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Nach Norden, Strolch

Nach Norden, Strolch

Titel: Nach Norden, Strolch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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hätte beschreiben können.
    »Ich werde ihn heiraten!«
    Robin, der Strolch, sah sie mit weit aufgerissenen Augen an.
    »Er ist ja betrunken!« sprach eine Stimme aus dem Hintergrund, worauf Gelächter ausbrach. »Wollte nicht trinken, da haben wir uns auf ihn gesetzt und es ihm hineingegossen.«
    »Hineingegossen! Hineingegossen!« brüllte der Chor, mit den Füßen dabei den Takt stampfend. »Er wollte nicht trinken, da gossen wir es ihm ein, gossen wir es ein …«
    Die Stimmen verloren sich. Erst die eine, dann die andere. Sam blieb als Solist stehen, und schließlich schwieg auch er.
    Oktober blickte durchdringend in das Gesicht des betäubten Strolches. Der Zerlumpte, Zerfetzte schüttelte in hilfloser Abwehr den Kopf. Sein Blick irrte von dem Mädchen zur Lampe hinüber … Er hob tadelnd den Finger, dann kehrten seine Augen zu dem Mädchen zurück.
    »Tausendmal um Verzeihung!« murmelte er. »Verfluchte Kameen!«
    Es war ihr, als habe er allein von der ganzen starrenden Gesellschaft eine blasse Ahnung von ihrer Demütigung. Er schüttelte seinen Kopf und runzelte die Brauen. Sie begriff den Kampf zwischen seiner Willenskraft und dem Gift, das seine Sinne verwirrte. Er bemühte sich, den Nebel, der wie ein schwarzes Tuch seine Sinne umhüllte, zu zerreißen … vergeblich. Was seinen seltsamen Ausspruch betreffs Kameen anbelangte - so drang dieser in dem Augenblick gar nicht zu ihrem Bewußtsein.
    »Ich werde ihn heiraten!«
    Elmers Lippen arbeiteten erschreckend schnell. Mr. Water schluchzte erschüttert.
    »Das kannst du doch nicht … Du heiratest Sam »Diesen Schwächling!«
    Hierbei kicherte Sam, wollte auf sie zuschreiten, stolperte über den Teppich, fiel auf alle viere nieder, versuchte sich zu erheben und fiel wieder hin.
    »Ihr müßt mich doch heute absolut verheiraten - ich nehme den Strolch!«
    Mrs. Elmer rang die Hände.
    »Du weißt nicht, was du sagst«, keuchte sie. »Das kannst du doch nicht tun, Oktober!«
    »Kann ich das nicht?« Die Augen des Mädchens ruhten auf Pfarrer Stevens. »Ein Mann ist doch vor Gott so gut wie der andere, nicht wahr?«
    Sie wandte sich Robin zu. Er beobachtete sie mit starrem Blick. »So was kann doch nicht sein«, sagte er ernst.
    »Wie ist Ihr Name?«
    »Robin - Robin Leslie.«
    »Robin Leslie - das genügt.«
    Sie nahm seine schmutzige Hand in die ihre. In diesem Augenblick war sie von reiner Begeisterung erfüllt, ihre Augen leuchteten.
    Pfarrer Stevens spielte mit seinem Gebetbuch und blickte über seine Brille zu Mr. Elmer hinüber. Andrew biß sich die Nägel. Sein Blick wanderte von der Uhr zu der schlappen Gestalt, die auf dem Boden lag. Sam war eingeschlafen.
    Andrews Stimme zitterte. »Tu, was du willst, du bist verrückt, Oktober, einfach verrückt -«
    Sie hielt noch immer die Pfote des Strolchs in ihrer Hand.
    »Ich heiße Oktober Jones, er heißt Robert Leslie - trauen Sie uns.«
    Pfarrer Stevens öffnete das Buch und stotterte die Worte der Zeremonie. Vom Teppich her ertönte wie ein begleitendes Trommeln das Schnarchen Sams.
    »Ring?«
    Sie beugte sich nieder und durchsuchte die Westentaschen des Jünglings.
    »Hier ist er.«
    Und so wurde sie Mrs. Robin Leslie.
    Mrs. Elmer, die Hand über dem Mund, beobachtete sie wie in Trance. Andrew redete wild drauflos, gab aber keinen Laut von sich. Was Robin, den Strolch, anlangte …
    »Verzeihung«, sagte er wieder.
    Die Menge am anderen Ende des Zimmers stand mit offenem Munde da, als das Brautpaar zur Türe ging.
    »Wo gehst du denn hin?« fragte der alte Water heiser.
    »Ich gehe mit meinem Mann.«
    Sie verschwanden in die schwarze Nacht hinein, und es dauerte geraume Zeit, bis jemand sprach oder sich rührte, und dann stürzte Mrs. Elmer mit einem Schrei zur Tür.
    »Oktober! Oktober!«
    Es kam keine Antwort außer dem Rascheln der Blätter und dem tiefen Grollen eines heraufziehenden Gewitters.

4
    Als Oktober auf die Veranda trat, hörte sie das Donnergrollen. Über der Brüstung hing der alte Mantel, auf dem sie zu liegen pflegte, wenn sie der Schatten der Apfelbäume hinauslockte. Mechanisch ergriff sie ihn.
    Robin schritt vor ihr her. Sie sah den weißschimmernden Ärmel seines zerlumpten Hemdes und machte schnellere Schritte, um ihn einzuholen.
    »Wo führt die hin?« Er deutete mit zitternden Händen auf die Straße.
    »Das ist die Landstraße - sie führt zur Wegkreuzung!«
    Er rieb sich die Stirn. »Gibt es einen anderen Weg - quer durch die Felder?«
    Sie überlegte. »Sie wünschen nicht

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