Mythor - 130 - Das Auge des Kriegers
der Tat erstaunlich, daß sie beide wieder heil hervorkamen.
Nottr und die Gefährten versuchten sich einen Plan zurechtzulegen. Thonensen hielt es für das beste, wenn die Sasgen sie bei ihrem Aufstieg nicht begleiteten, sondern im Lager auf ihre Rückkehr warteten. Was bevorstand, war kein Kampf der Schwerter und Äxte, sondern einer gegen Kräfte, gegen die einfache Krieger wie die Sasgen nicht gewappnet waren.
»Sind wir nicht alle ungenügend gewappnet gewesen, als wir auszogen?« warf Nottr ein.
»Aber wir sind es nicht mehr.«
»Wir wissen nicht, was uns erwartet. Wir könnten ihre Waffenhilfe gegen menschliche Feinde gebrauchen…«
»Ich glaube nicht, daß wir auf menschliche Feinde stoßen werden«, sagte Thonensen kopfschüttelnd.
»Duston Covall sagte, daß hier die Alptraumritter zum Kampf angetreten sind. Wenn Menschen hier sind, dann sind sie auf unserer Seite. Ich bezweifle, daß wir Gorgans Auge vor menschlichen Armeen schließen sollen. Der Stab der Alptraumritter ist wie lebendig in meiner Faust. Er sagt mir deutlich genug, daß die nächtliche Dunkelheit um uns auch die schwarzen Schleier der Finsternis enthält. Nein, laßt die Sasgen hier. Sie können zur Beute der Finsternis werden und die Äxte gegen uns erheben.«
»Wie willst du wissen, daß sie nicht in ihre Boote steigen und verschwinden?« brummte Urgat. »Dann sind wir auf dieser verdammten Insel gestrandet.«
»Sie wissen, daß die Stürme da draußen auf sie warten und daß sie nur mit uns eine sichere Heimfahrt haben«, stellte Nottr fest. »Zudem ist Rujden zu stolz, um sich vor Burra eine Blöße zu geben. Er wird sich nicht wegschleichen.«
Oghden löste sich aus den Reihen der Sasgen und trat zu den Lorvanern.
»Vermagst du Gefahren zu erkennen, Dilvoog?« fragte Nottr.
»Deshalb komme ich zu euch. Sie sind überall.«
»Wer?« entfuhr es Nottr.
»Solche wie ich«, erklärte Dilvoog. »Nein, nicht wie ich.« Er zögerte. »Sie sind nur Funken in der Schwärze, die aus einem Feuer gesprüht sind. Sie sind verloren und am Verlöschen ohne ihr Feuer…«
Die Gefährten starrten ihn verständnislos an. Er erwiderte ihren Blick hilflos, dann erklärte er erneut: »Sie sind wie Gianten, aber ihre Körper sind nicht geschmiedet.«
»Menschliche Körper?« fragte der Sterndeuter. »Ich meine, lebende Körper?«
»Das vermag ich nicht zu erkennen. Aber ich spüre nicht viel Leben.«
»Sind es Besessene?«
Dilvoog gab keine Antwort. Oghdens Gesicht war plötzlich angespannt. Er rief den Sasgen etwas zu, und alle verstummten.
Sie lauschten.
Die Nacht war nicht mehr still.
Echos von fernen Schreien trug der Wind vom Berg herab, vermischt mit Geräuschen, die aus dem Wald kamen – Geräusche von etwas, das sich ohne besondere Vorsicht bewegte. Es mochte nur ein trügerisches Spiel des Windes sein, aber es klang so nah, daß die Krieger hastig nach ihren Waffen griffen und aufsprangen.
»Die Verlorenen«, sagte Dilvoog.
Dann erklang ein warnender Ruf vom Waldrand her. Es war etwa fünfzig Schritt vom Lager bis zum Waldrand, wo Rujden die Wachen postiert hatte.
Gleich darauf war heftiger Kampflärm zwischen den Bäumen zu hören. Flüche erklangen, ein kurzer Schmerzensschrei folgte, und eine der Wachen rief:
»Zurück! Um Grimhs Willen! Er lebt wieder…!«
Mehrere Gestalten kamen aus dem Waldrand. Drei waren Sasgen. Sie brüllten dem Lager warnend zu. Dann stellten sie sich einer vierten Gestalt zum Kampf, die hinter ihnen auftauchte.
Selbst im schwachen Widerschein des Feuers und dem kargen Licht der Sterne fiel ihre Fremdartigkeit auf.
Sie trug einen silbern schimmernden Harnisch und Helm. An den Armen schimmerte metallisches Netzwerk. Die Beine waren mit Eisen geschient. In beiden Händen hielt sie einen gewaltigen Streitkolben.
Es klirrte bei jedem Schritt, den der Krieger tat.
Die drei Wachen ließen ihn herankommen, dann griffen sie an. Drei Axthiebe ließen den Fremden taumeln und niedersinken, doch sein Kolben fällte einen der Sasgen. Die beiden anderen hieben auf ihn ein, daß Funken stoben und metallisches Klirren durch die Nacht hallte.
Als der zweite Sasge fiel, kam Bewegung in die erstarrten Zuschauer. Sasgen und Lorvaner stürmten vorwärts. Einige rissen brennende Äste aus dem Feuer. Aber bevor sie die Kämpfenden erreichten, fiel der dritte Wachtposten unter einem Kolbenhieb. Im Licht der brennenden Äste konnten sie sehen, daß die Äxte der Sasgen tiefe Wunden durch den Harnisch des eisernen
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