clown selbst war nicht zu sehen – nur das sprühende Pulver, das aus seinem Jo-Jo fiel und sich an der Luft entzündete, bis es erschöpft war. Das Publikum war von seinem Auftritt angetan, und erst dann zeigte ein Scheinwerfer den Clown in der Mitte der Manege, der mit einem Jo-Jo spielte und in die Dunkelheit blickte.
Ganapathy hatte sich eine hübsche Geschichte ausgedacht. Er spielte die vergebliche Sehnsucht einer leeren, zerdrückten Bierdose, einmal zu einem Ballon werden zu wollen. Sie wollte fliegen können wie er und ungebunden sein wie er. Für die Dose war der Ballon das Wesen aller Freiheit. Und der Ballon sehnte sich danach, seiner Einsamkeit ein Ende zu bereiten und in einer Mülltonne, neben anderen Ballons und Abfällen, endlich einmal Gesellschaft von Freunden haben zu können, in die er sich begeben wollte. Die Phantasie und die Kunst Ganapathys, die dem Luftballon und der Bierdose Leben verliehen, da er sie sich allein bewegen lassen konnte, wurden von dem Publikum wenig honoriert. Dennoch vertrieb es ihnen die eigene leidige Gegenwart. Und deshalb waren sie gekommen. Die Geschichte des Clowns endete damit, daß er die Dose an den Faden des Ballons band und sie gemeinsam in die Dunkelheit der Kuppel steigen ließ, während eine anrührende Melodie aus dem Saxophon den Flug der beiden begleitete, das Licht gelöscht wurde und er aus dem Zelt ging.
Es gab mäßigen Applaus für den Clown, der in den Geräuschen aufbrechender Menschen unterging. Die Scheinwerfer strahlten auf Shenann, der sich bei den Zuschauern bedankte, die weiteren Tourneetermine ansagte, die schon niemand mehr hörte, und Blackburn war zu einer Stadt in der langen Liste von Gastspielen des Shenann Wanderzirkus geworden.
Die unbarmherzige schrullige Publikum war kaum gegangen, da trafen sie bereits Vorbereitungen zum Abbau des Zeltes. Die Schlingen wurden von den Holzpflöcken gelöst, die Stahltrossen entspannt, und wie ein Segeltuch in den Kalmen fiel die Zeltplane in sich zusammen. Die Masten wurden umgelegt, die Pflöcke aus dem Boden gezogen und im Tender der Zugmaschine der Lowells verstaut. Sie übernachteten noch auf dem geräumten Platz, erwarteten am Morgen noch behördliche Kontrolleure, die den Zustand der Spielwiese abnehmen mußten und Unterschriften auf Formulare geben sollten, die dem Wanderzirkus die ordnungsgemäße Übergabe des Spielplatzes bestätigte, bevor sie nach Bolton aufbrechen wollten. Man aß nach den Aufräumungsarbeiten zu Abend, war ausgelassen, lachte über die Fehler, die einem passiert waren, und Ganapathy hatte sich von seinem Schwächeanfall wieder erholt.
Myrddin vertrieb sich die Nacht wie die vorhergehende, und am Morgen des folgenden Tages
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