Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
Vom Netzwerk:
das nicht auf die Beine hilft, Kumpel … dann weiß ich auch nicht, was dir fehlen könnte …“, rülpste Palluck und ging mit dem Becher zu Merlin. Behutsam öffnete er ihm den Mund und flößte Merlin den heißen Trank ein. „Na siehst du. Es geht doch schon ganz gut, was?“ meinte Palluck, als der Zauberer das Getränk geschluckt hatte.
    Doch Augenblicke später keuchte Merlin. Es kam Leben in seine Glieder und er begann zu husten. Er spuckte den verdünnten Whisky aus und fiel aus dem Bett.
    Palluck half ihm geduldig zurück unter die Decken, da Merlin immer noch bewußtlos war, füllte den Becher ein zweites Mal, ließ Merlin den verdünnten Whisky trinken, und nachdem er ihn diesmal geschluckt hatte, hustete er erneut, als bekäme er keine Luft. Doch der Whisky blieb in seinem Magen.
    „Das kriegen wir schon wieder hin … Hat dich ziemlich erwischt, was. Da hast du noch mal Glück gehabt, das Old Jerry seine Runde macht. Dich päppeln wir schon wieder auf. Keine Sorge …“, meinte Palluck, setzte sich wieder zurück in seinen Schaukelstuhl, zog an der Pfeife und betrachtete Merlin, in den stöhnend das Leben zurückzufließen schien.
    Palluck machte sich Gedanken über die Herkunft des Alten, den er am Strand gefunden hatte und der jetzt in seinem Bett lag. Er konnte sich die Bruchstücke nicht schlüssig zusammenpuzzeln. Das große Lederpaket, das er unter seinem Fellanorak getragen hatte, lag jetzt auf dem Tisch. Seine Kleidung hing über der Leine und dampfte durch die Wärme des Raumes. Merlin war für Palluck schon ein sonderbarer Kauz. Falls er aus der Gegend stammte, würden ihn Brian oder Tralee sicherlich kennen, meinte er, trank einen Schluck Whisky und schaute aus dem Fenster in die mit dichtem Nebel zugezogene Bucht. Ausweispapiere hatte er bei dem Alten nicht gefunden.
    „Old Jerry“, sagte er zu sich selbst, „… du bist doch besser als die schielende Faith, oder? Reiß dich zusammen. Du wirst schon erfahren, was du erfahren sollst …“
    Er schaltete sein Transistorradio ein, das neben dem Schaukelstuhl stand, und verfolgte die Nachrichten über die jüngsten Verhandlungen der britischen Regierung mit Nordirland, hörte, wie Rußland mit seinen Truppen die naiven Selbständigkeitsbemühungen der kaukasischen Republiken vereitelte, hörte die neuen Fischfangquoten, die ihnen durch die Europäische Union auferlegt worden waren, und hörte, daß zwei Schiffe vor der französischen Küste in dem Sturm der vergangenen Nacht havariert seien. Die Auswirkungen des harten Winters sollten Einfluß auf die Landwirtschaft des kommenden Jahres haben und in Südspanien sowie in den Pyrenäen hatte es verheerende Überschwemmungen gegeben, die Erdrutsche verursacht und zahlreiche Menschenopfer gefordert hatten. Es wurde dann von Streiks im öffentlichen Dienst gesprochen und von bedauerlichen Kürzungen der Renten in Britannien und schließlich sendete man den Wetterbericht, der keine Besserung des Tiefdruckgebietes versprach. Anschließend gab es ein Wunschkonzert für Singles, die die Jahreswende nicht allein verbringen wollten. Wunschkonzerte hörte sich Palluck gerne an, da ihm die moderne Musik nicht mehr gefiel. Sie war ihm zu hektisch, obwohl Brian darin recht haben mochte, daß die Musik ein Spiegel der Zeit war, in der sie lebten. Manchmal jedenfalls gab es hübsche Lieder, die ihn bewegten, wenngleich Lieder, die er hätte mitsingen können, andere gewesen wären. Doch die Musik beruhigte ihn. Sie veranlaßte ihn, von seiner Irene zu träumen, wenn er auch nur Leslie Tralee haben konnte, mit der er tat, was alte Männer mit alten Frauen tun konnten, wenn sie sich gegenseitig mögen. Außerdem war Tralee keine von den biederen Provinzdämchen , die ihre Männer zu Waschlappen zusammenstauchen mußten, sondern sie hatte Eleganz, achtete auf sich und auf die Freiheit der Menschen um sie herum und war wohl auch deshalb nicht besonders beliebt unter den einfachen Weibern, die andere Ansichten der Freiheit von Menschen hatten und die Nächstenliebe stets zuerst für sich beanspruchten, dachte Palluck. So schlecht hatte er es gar nicht mit Tralee getroffen, die er wahrhaft sehr mochte, aber nicht liebte. Und sie? Sie liebte ihn wahrscheinlich auch nicht. Sie ließ ihn trinken, brachte ihm sogar meist den Whisky mit, trank auch schon manchmal ein Glas in seiner Gesellschaft, erzählte ihre Sorgen, konnte herrlich lachen und zuhören und war wirklich eine anständige, unaufdringliche Frau, die

Weitere Kostenlose Bücher