Mythica Bd. 5 - Göttin der Rosen
stürzten, weckten auch das Monster in ihm. Sie mochte an den Mann glauben, aber der Mann war mit dem Ungeheuer verbunden – sie waren ein und derselbe. Wenn sie den Mann erregte, erregte sie auch das Biest. Er durfte nicht vergessen, dass sie – so wundervoll es auch war, wie sie seinen Namen sagte, wie sie ihn berührte und sich von ihm berühren ließ – immer nur an den Mann dachte. Was würde geschehen, wenn ihr klarwurde, dass sie auch das Biest verführte?
Dann würde sie ihn zurückstoßen. Alles andere war nur ein Traum. Und gerade er wusste besonders gut, dass Träume keine Substanz hatten. Deshalb musste er den Traum vergessen und der Wirklichkeit die Stirn bieten – das konnte er am besten.
Doch all das spielte keine Rolle. Er konnte sie nicht lieben – er konnte sie kaum berühren, ohne den glühenden Schmerz von Hekates Zauberbann zu spüren.
Plötzlich hob Asterius mit einem Ruck den Kopf, und seine Augen wurden groß. Das war es! Er musste das Biest nicht im Zaum halten. Die Göttin hatte das Monster für ihn gefesselt, also konnte er so nah bei Mikado bleiben, wie sie es zuließ; der Zauberbann der Göttin würde dafür sorgen, dass er nicht zu weit ging … er musste lediglich ein gewisses Maß an Schmerz ertragen. Wenn es zu viel wurde, unerträglich … Er erinnerte sich an das Gefühl ihrer Haut an seinen Lippen und ihrer kleinen Hand in seiner. Ja, dieses Wunder war es wert, dafür eine Kostprobe der Strafe der Göttin zu ertragen.
Wenn sie es ihm erlaubte, ihr noch einmal so nahe zu kommen. Er nahm frustriert seine Wanderung wieder auf. So, wie er sie gestern Abend verlassen hatte, wäre es nur allzu verständlich, wenn sie seine Gesellschaft von nun an gänzlich meiden würde.
Aber vielleicht würde sie ihm nicht für immer aus dem Weg gehen. Sie war so anders als all die anderen Frauen. Sie hatte ihn aufgefordert, das Tor zu versiegeln! Keine andere Empousa hätte jemals an so etwas gedacht. Natürlich kannte sie ihr Schicksal nicht, sie hatte keine Ahnung, dass ihr einziger Fluchtweg durch das Rosentor und zurück in die alltägliche Welt führte, die jenseits des Waldes lag. Doch ein Teil seiner Gedanken wisperte, dass sie womöglich trotzdem bleiben würde, auch wenn sie es wüsste. Den Rosen zuliebe … ihm zuliebe …
Er ging zum Eingang seiner Höhle. Die Sonne rief den Himmel mit jungen Lichtstrahlen wach. Er fühlte, wie Mikados Gedanken von ihm wegglitten, als sie das Bad verließ, und kurz darauf war nichts mehr von ihr zu spüren. Vermutlich bereitete sie sich darauf vor, die Elementare zu rufen und ihren Tag zu beginnen. Auch er musste sich an die Arbeit machen. Sie hatte ihn gebeten, die Rosenmauer zu inspizieren, und ihr Auftrag war klug und sinnvoll. So verließ er seine Höhle und begann seinen einsamen Marsch entlang der Grenze zwischen den Welten.
Hekate entschied sich, unsichtbar zu bleiben, während sie ihren Wächter beobachtete. Sein sonst so kraftvoller Gang wirkte müde, und sie sah nur allzu deutlich die Anspannung widersprüchlicher Gefühle in seinen dunklen, ausdrucksvollen Augen. Lächelnd streichelte die Göttin über den Kopf eines ihrer großen Hunde.
»Es läuft gut …«, flüsterte sie.
»Seht ihr, wie ich den Garten in vier Bereiche aufgeteilt habe?« Zwar hatte Mikado Asterius’ Karte nur sehr ungern verändert, aber es war notwendig, dass die Elementare genau verstanden, was sie von ihnen wollte, und deshalb hatte sie sich von Daphne Feder und Tusche bringen lassen und eine weit weniger hübsche Linie gezogen, um den Grundriss zu vierteilen. »Wie gesagt, jede von euch übernimmt den Bereich, der der Himmelsrichtung ihres Elements entspricht. Nera, du bist der Westen, Aeras der Osten. Gii und Floga sind natürlich Norden und Süden. Ihr bekommt alle eine eigene Gruppe von Helferinnen. Beginnt damit, die Beete zu düngen, wie ich es euch gestern gezeigt habe. Ich gehe durch jeden Bereich und schaue nach, ob die Rosen außerdem noch spezielle Zuwendung benötigen. Habt ihr Fragen zu euren Bereichen?«, fragte Mikki die vier Dienerinnen. Wie am gestrigen Abend schob sie das Geschirr zur Seite und breitete Asterius’ Plan auf dem Esstisch aus. Die Dienerinnen betrachteten ihn hingerissen.
»Das ist eine wunderschöne Karte, Empousa«, sagte Gii und berührte die kunstvolle Zeichnung des zentralen Brunnens.
»Und auch noch absolut akkurat«, stellte Aeras fest. »Ich glaube, jeder einzelne Weg ist eingezeichnet.«
»Sogar die Bäder sind
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