Mythor - 095 - Die Zaubermütter
Zaubers - Gutes gibt es und das Böse, Mann gibt es und Weib - Gorgan gibt es und Vanga. Jedes allein gilt nicht, nur die Zusammenkunft schafft Neues.«
»Narretei!«
Zahda öffnete den Mund, als wollte sie etwas sagen, verstummte dann aber. Zeboa meldete sich zu Wort.
»Ich stimme Zahda zu«, sagte sie laut. »Mag das Prinzip des Männlichen mit dem Grundsatz des Weiblichen zusammentreffen, mögen beide Welten sich auseinandersetzen. Keiner von uns weiß wahrlich, was die Zukunft birgt, aber ich weiß wie jeder hier, daß es Leben nicht geben kann ohne Tod, mögen sie einander auch noch so fremd sein, sie gehören zusammen. Ginge es dir, Zaem, darum, Vanga über Gorgan triumphieren zu lassen - man könnte darüber reden. Aber alles Männliche hinwegzufegen vom Boden der Erde, ist Unsinn.«
»Man wird sehen«, sagte Zaem. »In jedem Fall aber müssen wir in dieser Runde eine Entscheidung treffen.«
»Was haben wir zu entscheiden?« fragte Zahda. Ihre Stimme klang scharf, bebte vor Zorn. »Deine Frauen verheeren das Land. Düstere Wolken wälzen sich über den Hexenstern, in Schutt und Asche liegen Behausungen von Zaubermüttern. Deine Amazonen hausen schrecklich am Hexenstern, Schwertklirren hallt allenthalben. Wieviel von uns willst du erschlagen, wenn wir deinem Willen nicht Untertan sind?«
»Ich werde tun, was ich für richtig erkannt habe«, sagte Zaem. »Du weißt, es geschieht nicht um meinetwillen.«
»Was nicht gar«, sagte Zeboa wütend. »Du weißt es wie wir - der nächste Mond, der nächste Hexenkreis, der nächste Großkreis - Zaem wird alles beherrschen. Und nun drängst du, Fronja deinen Händen auszuliefern? Was hast du mit der Tochter des Kometen vor? Habe ich dich recht verstanden? Willst du sie erlösen?«
»Wahrhaftig, das werde ich«, sagte Zaem grimmig. »Ihr mögt wollen oder nicht - im äußersten Fall werden meine Heere den Hexenstern stürmen, und ist das geschehen, Zahda, werde ich dich zwingen, mir Fronja auszuliefern. Willst du das nicht, dann versichere dich Fronjas Unterstützung - du wirst sehen, was sich ereignen wird. Niemandem vermag die Tochter des Kometen zu nutzen in ihrer gräßlichen Besessenheit. Aber Schaden zu stiften, Unheil zu verbreiten über Vangas Fluren, Tod und Verderben den Bewohnern der Welt - dazu ist sie sehr wohl in der Lage.«
»Sicher ist sie geschirmt, und sicher ist Vanga vor ihr«, versetzte Zahda.
»Wer sagt das? Du allein, Zahda. Deinem Willen unterworfen ist Fronja und ihr Versteck - was ist, wenn sie dir entschlüpft, wenn sie, von ihrem Deddeth getrieben, das Grauen über Vanga herabsinken läßt? Wäre Fronja Herrin ihrer selbst, wäre sie noch wahrhaft die Tochter des Kometen - wahrhaftig, meine Hand soll verdorren, sollte ich sie jemals heben wider die wahrhafte Tochter des Kometen.«
Zahda fühlte sich zurückgedrängt. Zaem gewann an Boden. Die unschlüssigen Zaubermütter zog es immer stärker zu Zaem, es war deutlich zu sehen.
»Seltsames Zusammentreffen«, trotzte Zahda. »Ausgerechnet jetzt, da Vanga ohnehin von dir beherrscht, gelenkt und geleitet wird - ausgerechnet auf dem Höhepunkt deiner persönlichen Macht willst du Fronja… wie hast du es genannt?… erlösen? Sage es offen - du willst sie töten.«
Zaem zögerte.
»Den Deddeth zu vernichten, ist mein Plan«, sagte sie dann mit erstaunlicher Ruhe. »Ich weiß, daß Fronja höchstwahrscheinlich wird sterben müssen, und dann stirbt der Deddeth in ihr.«
»Und ist Fronja erst tot, kann niemand mehr Zaem daran hindern, sich zur Alleinherrscherin aufzuschwingen…«
»Es hat andere Zaubermütter gegeben, die ähnliche Machtfülle auf sich vereinigt haben. Auch sie haben nicht selten einsame Entscheidungen getroffen, ohne Fronja zu fragen oder die anderen Zaubermütter um Zustimmung zu Rate zu ziehen.«
Zahda rührte sich nicht, aber sie war betroffen. Wieviel wußte Zaem? Hatte die Geheimhaltung nichts gefruchtet?
»Das Zusammentreffen der Umstände ist richtig«, sagte Zaem weiter. »Ich weiß, daß es in dieser edlen Runde Träumerinnen gibt, die wahnwitzigen Hirngespinsten nachhängen. Ich sage, niemals hätte das Schicksal die Welt aufgeteilt in Gorgan und Vanga, wäre dies nicht im Sinn der Lichtmächte. Es frevelt, wer ohne Zwang zusammenbringt, was vor Urzeiten geschieden wurde.
Sage mir, Zahda? Soll ich warten, bis die Umstände dich begünstigen - damit du nach einsam gefällter Entscheidung Fronja samt Deddeth zum Werkzeug deiner Pläne zu machen gedenkst und
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