Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)
im Meer versenken. «
» Ich leistete einen Schwur. Ich schwor, ihn zu beschützen, bis ich sterbe. «
Emily schaudert es. Sie hat mit einem Mann geschlafen, der schon vor fünfhundert Jahren sein Bett mit Frauen teilte, über die man heute in Liedern sang. Sein Vater kämpfte in blutigen Schlachten gegen die Sachsen und er selbst hatte das sagenumwobene Tintagel gesehen, das man Tintätschel ausspricht und wird ihr sagen können, wo man es findet. Er weiß, ob tatsächlich Merlin die Steinkreise von Stonehenge gebaut hat und vieles mehr. Und er besitzt den größten Schatz, den es jemals gab.
» Wo ist der Gral? « , entfährt es ihr und sie wundert sich nicht nur, dass sie ihm unumwunden glaubt, sondern auch, dass ihr diese Frage erst jetzt einfällt.
Er steht auf. » Komm mit. «
» Wohin? «
» Ich zeige ihn dir. «
» Wohin gehen wir? Wo ist er? «
» In den Gewölben unter dem Haus! «
Es sind überwiegend Männer, doch ein paar Frauen sind auch dabei. Sie zetern und beweisen einmal mehr, dass ein zorniges Weib es mit jedem Mann aufnehmen kann. Fackeln erhellen den Weg, zwei, drei Pferde sind dabei, jeder von ihnen hat sich bewaffnet.
Die Männer tragen Sensen bei sich, Messer und Äxte. Einige schleppen an ihrem Schmiedehammer, andere wiederum müssen sich mit einer Schaufel oder einer Mistgabel zufriedengeben. Nicht wenige haben ein Gewehr geschultert, und hin und wieder sieht man eine Pistole im Gürtel.
Richard führt sie an, etwas hinter ihm ist Nora.
Vater McClure versucht nach wie vor, die Meute zu beruhigen, doch niemand hört ihm zu. Er steht nicht auf der Kanzel, außerdem ist er auch nicht ohne, auch wenn man nicht laut drüber spricht. Resigniert stapft er mit durch Schlamm und Dreck und zieht den Kopf zwischen die Schultern, um sich vor dem Regen zu schützen.
Auch Bürgermeister Ethanial Lorman scheint unglücklich über das, was geschieht, doch er ist klug genug, sich derzeit nicht gegen den Mob zu stellen.
Die meisten Männer sind angetrunken, sie fühlen sich mutig und stark. Sie werden es diesem Mistkerl zeigen. Er wird keine Möglichkeit haben, zu flüchten, denn sie werden ihn vorher töten, werden ihn vielleicht an einem Baum aufhängen oder erschießen oder mit den Gabeln einer Mistforke durchbohren. Danach verscharren sie ihn sechs Fuß tief und können endlich wieder ruhig leben und schlafen.
Richard hat sich noch nie so gut gefühlt. Endlich folgt man ihm.
Solange er denken kann, steht er im Schatten seines übermächtigen Vaters. Damit ist jetzt Schluss. Er wird dem Alten zeigen, dass man sich auf ihn verlassen kann. Er wird Gut Blackmore befreien, und Vater wird ihm dankbar sein. Kenneth Blackmore wird nicht auf die Gnade des Unholds angewiesen sein, und Emily wird wieder unbeschwert atmen können. Alles wird sein wie früher, und wenn Vater begreift, dass die Arbeit wichtiger ist als der Spieltisch, findet er vielleicht sogar eine neue Frau. Richard wird sie nicht Mutter nennen, aber willkommen heißen, denn eine starke Hand braucht das Haus und jemanden, der sich in der Küche auskennt. Richards Augen füllen sich mit Tränen und vermischen sich mit Regentropfen. Er spürt es nicht. Zu sehr sind seine Gedanken bei Gald, der jetzt bei Emily ist.
Vaters Frage, ob er an seine Schwester denke, hat ihn tief getroffen, denn er hat erkannt, dass Vater Recht hatte. Umso mehr ist sie nun in seinen Gedanken. Hat das Monster sie bereits besessen? Hat Gald ihr Gewalt angetan? Wenn das, was man über ihn sagt, stimmt, schwebt Emily in großer Gefahr. Sie ist dem Unmenschen ausgeliefert, und es war unverzeihlich, sie alleine im Haus zu lassen. Richard wird seinen Fehler gutmachen, indem er Gald tötet. Sollen sie alle brüllen und vor Zorn strotzen ... er wird es sein, der das Gut befreit. Niemand sonst.
» He, Clover, ich brauche deine Flinte! « , sagt er hart zu einem Mann.
» Nee, brauch ich selbst! «
» Gib sie mir sofort! «
Erstaunlicherweise gehorcht der Mann und Richard lächelt. So also ist es, wenn man führt. Clover hat immer noch ein Messer. Alle auf einmal werden sie nicht auf Gald einstechen, treten oder schießen können. Einer wird die Verantwortung tragen müssen.
» Schneller! « , herrscht er, während Nora neben ihn kommt. Sie zupft an seinem Ärmel.
» Ist das richtig? « , fragt sie.
» Wenn es dir nicht passt, kehre um und gehe nach Hause. « Verdammt, er ist ein neunzehnjähriger Mann und hat die Mitte seines Lebens fast erreicht. Er
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