Mythor - 068 - Traumland der Ambe
erkundigte ich mich.
»Nein«, sagte er fest. »Ich habe noch einen anderen Beweggrund. Meine Zaubermutter arbeitete darauf hin, irgendwann in der Zukunft, einmal eine Verbindung zwischen unserer und der Nordwelt zu schaffen und damit das Weibliche mit dem Männlichen zu verbinden. Zuma war sicher, daß wir letztlich nur mit vereinten Kräften die Dunkelmächte besiegen können. Ich möchte diesen Gedanken aufgreifen und weiterführen. Das ist der Hauptgrund, warum ich in den Norden gehe. Ich will Buße tun und den Nordern Mut machen, ihnen davon künden, daß die Frauen aus Fronjas Welt zur Zusammenarbeit bereit sind, auch wenn es nicht ganz der Wahrheit entspricht.«
»Du könntest noch mehr tun«, sagte ich. »Du könntest für Fronja den Sohn des Kometen suchen und ihn zu ihr bringen. Sie sehnt sich so sehr nach ihm!«
Vangard erschrak.
»So etwas würde ich mir nie anmaßen. Das hieße, sich über den Willen der Zaubermütter hinwegsetzen.«
»Was ist schon dabei?« sagte ich. »Wenn du erst auf der Nordwelt bist, hast du den Zorn der Zaubermütter nicht mehr zu fürchten. Ihre Macht reicht nicht bis auf die andere Seite der Schattenzone.«
»Davor fürchte ich mich auch gar nicht«, erwiderte Vangard. »Aber was du von mir verlangst, daß ich tun soll, steht mir ganz einfach nicht zu. Und ich bezweifle, daß es recht ist.«
»Von der Warte der Zaubermütter aus mag es unrecht sein. Aber ich denke dabei an Fronjas Wohlergehen. Sie leidet, und sie ist einsam. Sie ist hilflos der Willkür der Zaubermütter ausgesetzt und braucht einen Gefährten, der ihrer würdig ist. Ich möchte ihr den Sohn des Kometen schicken.«
Vangard schüttelte mitleidig den Kopf.
»Du bist eine hoffnungslose Schwärmerin, Ambe. Wie stellst du dir ein solches Unternehmen vor? Es ist fraglich, ob ich überhaupt zur Nordwelt gelangen kann. Und selbst wenn es mir gelingt, so ist mir diese Welt fremd. Wo soll ich den Sohn des Kometen suchen? Und, vorausgesetzt, daß es ihn wirklich gibt, wie soll ich bis zu ihm vordringen? Ihm erklären, daß Fronja aus dem fernen Süden ihn braucht? Wenn der Sohn des Kometen in der Nordwelt jenen Platz innehat wie Fronja in Vanga, dann wird er genug damit zu tun haben, die Bedrohung der Dunkelmächte abzuwehren. Und ich werde ihn in diesen Bemühungen unterstützen. Eine andere Aufgabe übernehme ich nicht.«
»Und wenn ich es dir als zukünftige Zaubermutter befehle?« erklärte ich. »Ich bin sicher, daß ich mich gegen Gaidel behaupten und in nicht all zu ferner Zukunft den Regenbogenmantel tragen werde. Ich kann sehr gut abschätzen, was für Fronja und Vanga gut ist.«
»Gerade das bezweifle ich«, sagte Vangard. »Entläßt du mich nun, damit ich meiner Wege ziehen kann?«
»Nein!« Ich war zu allem entschlossen. »Ich werde dich zwingen, meinen Auftrag auszuführen.«
Als Trägerin des weißen Mantels fiel es mir nicht schwer, dem Aasen Zwang anzutun. Er hatte einen starken, widerspenstigen Geist, aber meine Magie war stärker. Ich brach seinen Willen und unterwies ihn in seine Aufgabe. Er konnte sich diesen magischen Befehlen nicht widersetzen und würde gezwungen sein, sie auszuführen.
»Hier ist ein Zauberbildnis von Fronja«, sagte ich und übergab ihm das Pergament, auf dem Fronja lebensecht abgebildet war. »Du wirst es zur Nordwelt mitnehmen und es behüten, als hinge dein Leben daran. Dieses Bildnis wirst du solange aufbewahren, bis du den Sohn des Kometen gefunden hast. Du wirst es keinem anderen als ihm aushändigen, und du sollst dafür sorgen, daß er es eingehend betrachtet. Alles andere ergibt sich von selbst. Wenn der Richtige es in die Hände bekommt, wird der Zauber auf ihn wirken und in ihm den unstillbaren Wunsch wecken, alles daranzusetzen, um zu Fronja zu gelangen und sich mit ihr zu vereinigen.«
Ich ließ die Worte auf den Aasen wirken, und durch Nestelknüpfen und nochmalige Wiederholung der Worte verstärkte ich ihre Zauberkraft. Dann erst fuhr ich fort:
»Und nun vergiß meine Worte wieder. Du wirst dich ihrer erst wieder in der Nordwelt erinnern und nur auf dieses eine Ziel hinarbeiten. Deine persönlichen Pläne sind daneben nur zweitrangig, du wirst sie hintenan stellen. Und nun entlasse ich dich. Fliege durch die Schattenzone zur Nordwelt, in dem Glauben, Buße dafür zu tun, was du den Nordern durch die Errichtung der Großen Barriere angetan. Aber wenn die Zeit gekommen ist, vielleicht erst nach Jahr und Tag, wirst du dich meines Auftrags entsinnen und
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