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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
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Clown von ganz allein hinter ihm auftauchte.
    Die Zuschauer konnten ihn bereits sehen – Shenann blieb er im Rücken verborgen. Und Ganymed klopfte ihm nur freundlich auf die Schulter, legte seinen Arm um den Direktor, der etwas kleiner war als er selbst, strahlte in sein Gesicht und dann in den dunklen Zuschauerraum.
    „Guten Abend!“ sagte er. „Ganymed!“ Und das Licht erlosch. Das Publikum klatschte in die Finsternis des Zeltes. Photoapparate blitzten wieder mit ihren künstlichen Lichtern auf und hatten anschließend alles Erdenkliche abgebildet, nur nicht den Clown in der Dunkelheit finden können. In der Mitte der Manege entstand ein schwaches Licht, das dunkelblau wie durch einen Nebel hindurchschien und sich in spiraligen Schwaden zur Kuppel schraubte. In seiner Mitte stand Ganymed und das Publikum war von den Lichteffekten begeistert, die es sehen durfte. Der Clown stand und rieb sich in dem konisch drehenden Nebel übertrieben sein Kinn, als dächte er über etwas nach, griff dann in seine Hosentasche und holte sein dünnes Heft hervor, als hätte er sein Konzept vergessen. Dann schlug er sich auf die Stirn und die Zuschauer lachten.
    „Heute … heute ist … Sonntag. Natürlich“, rief der Clown. „Clowns machen schon Spaß … hahaha …! Aber heute ist auch noch ein anderer Tag. Ein Freund von mir … so sagte man mir … sei gestorben …“ Und man lachte etwas leiser. „Ja. Richtig gestorben … Und da habe ich mir gedacht … wir gedenken ihm gemeinsam … Diesmal mit keiner Clownerie … und Schmerz …“, und er bog sich angeblich weinend und riß pantomimisch jammernd seinen Mund auf, als die Leute ob der Übertreibung lachten und Blitzlichter aufflackerten. „William Myrddin war ein Puppenspieler … und seine besten Freundinnen sind heute abend hier. Patty Brian … nein …hahaha“, lachte er angeblich über sich selbst. „Ja, Patty Brian und Leslie Tralee“, und ein Licht stand plötzlich auf ihren Gesichtern. Tralee war grau und hager geworden. Ihre Gesichtszüge hatten sich verhärmt, und als die den Namen Myrddin hörte, rannen ihr einige Tränen aus den Augen.
    Ganymed ging zu ihr und beugte sich zu ihr herab, schüttelte seinen Ärmel und ein Stein fiel in seine Hand. Er war rund und weich. Der Clown Ganymed strahlte Tralee an, reichte ihr den Stein und das Publikum verfolgte aufmerksam und neugierig die rührende Geste, wie ein Clown der Freundin eines Freundes Trost spenden wollte.
    „Da ist nicht mehr Leben als in diesem Stein, Leslie“, flüsterte der Clown und Tralee erschrak. Sie sah dem Clown in die Augen, doch ihre brennenden Augen konnten nicht sehen, was sie zu hören gemeint hatte.
    „O Gott, William – bist du es …?“ Sie glaubte, eine Geisterstimme aus dem Jenseits gehört zu haben.
    „Nimm mich als Ganymed“, sagte der Clown und Tralee war aufgewühlt. Doch Myrddin nahm keine Rücksicht darauf. „Und hier ist Patty Brian …“, rief er und das Publikum klatschte, als der Clown Brian beide Hände reichte, sie über die Bande zu steigen bat, in die Manege führte und sich in die Lichtspirale stellte. Es wurde dann wieder finsterer, bis auf das Licht, in dem er mit Brian stand, und er flüsterte ihr zu, daß sie am Artisteneingang auf ihn warten solle.
    „William …?“ flüsterte sie unsicher.
    „Geh jetzt, Patty … und warte auf mich.“
    Sie ging zum Ausgang, an dem Raimann bereits staunend über die Lichtspiele des Ganymed stand. Er erkannte das Mädchen sofort und lachte es kurz, aber herzlich an.
    „Mein Freund …“, rief der Clown mit lauter Stimme, „war ein Puppenspieler. Und ich möchte den heutigen Abend ihm widmen …“
    Plötzlich senkte sich die Lichtspirale, in der er stand, wie wallender Nebel auf den Manegenboden, und die Menschen staunten. Bis zu den Hüften stand der Clown in dichtem Nebelflaum, der aus sich heraus zu glitzern schien, als wäre er von unten beleuchtetes Wasser.
    „Alles Leben entsteht aus Nebel … und Nebel werden zu Wolken. Federgleiche Wolken erglühen sodann zu Sonnen … und Staub … ja, Staub wird zu Planeten … Diese sind dann Monde … zerstauben nach und nach … und wallen wieder in den Nebeln … William Myrddin hatte gute Freunde in seinen Elfen … und diese Elfen kennen Elshyyn … So seht, was sie euch erzählen wollen …“
    Myrddin atmete tief ein, zog den wallenden Bodennebel an sich und ließ ihn – zu einer Lichtsäule geworden – in der Mitte der Manege stehen. Die Menschen, die

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