Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mythor - 095 - Die Zaubermütter

Mythor - 095 - Die Zaubermütter

Titel: Mythor - 095 - Die Zaubermütter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terrid Peter
Vom Netzwerk:
einen kleinen Vogel, ein Flaumbällchen, mehr nicht. Das Tier war von Mescals Fingern umschlossen und piepste aufgeregt.
    »Öffne die Hand«, sagte Scotia.
    Mescal schüttelte den Kopf.
    »Es wird weglaufen«, sagte er.
    »Der Vogel ist Gefangener deiner Faust«, sagte Scotia. »Und jeder Gefangene sehnt sich nach Freiheit und trachtet zu fliehen. Öffne die Hand, und er wird die Fesselung nicht länger abstreifen wollen.«
    Mescal sah Scotia an.
    Seine Augen waren schmal geworden, weibisch hart.
    Langsam öffnete er die Hand. Das Piepsen wurde leiser, verstummte dann ganz, als das Junge auf Mescals Hand sich unbedrängt fühlte.
    »Siehst du?« fragte Scotia.
    Mescal nickte. Einen Augenblick später schloß er die Faust mit aller Kraft.
*
    »Er gefällt mir nicht recht«, sagte Scotia wenige Tage später. »Mag sein, daß er weibliche Tapferkeit zeigt - aber er neigt auch zu Jähzorn und Gewalttätigkeit!«
    Zahda hörte sich Scotias Bericht in aller Ruhe an. Es war zwei Jahre nach dem Ende von Zahdas Hexenkreis. Dieser Hexenkreis stand unter dem Zeichen einer Zaubermutter, die den Gedanken einer Versöhnung beider Welten ablehnte. Zahdas magische Macht hatte in diesem Mond einen ersten Tiefpunkt.
    »Von der menschlichen Vollkommenheit ist er also weit entfernt?« fragte Zahda betroffen.
    »Weiter denn je«, antwortete Scotia. »Je älter er wird, je länger ich ihn in der Ausbildung habe, um so schwieriger ist mit ihm auszukommen. Er verursacht Streitigkeiten, sehr viele sogar.«
    »Es schadet nichts, wenn er ein wenig rauft«, meinte Zahda.
    »Es nützt aber nichts, wenn er immerzu verliert«, gab Scotia zurück. »Ich habe fast den Eindruck, als könne er sich in seinem Innern nicht entscheiden, wohin er sich wenden soll - zum Männlichen oder zum Weiblichen.«
    »Ich habe damit gerechnet«, sagte Zahda. »Ich war mir auch klar darüber, daß es sehr schwierig sein würde. Setze deine Arbeit fort, Scotia, und gib mir Nachricht, wann immer es dir richtig erscheint - das Stichwort Mescal wird dir zu jeder Zeit mein Ohr öffnen.«
*
    Jahre verstrichen.
    Zahda wies den beiden eine Insel zu, ein Eiland in ihrem Machtbereich, um das sich niemand sonst bekümmerte. Sie gab Scotia eine halbe Tausendschaft an Begleitern mit, Kriegerinnen und Hexen, Männer jeglicher Art.
    Es hätte ein freudvoll unbeschwertes Leben auf dem Eiland geben können, das weitab vom Getriebe Vangas ein stilles Glück möglich machen konnte.
    Aber Mescal, der nicht auf den Kopf gefallen war, hatte unterdessen herausgefunden, daß dieser Aufwand ihm galt - und das machte sich auf recht verhängnisvolle Art und Weise bemerkbar.
    »Er ist hochfahrend und wirft mit frechen Worten um sich«, beschwerten sich die Inselbewohner.
    »Er ist voll Heimtücke und Grausamkeit«, klagten andere.
    Obendrein war er verlogen und niederträchtig, mußte Scotia feststellen. Anstatt sich nach Weiberart seiner Strafe zu stellen, wenn er etwas ausgefressen hatte, suchte er sich in schlimmster männlicher Art und Weise zu drücken - manch ein Sklave, den Scotia gekannt hatte, vermochte mehr Tapferkeit zu zeigen als Mescal.
    Es war Scotia, die als erste den Zusammenhang ahnte.
    An einem Tag kam wieder Mescal an. Seine Züge waren anders geworden in den letzten Jahren. Noch immer wirkten sie männlich weich und rund, aber es war auch ein wenig von der weiblichen Härte darin zu spüren. Die Augen waren unstet - niemals sah Mescal seinem Gegenüber offen in die Augen.
    »Hattest du einen schönen Tag?« fragte Scotia.
    Mescal lachte laut.
    »Herrlich«, sagte er. »Das Schwert, das du mir gegeben hast, ist trefflich.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich habe es erprobt«, sagte Mescal. Das hektische Flackern seiner Augen zeigte, daß er wieder etwas ausgefressen hatte und nicht im Traum daran dachte, dafür den Rücken herzuhalten.
    »Wie?«
    »Irgendwie. Was gibt es zu trinken?«
    »Du weichst mir aus«, sagte Scotia streng. »Was hast du getan?«
    »He, laß mich in Ruhe!«
    Scotia hatte Mescals linken Oberarm zu fassen bekommen. Wenn das Gefühl, das Mescal in diesem Augenblick zur Schau trug, nicht übelste Feigheit war, dann wollte Scotia nicht länger Hexe sein.
    »Ich habe nichts getan«, kreischte Mescal. »Laß mich in Ruhe. Du tust mir weh.«
    Scotia verspürte das heftige Gefühl, diesen Burschen gründlich durchzuprügeln, aber sie wußte, daß damit nicht das geringste zu erreichen war - den Arm setzten nur solche Erzieher ein, die im Kopf keine Mittel mehr

Weitere Kostenlose Bücher