Myrddin
bleibende Schäden zufügen. Carus ist leichter geworden. Er braucht mehr Gewicht, Melchor. Seine Kraft, die er besitzt, würde ihn beflügeln, doch danach würde sie ihm den Verstand rauben. Er würde nicht mehr zu sich kommen und Qualen leiden, die wir ihm fürwahr ersparen sollten. Und uns sollten wir diesen Anblick auch ersparen.“
Der Grauwolf hatte aufmerksam zugehört.
„Melchor, meine Vorräte sind nicht das Richtige für ihn. Was er braucht, ist frisches Fleisch, bevor ich ihn mit euch laufen lassen kann. So stehen die Dinge.“
„Aber Merlin, woher sollen wir Fleisch bekommen, wenn nicht vom Festland?“ fragte Hörn.
Du sagst es. Meines Erachtens müssen wir zum Festland, damit ihr ihm etwas erjagen könnt“, meinte Merlin sehr ernst und sah in die Augen Melchors.
„Aber …“
„Es stimmt. Auf dem Festland sind die Menschen. Wir müssen also entscheiden, was wir tun wollen.“
„Und wenn du ihm nur etwas von dem Wasser zu trinken gibst, o Merlin, sehr stark verdünnt? Würde nicht das schon helfen können?“ fragte Melchor, dem der Gedanke an die Menschen Sorge bereitete.
„Es würde nicht ändern. Er könnte eurem Tempo nicht standhalten, ohne schwachsinnig zu werden. Es wäre nur eine Frage der Zeit.“
„Weshalb laufen wir nicht einfach langsamer weiter und bauen Carus behutsam auf?“ erwog Hörn. „Es ist doch nicht nötig, daß wir wie Harpyien über das Eis fegen, oder …?“
„Es wird sicherlich ein Ende finden, aber bestimmt noch nicht morgen, Hörn. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns und die Wölfe werden uns nicht endlos begleiten können. Solange ich für sie vorsorgen kann, werde ich das tun, denn sie sind ja unsere Freunde. Also … es wird als Harpyien in ihren Sturmwolken weitergehen.“
„Dann sage uns, was du denkst, o Merlin. Es scheint, als hättest du schon eine Entscheidung getroffen.“
„Nein. Das habe ich nicht. Es ist mir nicht klar, was ich denken soll. Ich habe gehofft, daß ihr Vorschläge habt oder mir vielleicht die Entscheidung abnehmen könntet, zumindest, daß wir gemeinsam eine Lösung finden. Ich denke jedenfalls, daß es ausgeschlossen ist, hier draußen auf dem Eis Beute zu machen. Wenn wir Kleintiere finden wollen, finden wir sie in den Bergen auf dem Festland. Also müssen wir an die Küste zurück“, sagte Merlin versonnen und gab sich selbst Antworten, die er vielleicht gar nicht hören und glauben wollte.
„Bist du dir sicher, o Merlin?“ erkundigte sich Melchor, der nicht wußte, ob Merlin nur vor sich hinträumte.
„O ja, jetzt bin ich es! Und ich werde den Menschen begegnen…!“ sah er plötzlich und sagte es laut, als blicke er durch die Gläser der Zeit.
Melchor erschrak, doch Hörn konnte ihn beruhigen, da er mit Merlin zu sprechen verstand und Dinge erfragen konnte, die niemand sonst von ihm erfahren hätte.
„O Merlin, wenn du all das weißt: warum bringst du die Gefahr über uns und über dich selbst?“ haderte Melchor mit den Gedanken des Zauberers, von denen er nichts zu halten schien.
„Ich bringe nicht die Gefahr, sondern sehe nur das Unabwendbare …! So wird es sein …“, schloß der Seher und Hörn gab Melchor zu verstehen, daß er besser nicht weiterfragen sollte.
„Schneller als die Gedanken werdet ihr sein und ihr habt nichts zu befürchten …“, sah Merlin schließlich und kam wieder zu sich. „Melchor, ihr seid die besten Jäger und wir brauchen kräftige Nahrung für Carus. Wir werden jetzt gleich zur Küste aufbrechen. Du wirst die flinksten Jäger schicken und wir werden auf dem Eis auf sie warten. Danach machen wir uns sogleich auf unsere letzte Etappe. Wir sind nicht mehr weit von Südskandinavien entfernt, falls ich mich nicht täusche.“
„Glaubst du das wirklich, o Merlin?“ fragte Melchor verwundert. „Wir brauchen einige Wochen, um Schweden zu durchstreifen, und du meinst, daß wir schon im Süden von Norwegen sein könnten?“
„Unter dem Horizont im Süden – in kaum noch drei Tagen – liegt die Shetland-Schwelle, wenn wir morgen loslaufen“, nickte Merlin und Ruhe kehrte ein.
„Es soll sein, wie du sagst, o Merlin. Ich werde Akita und Samael losschicken. Samael ist ein beharrlicher Fährtensucher und Aktia die erbarmungslose Jägerin. Sie ist jung und könnte tatsächlich noch einige Erfahrungen gebrauchen“, sagte Melchor mit Überlegung.
„Dann laßt uns aufbrechen und die anderen von unserer Entscheidung in Kenntnis setzen. Wir sollten ihnen aber nicht sagen,
Weitere Kostenlose Bücher