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Nach all den Jahrmilliarden

Nach all den Jahrmilliarden

Titel: Nach all den Jahrmilliarden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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den Gedanken Verstärker“, sagte Dihn Ruuu. „Ein Gerät, das die Kommunikation von Bewußtsein zu Bewußtsein möglich macht.“
    „Kannst du mir zeigen, wie es funktioniert?“
    „Die Aktivatoren müssen in die Schlitze hineingeschoben werden. Dann setzt man den Verstärker auf den Kopf …“
    Ich entriß Dihn Ruuu sowohl die Scheiben als auch das Band und schob die Aktivatoren mit zitternden Fingern in die Aussparungen hinein. Dihn Ruuu enthielt sich jeder Stellungnahme. Am gegenüberliegenden Ende der Halle drehte sich Dr. Schein um, sah zu mir zurück und rief: „Was machen Sie da, Tom?“
    „Nichts“, gab ich zurück und hob den Gedankenverstärker zum Kopf hinauf.
    Ich ließ den Gedankenverstärker sinken, bis er meine Schläfen berührte.
    Ich hatte das Gefühl, als würde mir ein Nagel durch die Schädeldecke gehämmert. Ich taumelte. Möglicherweise stürzte ich zu Boden. Ich konnte nichts mehr sehen. Zungen aus Feuer leckten in meinem Hirn. Mein Bewußtsein tropfte aus dem Körper heraus, durchstreifte die weite Halle, nur vom Willen gelenkt …
    … und begegnete einem anderen Bewußtseinsinhalt …
    Kontakt!
    Eine leise Stimme sagte …
    Wer ist da? Wer ruft mich an?
    Tom Rice, entgegnete ich.
    Aber Sie sind kein TP!
    Jetzt bin ich es.
    Ich wußte, mein Geist berührte den von Davis, den des Telepathen der Stolz des Alls. Ich fühlte mich diesem Fremden näher und enger verbunden als jemals irgendeinem anderen Menschen. Unsere Egosphären trafen sich und hätten miteinander verschmelzen können. Doch ich gab angesichts meiner neuen Kraft einen solch intensiven ätherischen Jubelruf von mir, daß sich Davis benommen und schmerzerfüllt von mir zurückzog und seinen Geist vor mir verschloß. Aber das spielte keine Rolle. Ich konnte keinen Schmerz mehr wahrnehmen, weder fremden noch eigenen. Ich entfernte mich von Davis … trieb weiter fort …
    Ins All hinaus.
    Wie einfach es war, die Lichtjahre zu überspringen! Mit Staunen und Ehrfurcht durchstreifte mein Bewußtsein die Galaxis. Ich spürte, wie mir hier und dort Gedankenimpulse entgegensickerten, strahlende Lichtspuren, die die Dunkelheit durchteilten, als sich andere TPs fragten, wer dieser Fremde sein mochte.
    Und dann empfing ich die Stimme, die ich die ganze Zeit über gesucht hatte.
    Tom, wie wunderbar! Das hätte ich nie für möglich gehalten!
    Ich auch nicht, Lorie. Ich auch nicht.
    Mein Geist konzentrierte sich nur noch auf den meiner Schwester und der ihre auf meinen, die anderen Telepathen zogen sich zurück und umgaben uns mit einer Sphäre des Schweigens, ließen uns ungestört in Verbindung treten.
    In diesem Augenblick der Vereinigung erfuhren wir all das, was es vom anderen zu erfahren gab. Sie entnahm mir jedes Detail, das ich in den Nachrichtenwürfeln aufgezeichnet hatte, alles über die Langeweile des Ultraraum-Fluges nach Higby V, alles über die Entdeckung von Dihn Ruuu, alles bis hin zu dem Augenblick, als ich den Gedankenverstärker aufsetzte. Lorie braucht die Würfel nicht abzuspielen. Sie kennt bereits jetzt die ganze Geschichte meiner Abenteuer.
    Und mit dem ersten aufgeregten Höhepunkt unseres Kontakts wurde mir die Essenz dieses gelähmten Mädchens bewußt, das meine Schwester ist, und ich stellte fest, daß ich sie vorher überhaupt nicht richtig gekannt hatte. Es war dumm von mir gewesen, sie zu bemitleiden und zu verhätscheln, sie von meinem eigenen Glück abzuschirmen zu versuchen, auf daß sie nicht neidisch wurde. Sie ist alles andere als bemitleidenswert, alles andere als neidisch. Sie ist stark, stärker vielleicht als alle anderen Menschen der Galaxis. Und ihre Lähmung macht ihr nichts aus, denn sie hat überall Freunde und beneidet niemanden, mich am allerwenigsten. In der Vereinigung unseres Bewußtseins entdeckte ich, daß in Wirklichkeit ich der Krüppel gewesen bin – ausgeschlossen aus der glänzenden TP-Welt. Während ich sie bemitleidet hatte, hatte Lorie Mitleid mit mir gehabt, und ihr Mitleid ist weitaus intensiver und begründeter gewesen.
    Jetzt war alles Mitleid überflüssig geworden.
    Das ist Jan, sagte ich und übersandte ihr ein entsprechendes Bild.
    Sie ist hübsch, Tom. Ich bin sicher, ihr werdet glücklich zusammen. Aber warum gibst du den Verstärker nicht auch ihr?
    Ja. Ja, das mache ich. Jetzt … sofort …
    Doch in diesem Augenblick spürte ich ein übermächtiges Zerren. Meine Verbindung zu Lorie wurde unterbrochen, und ich war allein, schrecklich allein, wieder eingesperrt

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