Mystic City 2. Tage des Verrats (German Edition)
Lügengeschichten über unsere angeblich so große Liebe erzählt. Du bist kein Stück besser als meine Eltern. Heute Nacht haben deine Anhänger ein Kind getötet. Und vermutlich mussten noch einige andere sterben.«
Thomas lacht. »Leider kann ich nicht behaupten, ich hätte den Klang deiner Stimme vermisst. Oder sonst etwas von dir.« Er blickt in meinen Ausschnitt.
Ich fühle mich völlig entblößt. Am liebsten würde ich ihn erwürgen.
»Was wir zusammen alles hätten erreichen können …«, sagt Thomas. »Aber du musstest ja alles ruinieren, für diesen … Bastard.«
In meinem Bauch brodelt es. Er meint Hunter. »Wir beide hatten keine einzige Gemeinsamkeit. Meine Eltern haben mein Gedächtnis löschen lassen und mir eingeredet, ich sei in dich verliebt. Aber das hat nicht funktioniert. Unsere Beziehung beruhte auf einer Lüge.«
Ich lasse meine Worte wirken und warte seine Reaktion ab. Thomas hat mich nie geliebt – das ist so klar wie sonst was. Unsere Verlobung war eine abgekartete Sache. Er hat sich an dem Komplott meiner Eltern und der Fosters beteiligt. Sie wollten Hunter loswerden. Sie wollten ein Bündnis zwischen unseren Familien schmieden. Und sie wollten Garland den Sieg bei den Bürgermeisterwahlen sichern.
Leider hatten sie damit teilweise Erfolg: Sie konnten Violet ermorden. Ihr Instrument war die Verräterin Elissa Genevieve, eine Mystikerin im Dienst meines Vaters. Sie hat schamlos mein Vertrauen missbraucht, um sich Zugang zum Unterschlupf der Rebellen zu verschaffen.
»Was willst du mir einreden? Soll mir das alles etwa leidtun?« Thomas tupft sich den Mund mit der Serviette ab. Er sieht genauso aus wie am Abend unserer Verlobungsparty. Trotz der schweren Schussverletzung wirkt er stark und anziehend: Die Wangen sind glatt und um seinen Mund spielt ein unwiderstehliches Lächeln. Er wäre eine gute Partie, wenn er nicht so verkommen wäre.
»Ich bereue gar nichts«, beharrt er.
»Wie hast du mich gefunden?«, frage ich. »Hunter hat mir gesagt … Ich dachte, ich wäre …«
»… an einem sicheren Ort?« Seine Augen schimmern. »Haben wir dich nicht gerade aufgespürt?«
»Wie denn?«
»Gott, bist du bescheuert!«, faucht er. »Aufgespürt eben.«
»Aber wie …«
»Ich habe andere Sorgen, als dir das zu erklären.«
»Ach?«, sage ich. »Und zwar?«
Er richtet den Zeigefinger auf mich. »Deine Familie hat sich gegen mich gewendet. Und ich mich gegen sie. Nach Garlands Tod kämpft wieder jeder für sich.«
Das überrascht mich nicht. Ich habe es anfangs sowieso kaum glauben können, dass mein Vater, der größte Verbrecherboss der West Side, sich mit George Foster, seinem Gegenspieler von der East Side, verbünden wollte. Unsere Familien sind seit Generationen verfeindet.
Nach dem Tod von Thomas’ älterem Bruder Garland und der geplatzten Hochzeit sind Dad und George Foster wohl zu dem Schluss gekommen, dass sie allein besser zurechtkommen.
»Das ist kein Spiel«, sagt Thomas ernst. »Hast du überhaupt eine Ahnung, was dein Freund Hunter anrichtet?«
»Er kämpft für Gleichheit«, antworte ich. »Für das Gute. Was ich von dir nicht behaupten kann.«
Thomas grinst mich lüstern an. »Und was mache ich deiner Meinung nach?«
Ich zucke mit den Schultern und denke erneut mit Unbehagen daran, wie viel Haut bei diesem Kleid zu sehen ist. »Du verkaufst Stic auf dem Schwarzmarkt. So wie dein Vater. Und meiner.«
Thomas lacht, lockert seine Krawatte und öffnet den obersten Knopf seines Hemdes. Seine Wangen sind vom Wein gerötet. »Jetzt nicht mehr. Die Mystiker haben einen Aufstand angezettelt . Sie lassen sich nicht mehr abschöpfen. Deshalb gibt es keine mystische Energie mehr, aus der man Stic herstellen könnte.«
»Ich weiß«, erwidere ich. »Aber bestimmt hast du noch einen geheimen Vorrat.«
»Warum?« Er lehnt sich zurück und zieht eine Augenbraue hoch. »Möchtest du welches?«
»Natürlich nicht. Du bist widerlich.«
Thomas leckt sich die letzten Weintropfen von den Lippen. »Ich liebe es, wenn du so redest.«
»Thomas, es ist Krieg.« Langsam fange ich an, mich wirklich aufzuregen. »Dein Bruder ist tot. Draußen wird für die Gleichheit gekämpft …«
»Gleichheit. Vergiss es.« Thomas wirft seine Serviette auf den Tisch und schiebt den Stuhl zurück. »Diese Stadt ist ein einziges Chaos. Solche Probleme hatten wir noch nie in Manhattan. Zu unserem Stadtstaat hat der Rest des Landes aufgeschaut. Unsere Eltern mögen verfeindet sein, aber
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