Nach dem Bankett.
bedeutet aber, daß Ihre Freundschaft nicht aufrichtig ist.« Kazu hatte das Gefühl, sie könne Noguchi alles sagen. »Ich würde mich in einem solchen Fal nicht darum kümmern, was die Leute sagen. Ich würde nach meinem Gefüh handeln. So habe ich es bisher immer gehalten – und habe mich auf diese Weise stets durchgesetzt.«
»Dann haben Sie sich also heute abend wieder von Ihren Gefühlen leiten lassen«, meinte Noguchi ernst. Kazu glaubte, daß er eifersüchtig sei, und gerie außer sich vor Entzücken. Und diese ungemein gutmütige Frau gab eilig eine Rechtfertigung, die besser ungesagt geblieben wäre. »Oh, nein! Ich war nu erschrocken und fühlte mich verantwortlich. Warum sollte ich Herrn Tamak besondere Zuneigung entgegenbringen?«
»Sie wollen also nur Ihren Kopf durchsetzen? Dann sollten Sie den Kranken so schnell wie möglich fortschafen lassen«, sagte Noguchi kühl und bestimm und erhob sich. Er ließ Kazu keine Zeit zu widersprechen. Sie war enttäuscht ließ sich aber keine Gemütsbewegung anmerken. Ihre Antwort ofenbarte ihren starken Charakter.
»Gut, dann machen wir es so, wie die gnädige Frau es wünscht.«
Beide gingen, ohne ein weiteres Wort zu wechseln, zurück. Auf halbem Wege brach Noguchi das Schweigen: »Wir wollen ihn auf alle Fälle noch heute abend in ein Krankenhaus einliefern lassen. Ich gehe nach Hause und werde ihn morgen mittag im Krankenhaus besuchen. Ich habe ja Zeit dazu.«
Die Gäste aus dem großen Bankettsaal waren bereits nach Hause gegangen und der fröhliche Lärm war verstummt. Die Nacht hatte sich wie eine Glocke über Setsugoan gesenkt. Kazu führte Noguchi durch den großen Bankettsaa da dies der kürzeste Weg war. Die Mädchen, die gerade abräumten, verneigten sich vor den beiden. Noguchi und Kazu schritten an zwei großen, goldenen sechsteiligen Wandschirmen vorbei, die bei Tanzauführungen als Hintergrund dienten. Jetzt, nach dem Bankett, schien das Gold der Wandschirme matte geworden zu sein. Ein merkwürdig düsterer Schimmer ging von ihnen aus.
»Ich habe mich hier gar nicht sehen lassen. Hat sich jemand darüber beklagt?« wandte Kazu sich an ein intelligent aussehendes Mädchen in mittleren Jahren Sie sah Kazu erstaunt an, denn niemals wurden geschäftliche Fragen vor Gästen gestellt, und Noguchi war unverkennbar ein Gast.
»Nein. Die Gäste waren alle in guter Stimmung, als sie aufbrachen«, antwortete das Mädchen.
Noguchi und Kazu öfneten leise die Schiebetür zum Krankenzimmer. Frau Tainaki, die neben dem Kranken saß, warf ihnen einen kühlen Blick zu. Ihre schmalen Augenbrauen waren mit äußerster Feinheit gemalt, und die Platinnade die ihren schwarzen Hut hielt, aber ein wenig herausgerutscht war, blitzte auf, als das Licht vorn Gang hereinfel.
Die müßigen Gefährten
Kurz danach wurde Botschafter Tamaki in die Universitätsklinik gebracht. Als Kazu ihn am nächsten Tag gegen Mittag besuchte, wurde ihr gesagt, daß er noch immer nicht zu Bewußtsein gekommen sei. Kazu schickte einen Korb mit Obst in das Krankenzimmer und setzte sich auf einen Stuhl im Gang, um auf Noguchi zu warten. Noguchi kam und kam nicht. Und während sie auf ihn wartete, wurde ihr klar, daß sie ihn gern hatte.
Sie dachte über ihr bisheriges Leben nach und stellte fest, daß sie trotz ihrer resoluten Art noch nie einen Mann geliebt hatte, der jünger war als sie. Sie fand, daß junge Männer geistig wie physisch zu viele Probleme hatten und sich oft sehr hochmütig benahmen, insbesondere gegenüber älteren Frauen, mit denen sie ein Verhältnis hatten. Man wußte nie genau, wie weit sie in ihrer Anmaßung gehen würden. Außerdem hatte Kazu eine physische Abneigung gegen die Jugend. Die lächerliche Unausgeglichenheit des Geistes und des Körpers tritt bei Jünglingen krasser hervor als bei reifen Männern. Sie war noch keinem jungen Mann begegnet, dessen Jugendfrische sie angezogen hätte. Auch stieß sie die glatte glänzende Haut eines jungen Mannes ab.
So hing Kazu ihren Gedanken nach, während sie auf dem trostlosen, spärlich erleuchteten Gang des Hospitals wartete. Tamakis Krankenzimmer am Ende des langen Korridors war zu erkennen an den Blumenkörben, die auf dem Gang standen. Sie hörte plötzlich Hundegebell und blickte zum Fenster hinaus. Unter dem dicht bewölkten Himmel sah sie ein Maschendraht-Geviert. Ofenbar wurden hier herrenlose Hunde für Versuchszwecke gehalten. Eine Anzahl
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