Na endlich Liebling
bedeutete doch nichts. Es war so ein alberner Spruch, den er schon oft und zu vielen Mädchen gesagt hatte. Sie hatten immer gelacht und ihm vergnügt herausgegeben. Und diese Sally hier redete vom Heiraten. Es war sein Fehler. Verrückt, so zu ihr zu sprechen! Für ein Mädchen aus seiner Welt wäre das nur ein Scherz gewesen. Was sollte er tun? Sollte er die Sache aufklären? Nein, nein; sie war so leicht gekränkt. Deshalb sagte er ruhig: »Elaine? Aber ich habe dir doch alles darüber erzählt, Sally.«
»Ja, aber — sie hat dich doch gern, nicht wahr?«
»Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Sie hat eine Unmenge Verehrer. Ich glaube nicht, daß ich ihr mehr bedeute als die anderen.« Er wurde ganz betrübt, daß er zu solchen Erklärungen gezwungen war, und setzte hinzu: »Übrigens, was ist mit Clive? Du weißt doch genau, daß er zu dir gehört!«
Doch das nutzte nichts. In seltsamem, beinah pathetischem Ton sagte sie: »Ich weiß nicht recht. Ich hab’ das immer gedacht. Immer wollte ich Clive heiraten, wenn ich erst einmal frei wäre. Aber als du kamst, war alles anders. Ich habe ja noch nie einen Mann gekannt wie dich — so gut und so klug und nicht grob, wenn ich was Dummes sage.«
Ihre Demut rührte ihn, und er antwortete schnell: »Wer könnte denn auch grob zu dir sein! Wer könnte denn anders als lieb zu dir sein?«
Das war doch wohl neutral genug. Das klang freundlich, einfach, verpflichtete zu nichts. Jetzt sollte sie lachen und diese gefährliche Vertraulichkeit abschütteln. Aber Sally erkannte leider selten einen Wink, den man ihr gab. Sie lachte nicht. Sie war verzweifelt ernst.
»Es sieht dir ähnlich, so etwas zu sagen, Bill, Lieber! Aber du würdest meiner bald müde sein und dich fragen, warum du mich geheiratet hast. Ich würde nie in dein Stadtleben und zu deinen gescheiten Freunden passen.«
Heiraten! Wieder dieses Wort! Justin hatte so etwas nie ins Auge gefaßt. Zugegeben, er war sich klar, daß er sich ein bißchen in dieses naive, reizende junge Geschöpf verliebt hatte — aber das bedeutete noch längst nicht einen Gedanken an Heirat.
Welch ein ungeschickter Narr war er gewesen, daß er sich in diese Situation hatte treiben lassen! Plötzlich war alles schrecklich dauerhaft und ernst. Ein Bild stieg vor ihm auf — Sally in der Großstadt, in einer Umgebung, in die sie niemals passen würde; er selbst fürs Leben daran gefesselt — hier hielt er inne und sagte sich, wennschon ein Narr, wollte er doch kein Schuft sein. Er suchte einen Ausweg und meinte in leichtem Ton: »Freilich, du würdest die Großstadt, die Partys und den ganzen Rummel hassen. Ohne deine Tiere, ohne den schrecklichen Polly.« Das sollte ein Wink sein. Doch da geschah das Ärgste. Sie hob ihre schönen Augen vertrauensvoll zu ihm auf und sagte: »Ich würde nichts hassen, wenn du nur bei mir bist, Bill.«
Ihre kindlichen Worte trafen ihn tief. Liebevoll legte er seine Hand auf ihren Arm und sagte: »Sally, du meinst es gut! Aber du weißt selbst, daß du im Grunde nicht so fühlst.«
Der bekümmerte Ausdruck kehrte in ihr Gesicht zurück, und sie sagte: »Doch! Ich fühle es aber so. Schon seit Wochen! Ich verstehe selbst nicht, wieso, denn andererseits weiß ich, daß ich in Wirklichkeit zu Clive gehöre. Du mußt mich wohl verzaubert haben, Bill.«
Er sagte mit schier verzweifelter Leichtigkeit: »So wird’s wohl gewesen sein. Im übrigen hast du mich auch bezaubert, Sally.«
Das war ein schlimmer Fehler. Mit einem strahlenden Lächeln streckte sie ihm ihre Hände entgegen. »Wirklich? Ich? Nicht Elaine?«
In diesem Augenblick rief die Gemeindeschwester aus dem Nebenzimmer: »Und jetzt muß ich zu meinen anderen Patienten. Wo ist denn mein Fahrer?«
Schnell sprang er auf.
17
»Das ist wahre Liebe«, sagte Percy.
Justin und er sahen einem jungen Mann nach, der auf einem geliehenen Gaul auf der Straße davonritt, als ob der Teufel hinter ihm her sei. Vor einer halben Stunde war Tom Hall in dem Laden erschienen mit zerrissenen, rauchgeschwärzten Kleidern und aschfahlem Gesicht, vor Aufregung fast von Sinnen. Bis auf zehn Meilen Entfernung von seinem Heim hatte er sich gestern nachmittag einen Weg gebahnt, dann konnte er nicht weiter und mußte an einem Bach Schutz suchen. Sowie das Feuer durch den Regen gelöscht war, hatte er sich wieder auf den Weg gemacht. Erfand sein Haus in Trümmern, seine Frau war verschwunden. Er suchte zuerst verzweifelt in der Asche, in der entsetzlichen
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