Nachhaltig tot (German Edition)
Reihenhaus.
„Großzügig“, sagte Hubert. „Schade, mir hat noch nie jemand ein Auto zum Geburtstag geschenkt. Womit hatte er sich das verdient?“
Frau Maurer schwieg. Er dachte, sie würde ihn hinauswerfen, aber sie schwieg.
„Ich war mal mit ihm zusammen. Vor langer Zeit. Da waren wir noch Studenten“, sagte sie schließlich.
„Sie sind doch kein Sozialarbeiter“, wandte Hubert ein.
„Nein, Sozialwissenschaftlerin. Ich habe mich auf Betriebssoziologie spezialisiert“, antwortete sie.
„Und der Achim?“
„Achim bin ich vor ein paar Jahren wieder begegnet. Ich habe ein Kind, dass eine Förderschule besucht.“
Plötzlich sah sie fast menschlich aus.
„Und Achim hat dort gearbeitet. Er hat schlecht verdient und ich habe ihm in meiner alten Firma ein paar Trainings verschafft, damit er sein Einkommen ein wenig aufbessern kann. Wir haben uns ab und zu getroffen und dann hatten wir diese Idee.“
Hubert sah sie aufmerksam an.
„Die Idee mit dem Windprojekt.“
„Achim war an dieser Idee beteiligt?“
So abwegig schien das gar nicht. Achim, der Weltverbesserer.
„Ich will von der Firma weg. Aussteigen sozusagen. Dafür brauche ich Geld. Und Achim will auch weg. Irgendwohin. Deshalb das Projekt.“
„Ich verstehe nicht.“
„Das Projekt musste schiefgehen. Dann würden sie mich rauswerfen.“
„Und Sie bekämen eine Abfindung?“
Sie nickte.
„Aber das ist nicht alles“, sagte sie leise. „Wir haben spekuliert. Das heißt, Achim, damit es nicht auffliegt. Er hat auf fallende Aktienkurse gesetzt. Wenn das Projekt schiefgegangen wäre, hätte er richtig Geld verdient.“
Hubert begann zu verstehen.
„Sie haben deshalb unseren Ort vorgeschlagen. Nicht wegen dem Wind oder was auch immer, wegen Wenninge. Weil Achim gewusst hat, dass sein Bruder nie verkauft.“
Sie nickte. Warum erzählte sie ihm das?
„Und Sie haben andere Alternativen verbaut. Damit der Aktienkurs einbricht. Weil es keine Alternativlösung gibt. Sie haben nicht danach gesucht. Dann haben sie die Gewinne und die Abfindung.“
Sie nickte wieder.
„Und wer hat Wenninge ermordet?“
Sie begann zu weinen.
„Wenninge wollte doch verkaufen. Er hat Achim informiert, weil er fand, dass Achim ein Teil des Gelds zustände. Achim und Lise. Er wollte seinen Geschwistern etwas Gutes tun. Weil sie hinterher ohnehin nichts erben würden. Weil er doch diesen unehelichen Sohn hatte.“
Hubert hielt die Luft an. Er spürte, wie er rot anlief. Er würde mit Inge sprechen müssen. Frau Maurer schien nicht zu bemerken, wie sehr Hubert belastete, was sie gesagt hatte. Sie sprach einfach weiter.
„Achim ist dann zu ihm gefahren.“
„Und dann?“
„Dann haben sie gestritten und schließlich hat Achim ihn umgebracht.“
„Und wer hat Achim umgebracht?“
„Ich weiß es nicht.“
Hubert war sich nicht sicher, ob er ihr glauben konnte. Sie wäre fein heraus. Der Mörder tot. Keine Zeugen mehr. Und der Betrug mit den Aktien war ohnehin schiefgegangen. Das Projekt würde funktionieren, das Geld wäre weg. Da würde sie weiterarbeiten müssen.
Für das Dorf war es eine gute Sache. Dass Frau Maurer nie einen Windpark errichten wollte, hieß nicht, dass es kein gutes Projekt sein konnte. Aber könnte er mit einer Mörderin zusammenarbeiten? War es glaubwürdig, dass sie von dem Mord keine Ahnung hatte? Und hätte sie Achim nicht anzeigen müssen, als sie es erfahren hatte? Hatte sie Schuld an Achims Tod? Aus Angst, dass er sie verraten und mit hineinziehen würde, wenn die Polizei ihm auf die Spur kam? Es ließ Hubert keine Ruhe. Mit einer Betrügerin und Spekulantin konnte er zusammenarbeiten, das tat er immer mal wieder, aber Mord?
Er bat sich Bedenkzeit aus. Auf dem Heimweg hielt er an einem Waldparkplatz an und dachte lange nach. Zu Hause sprach er mit Inge.
Inge hörte geduldig zu. Sie erklärte, Wenninge schon vor Jahren informiert zu haben.
„Damals, als Bert sich gerne ein Taschengeld auf Wenninges Hof verdienen wollte, dachte ich, es ist besser, ich sage es ihm. Er ist manchmal so grimmig gewesen. Seinen eigenen Sohn, hoffte ich, würde er freundlich behandeln.“
Hubert war schockiert.
„Du bist einfach zu Wenninge und hast ihm gesagt, dass Bert vielleicht sein Sohn ist?“
„Ich habe ihm gesagt, dass ich sicher bin, dass Bert sein Sohn ist. Sonst hätte er einen Vaterschaftstest verlangt.“
Hubert sah sie fragend an.
„Ich weiß es nicht“, sagte Inge. „Das habe ich dir immer gesagt. Und ich will
Weitere Kostenlose Bücher