Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)

Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)

Titel: Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farmer
Vom Netzwerk:
Wissen diejenigen, die heute an der Zeremonie teilnehmen werden, schon von ihrem Glück?«
    »Ja, Meister.«
    »Zeige mir einen von ihnen.«
    Licitus suchte und wies auf eine schmale Gestalt, eine zierliche Frau. .
    »Lass sie zu mir kommen!«, befahl der große Dragus.
    Als die Frau Licitus ihren Namen rufen hörte, blickte sie erschrocken auf. Sie hielt einen Scheinwerfer, der ihr aus der Hand rutschte und auf den Rand eines Holzpodestes fiel. Mit einem Knall, der wie ein Gewehrschuss klang, zersprang die Birne.
    Der große Dragus knurrte , und seine Augen waren schmale Schlitze, als er Licitus anblickte. »Sie? Diese Frau? Sie soll in den Kreis der Oberen aufgenommen werden? Sie, die sich zu Tode erschreckt, wenn ihr Meister etwas von ihr will? Sie, die ein verschrecktes Kaninchen ist, soll mithelfen, der Menschheit meine n Segen zu bringen? «
    »Sie ist warmherzig , und die Menschen vertrauen ihr. Sie hat alle Kommuns gemeistert und die höchste Ebene erreicht. Sie ist klar!«, flüsterte Licitus.
    Die Frau trat heran. Sie hielt den Blick gesenkt und wirkte unter der viel zu großen Kapuze zerbrechlich wie ein kleines Mädchen.
    »Sieh mich an«, schnappte der große Dragus.
    Ein fein geschnittenes Gesicht drehte sich in den Lichtkegel.
    »Sie ist hübsch, nicht wahr, R echte Hand?«
    »Ja, Meister!«
    »Sie ist hübsch - und unfähig. Sie vergeudet wertvolles Material und fürchtet sich, wenn man ihren Namen ruft. Was sagst du dazu ?«, fragte er Licitus, obwohl er dessen Meinung soeben erfahren hatte.
    »Sie liebt dich, Meister!«
    »Alle lieben mich. D as weiß ich«, seufzte der große Dragus. »Letztendlich aber muss ich entscheiden, wer für die Zeremonie geeignet ist, nicht wahr? Das ist eine große Verantwortung.«
    Die junge Frau zitterte. Offenbar hatte ihr Glauben Risse bekommen.
    »Sie wird nicht an der Zeremonie teilnehmen«, verkündete der große Dragus sein Urteil. »Sie hat die entsprechende Ebene noch nicht erreicht.« Er winkte der Frau, sich zu entfernen und schnaufte zufrieden, als er der schluchzenden Person nachblickte. "Sie wird lernen, Licitus - sie wird lernen."
    »Das wird sie nicht, Meister ...«, entfuhr es Licitus.
    Dragus zog erstaunt seine Augenbrauen hoch.
    »Sie wird sich töten«, sagte Licitus hart.
    »Unsinn!«
    »Sie wartet seit sechs Monaten auf diesen Tag. Nur dieser Tag hat sie in ihrem Glauben bestärkt. Sie wird nie verwinden können, von dir abgewiesen worden zu sein.«
    »Offenbar, mein lieber Licitus, hast du meine Jünger während meiner Abwesenheit schlecht im Griff, oder?«
    »Du weißt, dass das nicht so ist, Meister. Ich ...«
    «Papperlapapp!«, unterbrach der große Dragus. »Soll s ie sich töten, wenn sie will. E s ist nicht schade um sie und unterstreicht nur mein Urteil. Sie ist schwach.« Er grinste lauernd. »Wie, denkst du, wird sie es machen? Hat sie eine Waffe oder Schlaftabletten?«
    »Sie wird einen Jünger bitten, sie mit der Kordel ihrer Kutte zu erwürgen und anschließend zu enthaupten.«
    »Die übliche Strafe also.« Der große Dragus kicherte. »Wie einfallslos ...«
    Irgendwo schaltete ein Techniker die Lautsprecher an und das irre Gackern des großen Dragus hallte gespenstisch über das ewige Eis.
     
     
    »Vor zwei Jahren war ich sehr krank,« begann Peter.
    Sie saßen in der hintersten Ecke der Hotelrezeption. Es schauderte Rita, als sie an die Leiche dachte, die drei Stockwerke höher in ihrem Zimmer unter dem Oberbett lag. Sie nippte an dem Kaffee, den der hilfsbereite Portier ihnen organisiert hatte. Nun döste er hinter seinem Tresen und kümmerte sich nicht weiter um das seltsame Paar.
    Rita kuschelte sich in den tiefen Sessel, und obwohl es in ihrem Kopf vor Müdigkeit sauste und sie am verhungern war, hörte sie Peter konzentriert zu.
    »Ich litt an Kehlkopfkrebs!«
    »Krebs?« Rita seufzte.
    Peter nickte dumpf. »Die Ärzte gaben mir noch sechs Monate. Ich lebte damals von meiner damaligen Frau getrennt. Meine Eltern sind tot und meine Freunde - die Freunde meiner Frau, um genau zu sein! - wollten von mir nichts mehr wissen. Lediglich mein Bruder Richard besuchte mich hin und wieder. So auch an jenem Abend, an dem er mich heilte. «
    Ritas Kopf ruckte hoch.
    »Er legte mir seine Hand auf die Stirn , und zwei Wochen später sprachen die Ärzte von einem Wunder. Von diesem Augenblick an wollte ich nur noch bei meinem Bruder sein - was, wie ich bald merken sollte, diesem nicht unrecht war. Eines Tages lud er mich zu einem

Weitere Kostenlose Bücher