Mythor - 027 - Kämpfer der Lichtwelt
verliert es seine Tücken. Unsere Reiter können nicht einbrechen.«
Auf diese Weise machte er seinen Kriegern Mut. Doch wurde dieser erneut erschüttert, als aus dem nebligen Moor schaurige Laute klangen, die nicht von dieser Welt zu stammen schienen. Corian hatte den Eindruck, als verursache der Nebel selbst diesen unheimlichen Ton, denn er kam von überall gleichzeitig. Er musste dabei an das Klagen ruheloser Geister denken, an das hungrige Röhren eines riesigen Ungeheuers, an ein Rumoren, das aus den tiefsten Tiefen der Unterwelt kam.
»Das sind Caer, die euch mit ihrem Schreien schrecken wollen!« sagte er seinen Leuten. »Schreit zurück! Zum Angriff!«
Seine Krieger stimmten ein Kriegsgeheul an und rasselten mit ihren Waffen. Die Trommler rührten ihre Trommeln, und die Herolde bliesen die Kriegshörner. Auf diese Weise betäubten sich die Krieger wenigstens selbst, so dass sie den unheimlichen Klagelauten aus dem Moor nicht mehr in vollem Ausmaß ausgesetzt waren.
Die Vorhut von zehn Hundertschaften setzte zum Sturm auf das Hochmoor an. Dreihundert berittene Krieger preschten voran, gefolgt von dem Fußvolk der Bogenschützen und Lanzenträger.
Wer nur war in der Lage, ein solches Horn zu blasen, dessen Töne selbst den tapfersten Mann erschüttern konnten? Corian spürte, wie selbst ihm der Mut zu schwinden begann, und stimmte darum in das Kriegsgeschrei seiner Männer ein, um diesen unheimlichen Laut zu übertönen.
Endlich verstummte das Horn. Aus dem Hochmoor war Kampflärm zu hören, der wie Musik in Corians Ohren klang. Diese Geräusche zeigten wenigstens, dass man es mit einem wirklichen Feind zu tun hatte, den man mit der Waffe in der Hand bekämpfen konnte. Corian hatte nach Mythors Bericht daran bereits zu zweifeln begonnen.
Nun wollte auch er nicht mehr länger warten. Denn aus Erfahrung wusste er, dass die Wartezeit vor der Schlacht für jeden Krieger schlimmer war als der Kampf selbst. Egal, wie stark der Gegner war und welcher Waffen er sich bediente: Wenn man um sein Leben focht, dachte man nicht an die eigenen Schwächen.
Und seine Krieger würden an diesem Tag endlich nicht mehr über die Macht und die Möglichkeiten der Schwarzen Magie grübeln. Sie würden genug damit zu tun haben, sich ihrer Haut zu wehren und den Gegner zu schlagen.
Er gab seiner Hauptstreitmacht das Zeichen zum Angriff und ritt an ihrer Spitze in die Nebelwand ein. Endlich war es soweit - der Kampf würde auch ihm Vergessen bringen.
Aus dem Nebel schälten sich schemenhaft seltsam geformte Gebilde heraus. Corian hielt sie zuerst für vielarmige Dämonen, die ihre Klauen nach ihm reckten. Aber dann erkannte er, dass es sich um kahle Sträucher und knorrige Krüppelbäume handelte. Er setzte mit dem Pferd über diese Hindernisse hinweg.
»Narr, der du bist!« stieß er hervor, über seine eigenen Ängste verärgert. »Sei ein Mann!«
Unweit vor ihm wurde gekämpft. Er war dem Kampflärm
schon ganz nahe. Dort war der Feind: auf ihn!
Wieder glaubte er, im Nebel eigenartig verrenkte Gestalten auftauchen zu sehen. »Es sind Bäume und Sträucher!« sagte er sich. Doch beim Näherkommen erkannte er, dass dem nicht so war. Und dann riss der Nebel auf einmal auf und gab den Blick auf gut hundert Schritt Entfernung frei.
Als Corian erkannte, um was für Gebilde es sich handelte, die da in größeren Abständen aus dem vereisten Moor aufragten, entfuhr ihm ein Laut des Entsetzens. Er hatte noch nichts Derartiges gesehen, nichts so abstoßend Hässliches, und doch wusste er augenblicklich, dass es sich um jene Moorscheuchen handeln musste, die Mythor in seinem Bericht erwähnt hatte. Jede Scheuche war mindestens doppelt mannshoch und bestand aus insgesamt drei Runengabeln, die in zwei bis vier Zacken endeten. Diese Gabelzacken hatten zusätzlich noch verschieden viele Auswüchse.
Eine dieser Runengabeln war im Boden verankert und trug den Kopf und den Körper. Der Kopf war aus Fetzen gebildet, mit Stroh und Laub ausgestopft. Stoffstreifen und Schnüre hielten ihn zusammen, Bemalungen und Nähte waren so angeordnet, dass sie den Eindruck eines fremdartig anmutenden Gesichts vermittelten.
Der Körper war sackförmig, bestand aus einem löchrigen und zerschlissenen Gewebe und hing von einer Querstange. Gefüllt war dieser Sack mit Abfällen und Steinen, die durch die Öffnungen zu sehen waren. Verschnürungen, Bindungen und Nähte verliehen auch dem Körper dieser hässlichen Scheuche furchteinflößende Eigenheiten.
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