Nachhinein
verstehen geben wollte, dass man sich wohl oder übel für eine der beiden Daseinsvarianten entscheiden müsse, da der Reiz eines verwilderten, nackten Arsches und die Kultiviertheit vorgetragener Verse nicht zusammengehen.
»Nicht alles haben …«
Wie hätte mir, dem kleinen, bauchfrei Gedichte rezitierenden, von einem ausgeklügelten Triebsystem gesteuerten und zu diesem Zeitpunkt problemfreien Zweibeiner, dieser Satz je plausibel erscheinen können?
»Man kann nicht …«
Der Unsinn der Erwachsenen.
Ich kämpfte meine Neidgefühle mit der nüchternen Feststellung nieder, dass das Baströckchen ohnehin hinter den tarnfarbenen Jeeptüren verschwunden und somit für das Publikum unsichtbar geblieben wäre. Meinen nackten Bauch dagegen sah jeder. Die Wahl zwischen Nacktheit oder Kultur erübrigte sich.
Um die scheinbare Unbeschwertheit der Krieger, Schlangen, Elefanten und Krokodile – von ein paar läppischen Refrains abgesehen zur Sprachlosigkeit verdammt – hatte ich meine plump kostümierten Kameraden nie beneidet.
Die Vorstellung verlief ganz nach meinem Geschmack.
Mein blonder Co-Moderator überließ mir, nachdem er bereits in den ersten Spielminuten seinen Text verpatzt hatte, bereitwillig Fensterplatz und Moderation. Mit hochrotem Kopf verzog er sich in den Fond des Pappjeeps und betätigte sich fortan schweigend als Heckantrieb unseres 4-Feet-Drives.
Das lag ihm bedeutend besser, fand ich, und vergaß ihn.
4.
Meine Becken- und Schambeinknochen dort, wo das Glück der Erde liegt.
Stolz spanne ich Rücken und Bauch an, halte mich gerade und fest, hier oben.
Ich sitze in deinem Hohlkreuz, die Unterschenkel, vorantreibend oder zurückhaltend, gegen deine schon zaghaft gerundeten Hüften gepresst. Rechts und links umwickeln meine schwitzigen Fäuste schwarze Schnürsenkelzügel, die mit dem Gürtel, den ich dir, eng wie ein Kropfband, um den Hals gelegt habe, verknotet sind. Damit deine wiehernden Laute, diese Folge kurzer, abgehackter Töne, die in hoher Tonlage beginnen und in der Tiefe enden, klar und schallend bleiben, lenke ich vornehmlich mit einer Kombination aus Schenkeldruck, Zisch- und Schnalzlauten. Ich greife in deine gelockte Mähne, raune Richtungswechsel, feuere dich mit jubelnden » HÜAH - HÜAH «-Rufen an.
Widerspenstige Launen, die ich mit zügelndem Ruck züchtige, sind zum Glück selten. Denn der seufzende, ein wenig dumpfe, wie ein ersticktes Husten klingende Abwürgeton, den du im Moment der Maßregelung von dir gibst, klingt unangenehm unfein. Ein solches Geräusch ziemt sich nicht für edle Tiere.
» HÜAH ! HÜAH , mein Ross!«
Wir galoppieren über grüne Teppichlandschaften, rasten im Schatten der Eckbank. Du steckst die Nase in deinen, mit Cornflakes gefüllten, Futterbeutel.
»Ja … Friss schön! Bist ein braves Mädchen!« Lobend tätschle ich dein jeansblaues Hinterteil.
Dann wird es Zeit für ein wenig Sprungtraining.
Mithilfe einiger mühselig vom Stoß aus dem Garten gehievter Holzscheite, an deren Nässe der Teppich wie Löschpapier saugt, errichte ich einen komplizierten Parcours aus Steil-, Hoch- und Weitsprüngen. Die Oberflächen der nach Regen, Harz und Fäulnis duftenden Tannenholzblöcke sind Minenfelder aus Spreißeln, Mäusekacke und Kellerasseln.
Ich wische mir die harzigen Hände an einem Sitzkissen ab.
Beginn der Trainingsstunde.
Deine Sprünge sind nicht die eines Reittiers … Die langen, kräftigen Hinterläufe, mit denen du dich abstößt, und die kürzeren, huflosen Vorderbeine lassen dich wie einen fetten Feldhasen mit kupierten Ohren aussehen. Irgendwie schwerfällig.
Kaum ein Hindernis, das du nicht umreißt.
Dir hinterherzuräumen, ist langweilig.
Im Schritt und im Trab, wenn sich der Vorder- und darauf der entgegengesetzte Hinterlauf auf die immer gleiche Weise heben und senken, gefällst du mir besser.
Plötzlich weiß ich, was dir fehlt.
»Warte, ich hol kurz was!«
Bald darauf bin ich zurück.
Ich, der Schmied.
Mutters Küchenschürze schlackert mir um die Beine. Mit dem Kartoffelstampfer in der Linken und einem 3000er edding in der Rechten, nähere ich mich breitbeinig dem Tier, das es zu beschlagen gilt.
Bereitwillig lässt du dir Handflächen und Fußsohlen mit wasserfesten, nach Lösungsmittel stinkenden Hufeisen verzieren. Zur Sicherheit wird jeder neue, U-förmige Pferdeschuh mit kurzen, präzisen Kartoffelstampfer-Hammerschlägen doppelt und dreifach festgeklopft.
Der schweigsame, schmerbäuchige
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