Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)
sie neugierig. Seine Augen waren starr auf sie gerichtet, die Schemen seines Gesichts wie in Stein gemeißelt. Er war ihr überlegen , und sie war die Maus in der Falle. Er zeigte ebenso wenig Regungen wie eine Raubkatze, die geduldig vor der Behausung ihres Opfers wartete.
Vielleicht war es eben diese Kälte, die Rita erneut mit siedender Angst überschüttete. Für den Eindringling war schon alles gelaufen. Er hatte einen Plan , und nichts würde ihn davon abbringen.
»Was wollen Sie von mir wissen?«, flüsterte sie.
»Wo ist er?«
Rita verstand den Sinn der Frage nicht.
»Wo ist Peter Steinert?«
Für einen langen Moment herrschte völlige Stille. Pures Adrenalin strömte durch Rita , und sie seufzte, ohne sich dessen bewusst zu sein.
»Sie kennen ihn! Also wisse n Sie auch, wo er sich befindet «, sagte der Eindringling. Seine Stimme klang leidenschaftslos und blechern.
Verdammt, der Kerl war es gewohnt, Menschen auszufragen, ja, vielleicht war er es sogar gewohnt, Menschen zu foltern, ihnen Geständnisse abzupressen.
Das also war der Grund. Der Kerl war hinter Peter her.
»Was wollen Sie von ihm?«, flüsterte Rita.
»Wo ist er?«
Rita hätte sich ebenso mit einer Maschine unterhalten können. Der Kerl verhielt sich wie programmiert. Er suchte Peter , und er wollte ihn finden. Dazu war ihm jedes Mittel recht. Rita erkannte erschüttert, dass die Kälte, die der Mann ausstrahlte tatsächlich absolute Gefühllosigkeit war. Also war ein Psychopath und unberechenbar.
»Warum brechen Sie nachts in mein Zimmer ein? Um mir diese Frage zu stellen? Dazu hatten sie heute tagsüber oft genug Gelegenheit. Ich habe sie das Sportgeschäft verlassen sehen und ...«
»Wo ist Steinert? Haben Sie ihn in der Mittagszeit getroffen? Ich verlor Sie für einige Stunden aus den Augen, unterhielt mich mit diesem Narren von Polizisten, schaute mir das Autowrack an, traf Sie wieder, als Sie im Café saßen, also wo ist Steinert? Ich weiß, dass Sie mit ihm zusammen waren. Er heilte einen Skiläufe r, die ganze Stadt spricht davon, und eine Frau war bei ihm, flüchtete mit ihm, eine Frau, die aussah wie Sie. Sie können ihn nicht vergessen, werden von ihm angezogen wie von einem Magneten, weil auch Sie von ihm geheilt wurden.«
Seine letzten Worte schwangen bedrohlich im Raum.
Um Rita drehte sich alles , und sie stützte sich mit den Händen an der Wand ab, da ihre Beine weich wurden wie Gummi. Was um alles in der Welt wusste der Kerl über ihre tiefsten Empfindungen, woher kannte er ihre Gefühle?
»Ich gebe Ihnen noch eine Minute Zeit! Reden Sie , oder ich töte Sie!«
Es krachte so laut, dass Rita aufschrie. Die Tür schleuderte auf und das Deckenlicht wurde eingeschaltet. Der Kapuzenmann wirbelte herum. Obwohl der Schreck Rita in den Gliedern pochte und ihre Beine kaum noch zu ihr zu gehören schienen, reagierte sie und flüchtete, indem sie weg hechtete, sich abrollte und sich hinter dem nächstbesten Möbelstück versteckte.
»Ganz so perfekt, wie Licitus meint, bist du wohl doch nicht. Du hättest die Tür abschließen sollen, Richard!«, sagte eine warme Stimme.
Vorsichtig schob Rita ihren Kopf hinter dem Sessel hoch. Ihr stockte der Atem. Im Raum stand Peter. Sein Körper war angespannt, sein unrasiertes Gesicht eine bleiche Maske, und unter den Augen hatte er dunkle Ränder.
Der Kapuzenmann bewegte sich nicht. »Unsinn!«, sagte er. »Ich ließ die Tür bewusst geöffnet! Es war eine Chance - eine kleine zwar nur, aber immerhin eine Chance. Ich hoffte, dass du hierher kommen würdest, Peter. Entweder die Frau hätte mir gesagt, wo ich dich finde, oder du würdest dich mir freiwillig ausliefern, mir ... Richard, der Lösung aller Probleme!«
Peter machte zwei Schritte auf Richard zu. Rita entging nicht, dass er gespannt wirkte wie eine Feder. Er war zum Angriff bereit. »Du bist verrückt! Ich erinnere mich, dass du früher ein freundlicher Mann warst.«
»Pah ! F rüher ist lange vorbei. Sollte ich tatsächlich der Zeit nachweinen, als ich noch ein gewöhnlicher Mensch war ?«
»Sei vernünftig, Richard. Es gibt keinen Grund, mich oder diese Frau zu jagen. Wir wollen weder dir , noch irgendwem etwas Böses.«
»Licitus gab mir den Auftrag ...«
Zwei, drei Sekunden herrschte lauerndes Schweigen zwischen den beiden. Rita zog sich ihren Morgenmantel um die Schultern. Sie begriff nichts von dem, was sich hier abspielte.
»Er gab mir den Auftrag, dich zu töten und du weißt, dass ich diesen Auftrag
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