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Nach dem Bankett.

Nach dem Bankett.

Titel: Nach dem Bankett. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yukio Mishima
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bequemsten war. Es wurde Obs herumgereicht, und man servierte japanische Süßigkeiten und grünen Pulvertee Tamaki war jetzt wortkarger, und dadurch verlor das Gespräch viel von seine Lebhaftigkeit. Man traf Anstalten aufzubrechen. Tamaki hatte die Toilette aufgesucht. Als sie eben gehen wollten, bemerkte man, daß Tamaki noch fehlte und beschloß, auf ihn zu warten. Das Schweigen im Raum wurde drückend. Die Gedanken der vier alten Herren schienen mit einem ema beschäftigt, das sie in ihren Gesprächen sorgsam gemieden hatten.
       Schließlich fngen sie an, sich über ihr körperliches Befnden zu unterhalten Alle hatten über Asthma, Magenleiden oder zu niedrigen Blutdruck zu klagen Nur Noguchi saß mit abweisendem Gesicht da und machte keinen Versuch, sich am Gespräch zu beteiligen. »Ich werde einmal nach ihm sehen«, sagte er ruhig und stand auf. Kazu erhob sich nun ebenfalls, als hätte sie erst durch seine Worte den Mut gefunden aufzustehen, um ihm den Weg zu zeigen. Sie lief mit kleinen eiligen Schritten den blankgebohnerten Gang entlang. Botschafter Tamaki lag bewußtlos in der Toilette.

Frau Tamaki erhebt Einwände

    Seit Kazu das Restaurant besaß, war sie noch nie in einer solchen Situation gewesen. Sie rief mit lauter Stimme um Hilfe. Die Mädchen eilten herbei, und Kazu befahl ihnen, alle männlichen Dienstboten zu rufen. Inzwischen waren auch die Herren vom Kagen-Kreis aufmerksam geworden und sammelten sich im Korridor. Kazu hörte, wie Noguchi mit ruhiger, gefaßter Stimme zu den anderen sagte: »Es wird wohl ein Gehirnschlag sein, und es ist besser, ihn ruhig liegen zu lassen. Wie unangenehm es auch für das Haus sein mag: ich halte es für das beste, den Arzt hierher zu rufen. Das weitere überlaßt mir. Ihr habt alle Familie; ich bin der einzige, der keine Verpfichtungen hat.«
       Es war sonderbar, wie deutlich Noguchis Worte trotz aller Aufregung an Kazus Ohren drangen. »Ich bin der einzige, der keine Verpfichtungen hat.« Ja, das hatte er gesagt. Diese Worte entzündeten ein Licht in Kazus Herz, vibrierten wie eine angeschlagene Saite in ihr nach.
       Kazu kümmerte sich mit wirklicher Anteilnahme und Herzlichkeit um den Erkrankten. Aber sosehr sie das auch in Anspruch nahm – Noguchis Bemerkung ging ihr unentwegt im Kopf herum. Sie glaubte, sich Erau Tamaki gegenüber, die bald danach kam, verantworten zu müssen, und bat unter Tränen um Entschuldigung für ihre Unachtsamkeit – ihre Gefühle waren nicht geheuchelt. Trotzdem wirkten Noguchis klare und deutliche Worte in ihr fort.
       »Für diesen Unglücksfall sind Sie nicht verantwortlich; denn Herr Tamaki war zum erstenmal Ihr Gast, und Sie konnten nicht wissen, wie es um seine Gesundheit stand. Es war sein eigener Vorschlag, im Garten spazierenzugehen«, sagte Noguchi, um sie zu beruhigen.
       Der Kranke röchelte laut.
       Frau Tamaki war eine europäisch gekleidete, gut aussehende Dame mittleren Alters, die bedeutend jünger wirkte, als sie war. Trotz der kritischen Lage, in der sich ihr Mann befand, blieb sie kühl und gelassen. Sie runzelte nur leicht die Stirn, wenn gelegentlich der Klang der Shamisen aus dem großen Saal herüberdrang, in dem sich noch Gäste befanden. Sie widersetzte sich entschieden der Ansicht des Arztes, Tanaki wenigstens einen Tag ruhig hier liegen zu lassen, und verstand es, dies vortrefich zu begründen. »Mein Mann hat immer nach dem Grundsatz gelebt, fremden Leuten nicht zur Last zu fallen. Ich kann es nicht verantworten, daß diesem Etablissement noch weitere Unannehmlichkeiten entstehen. Mein Mann würde mich sehr tadeln, wenn er wieder zu sich kommt. Außerdem is dies ein vielbesuchtes Gasthaus – wir gehören nicht einmal zu den Stammgästen –, und ich möchte der Besitzerin nicht noch mehr Mühe machen, Wir müssen versuchen, ihn so schnell wie möglich in ein Krankenhaus zu bringen.«
       Höfich und beredt wiederholte Frau Tamaki ihre Worte und bedankte sich immer wieder bei Kazu. Aber Kazu versicherte, daß Frau Tamaki keine Rücksicht auf sie zu nehmen brauche; sie selber werde den Kranken so lange hier pfegen, wie der Arzt es für richtig halte. Die blumenreichen altmodischen Höfichkeitsbezeigungen der beiden Damen, diese rührende Szene gegenseitige Ehrerbietung, spielten sich am Lager des röchelnden Kranken ab und fanden kein Ende. Frau Tamaki behielt ihre kühle Gelassenheit, aber Kazu bestand darau ihr gefällig sein zu dürfen – bis der beleibte Doktor

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