Nachrichten aus einem unbekannten Universum
stockdunkler, unterirdischer Ozean für menschliche Behausungen eignet, sei dahingestellt. Wie schon gesagt, ist die menschliche Psyche nicht dafür geschaffen. Auch wenn außerhalb der Erde andere Regeln herrschen, kann man sich Städte im Ozean Europas schwerlich vorstellen. Weit eher werden Kolonialisten anderer Welten ein Leben auf dem Wasser führen.
Erinnern Sie sich an Waterworld? Jenen Film, mit dem Kevin Costner baden ging, weil er unbedingt im Tornadogebiet drehen musste und es ihm mehrfach die Kulissen zerfetzte? 175 Millionen Dollar versenkte Costner für die Mär vom Kiemenmenschen, die keiner so recht sehen wollte. Dabei ist der Streifen durchaus spannend, sieht man von Ungereimtheiten ab wie der, dass die Bösen — Smokers genannt — von morgens bis abends Zigaretten paffen. Wie kommt man auf einem überfluteten Planeten an Tabak? Na, geschenkt. Die Grundidee hat Endzeitcharme: Wie leben Menschen, wenn ihnen der feste Boden unter den Füßen entzogen wird? Kann es noch so etwas wie Zivilisation geben? Lebensqualität? Fortschritt? Selbstbewusstsein? Sind Menschen überhaupt fähig, ohne festes Land zu überleben?
Auf Erden stellt sich die Frage kaum. Auch wenn wir eines Tages schwimmende Inseln bevölkern, werden wir diese immer nur als künstliche Erweiterung unseres natürlichen Lebensraumes empfinden. Wird es uns zu viel, machen wir Urlaub auf dem Land. Wasserplaneten haben jedoch kein Land zu bieten. Da niemand im Bewusstsein eines dauerhaften Ausnahmezustands glücklich wird, müssten Siedler solcher Welten schwimmende Inseln oder ganze Inselstaaten irgendwann als selbstverständlich akzeptieren.
Alles eine Frage der Entwicklung, meint der Meeresbiologe Sir Alister Hardy, der 1960 im New Scientist eine interessante Hypothese veröffentlichte. Dieser zufolge ist das schnatternde Äffchen nicht einfach vom Baum gefallen und hat sich aufgerichtet, um fortan zweibeinig über Land zu schreiten. In seiner Wasseraffen-Theorie behauptet Hardy, dass es unsere Ahnen zunächst ins Wasser zog. Sie bevölkerten Küstengewässer, Flüsse und Seen, gingen dort ihrem Nahrungserwerb nach und entwickelten sich erst im nassen Element zu richtigen Menschen.
Steckt doch noch mehr von Lurchi in uns, als wir dachten?
Hardys Hypothese fußt auf der Entdeckung, dass menschliches Unterhaut-Fettgewebe weit fester mit der Haut verbunden ist als bei allen anderen landlebenden Säugetieren. Damit haben wir diesen eine Wärme speichernde Fettschicht voraus, wie man sie gemeinhin nur bei Meeressäugern findet. Hardys Schlussfolgerung: Offenbar ist die starke Verknüpfung von Hautzellen und Fettzellen das Resultat einer aquatischen Entwicklungsphase.
Sein Artikel Was man more aquatic in the past hat mittlerweile einige Symposien nach sich gezogen und die Frage neu aufgeworfen, wie dünn das Eis unserer Höherentwicklung eigentlich ist. Sollte Lurchi noch so mächtig sein? Zwischen seinem Landgang und dem Faustkeil hat das Leben jede nur erdenkliche Form angenommen, hat sich tief im Landesinneren weiterentwickelt und teilweise nie das Meer gesehen. Alles stammt ursprünglich aus dem Wasser, schon. Doch Affen lebten in den Bäumen. Wer in den Bach plumpste, wurde garantiert von irgendwas gefressen.
Ja und nein, sagt Hardy. Im Verlauf der Hominisation war alles möglich, und was möglich ist, pflegt einzutreten.
Hominisation nennen Wissenschaftler den Prozess der Menschwerdung. In dessen Verlauf kann eigentlich nur ausgeschlossen werden, dass wir jemals fliegen lernten. Darüber hinaus scheint keine Theorie exotisch genug, um zu erklären, wie der Mensch zum Menschen wurde. Jede versucht, das Bild auf ihre Weise zu ergänzen. Dazu gehört auch das Szenario, mit dem wir uns im ersten Teil des Buches beschäftigt haben, die Savannen-Hypothese. Der Mensch, heißt es da, stieg nicht freiwillig vom Baum, er wurde vielmehr aus den Ästen geschüttelt, als die Regenwälder verschwanden und das Land versteppte.
Manches im Katalog der Hominisation erscheint plausibel, anderes kraust die Stirn. Evolutionsgeschichte ist ein Eis, auf dem sich Anthropologen mit äußerster Vorsicht bewegen. Zu schnell ist man eingebrochen. Frühmenschen haben keine Tagebücher hinterlassen, nur Knochen. Um definitiv zu beweisen, dass unsere Ahnen eine aquatische Phase durchlebten, wären wir auf Haut, Muskeln und Fettgewebe angewiesen. Mumien wie Ötzi sind jedoch selten, also bleibt den Wasseraffentheoretikern, sich am Menschen der Neuzeit zu
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