Mythor - 050 - Die Mauern von Logghard
geschickt hat…«
»Das ist nicht wahr«, beteuerte Nayna. »Ich handle von mir aus. Ich habe schon deine Freunde gerettet und zu Gamhed gebracht. Du kannst mir vertrauen, ich werde auch dich zum Silbernen bringen.«
»Wer ist das?« fragte Mythor misstrauisch .
»Gamhed ist der Kriegsherr von Logghard«, erklärte das Mädchen. »Er hat mehr Einfluss als die Großen, und die Loggharder hören auf ihn sogar mehr als auf Shallad Hadamur. Gamhed ist gerecht, er wird es auch zu dir sein.«
»Aber warum solltest du mir helfen?« fragte Mythor.
»Ich habe zufällig vom Plan der Großen erfahren, dich auszuschalten und wenn nötig im Schlund verschwinden zu lassen«, antwortete die junge Frau, während sie vor Mythor herging. »Das kann nicht recht sein. Egal wer oder was du bist, du solltest Gelegenheit bekommen dürfen, dich zu bewähren. Achtung, Wachen!«
Die Frau wollte gerade aus dem Gang in einen Raum treten, sprang aber sofort wieder erschrocken zurück. Mythor blieb hinter ihr stehen. Sie lehnte sich an ihn, und er spürte die Wärme ihres Körpers.
»Das ist eine Wachstube«, flüsterte ihm Nayna zu. »Von hier führt ein Gang zu einem Seitentor, das bis jetzt nie bewacht war. Aber jetzt stehen Posten hier. Bestimmt deinetwegen, um dich an der Flucht aus dem Tempel zu hindern.«
»Das wird ihnen nicht gelingen«, sagte Mythor und lächelte. »Bleib du nur ganz dicht bei mir, Nayna, damit ich dich schützen kann. Aufgepasst, es geht los!«
Mythor schob sich an ihr vorbei und stürmte nach vorne. »Macht Platz für den Sohn des Kometen!« rief er im Laufen.
Die sechs Krieger, die über den Raum verteilt waren, waren für einen Moment vor Überraschung bewegungsunfähig. Aber sie fassten sich sogleich und richteten ihre Lanzen gegen ihn.
»Denkst du, Bürschchen!« rief einer und stieß mit der Lanze nach Mythor. Doch dieser hieb sie ihm mit einem ansatzlosen Streich des Gläsernen Schwertes einfach ab. Mit einem zweiten, schwungvolleren Schwertstreich köpfte er die Spitzen der anderen Lanzen und stob kraftvoll durch die Reihe der verdutzt dastehenden Krieger.
Mythor erreichte die andere Seite der Wachstube und ließ Nayna den Vortritt. Die junge Frau eilte ihm voran zum Ausgang.
»Ihm nach!«
Mythor blieb nach einigen Schritten stehen und wandte sich drohend seinen Verfolgern zu, die nur mit ihren stumpfen Lanzenschäften bewaffnet waren. Als sie ihre Unterlegenheit erkannten, warfen sie ihre Lanzenstummel fort und griffen nach ihren Schwertern.
Inzwischen hatte Nayna die Tür entriegelt und geöffnet. Ein dämmeriger Lichtschein fiel in den Gang. Mythor durcheilte den kurzen Gang, folgte Nayna durch die Tür ins Freie und schloss sie hinter sich.
Er blieb jedoch mit vorgehaltenem Schwert stehen und brauchte nicht lange darauf zu warten, bis die polternden Schritte seiner Verfolger zu hören waren und die Tür aufgerissen wurde.
»Verdammt!« entfuhr es dem ersten Krieger, als er Mythor sah. Er schlug sofort wieder die Tür zu, und Mythor hörte, wie der Riegel vorgeschoben wurde.
»Die wären wir los«, meinte er schmunzelnd und drehte sich nach Nayna um. Er blieb wie angewurzelt stehen. Das also war Logghard!
»Komm, Mythor, wir müssen die Straße verlassen!« rief ihm die Frau zu. »Es wurde Drachenwarnung gegeben.«
Aber Mythor nahm das nicht wahr. Der Anblick, der sich ihm bot, überwältigte ihn. Dabei schränkten einige ineinander verschachtelte Gebäude seine Sicht ein, so dass er nur einen kleinen Ausschnitt von der Ewigen Stadt sah. Wie im Traum kletterte er eine Leiter zum Wehrgang einer Mauer hinauf, um auf die in der Tiefe liegenden Stadtteile sehen zu können.
Die Stadt fiel stufenförmig in die Tiefe, und jede Stufe wurde von wehrhaften Mauern begrenzt, über die Wehrtürme hinausragten. Dazwischen erhoben sich Bauwerke unterschiedlichster Stile, schmiegten sich aneinander, als müssten sie sich gegenseitig stützen, und türmten sich in die Höhe, als stünden sie in dem Wettstreit, einander überragen zu müssen. Es gab auch ausgedehnte Grünflächen, und selbst aus schmalen Lücken zwischen den einzelnen Häusern ragten Bäume und Sträucher.
Über Logghard und jenseits der äußersten Mauer wallten schwarze Wolken, Boten aus der Düsterzone, die die Ewige Stadt in ihren Würgegriff zu bekommen versuchten. Aber da war ein Licht… Mythor blickte hinter sich. Über dem Tempel der Großen mit seinen vielen Türmchen und Zinnen und den seltsamen Masten, die durch Seile
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