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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
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frühstückten sie ausgiebig, erledigten die verwaltungstechnischen Formalitäten und machten sich gegen Abend auf den Weg nach Bolton.
    Sie hatten viel Zeit, bevor sie ihre Zelte auf der Spielwiese in Bolton aufschlagen durften. Deshalb richteten sie sich in Ramsbottom nach Rücksprache mit dem Ordnungsamt ein. Trotz ihrer Zeit vergingen die Tage bis zum Wochenende für sie wie im Flug. Sie schulten ihre Fertigkeiten, besprachen etwaige Verbesserungen, die man anbringen könnte, und kümmerten sich um das, was ihnen wichtig erschien. Raimann wich selten von der Seite Myrddins, Shenann war nicht zu sehen, Kippenhahn warf mißgünstige Blicke auf Myrddin und seine Tiere, Bourke übte immer noch vergeblich, seiner angeblich weißsagekräftigen Glaskugel das Sprechen beizubringen, und Ganapathy hatte das wahre Wesen einer Tageszeitung entdeckt, in der er weder eine Kritik noch eine mindeste Erwähnung ihrer Vorstellung in Blackburn finden konnte. Das Wesen der Zeitung lag für ihn darin, aus ihrem Papier zauberhafte Schiffchen und Hüte zu falten, die er an das Ensemble verteilte.
    Mit Myrddin hatte er gute Gespräche geführt und er wollte immer noch, daß sich dieser an den Auftritten beteiligen sollte. Derweil hatte er sich zahlreiche Gedanken gemacht, wußte ihnen aber bisher kein passendes Kostüm zu schneidern.
    Myrddin lehnte es nach wie vor ab, seine Tiere zur Schau zu stellen, was Ganapathy ärgerte, da er bezweifelte, daß Myrddin als Puppenspieler die Menschen beeindrucken könnte, die einen Zirkus besuchen wollten. Soweit war sich der Clown sicher.
    Darauf erwog der Zauberer, mit dem Publikum zu spielen, sofern seine Tiere in Ruhe gelassen werden würden, sollte er dann als Puppenspieler nicht auftreten dürfen. Für Myrddin war es ohnehin nur eine gedankliche Spielerei, da er wußte, was er tun wollte, und sich schließlich nur auf seiner Reise nach Stonehenge befand. Und Reisende verkürzen sich die Zeit mit allerlei Gesprächen, die keine eigentliche Bedeutung haben mußten.
    „Dann mußt du die Menschen zur Anteilnahme zwingen“, meinte der Zauberer.
    „Das verstimmt sie. Du mußt dir klarmachen, daß sie anonym bleiben wollen. Wenn du sie persönlich in das Rampenlicht zerrst, hört für sie der Spaß auf. Du kannst sie lächerlich machen, ihre Eigenschaften an den Pranger stellen – alles das geht. Es funktioniert aber nur so lange, wie du den Eigenschaften nicht die Gesichter von Weller, Hutchins oder Miller gibst. Genau in diesem Moment würden sie sich persönlich angegriffen fühlen. Gib ihnen das Gefühl, daß du ihren Nachbarn sprichst – und sie lachen sich tot und lieben dich. Doch wenn du sie persönlich aus der Anonymität herausgreifst und alle anderen über sie lachen, fangen sie an, dich zu hassen. Laß sie über dich lachen – und die Welt ist für sie in Ordnung. Menschen, die befürchten müssen, der Lächerlichkeit preisgegeben zu werden, kommen doch zu keine Vorführung. Sie bleiben einfach zu Hause. Du kannst sie zum Kommen nicht zwingen. Wenn du also ein einziges Mal jemand aus dem Publikum nimmst, über den sich die anderen scheckig lachen, wird das das Ende von vollen Rängen sein, da sie befürchten müßten, das nächste Mal selbst ausgelacht zu werden.“
    „Ganymed, man kann auch ein Publikum beherrschen.“
    „Was redest du da? Natürlich kann man das … aber nicht, indem es über sich selbst vor anderen lachen muß. Das ist gegen meine Erfahrung, William. Zumindest geht das im Zirkus nicht, und außerdem sind wir mit Sicherheit nicht diejenigen, die die Zuschauer beherrschen können, glaube ich. Dazu fehlt uns beiden das Format.“
    „Hast du nicht gesagt, daß du an der Physik gescheitert bist, wenn ich mich entsinne?“
    „Und was hat das für eine Bedeutung, frage ich dich?“
    „Vielleicht schätzt du die Menschen auch falsch ein. Mir sind die Zuschauer gleichgültig … doch ich werde ihnen nicht gleichgültig sein können“, meinte Myrddin.
    „Wir leben von den Menschen …! Ach, ich hätte dich erst gar nicht bitten sollen, dir darüber Gedanken zu machen. Du verstehst nicht, wie die Menschen sind. Vergessen wir das. Wenn du mit den Tieren nichts machen möchtest, ist das nur bedauerlich … finde ich jedenfalls.“
    „Und ich … ich finde bedauerlich, daß die Menschen bei deinem Auftritt nicht vor Freude Tränen vergossen haben, Ganymed.“
    „Was willst du …? Du bist mir ein Spinner …! Was erwartest du bloß von den Menschen …?“
    „Hmmm

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