Nachrichten aus einem unbekannten Universum
hat. Seinen Berechnungen zufolge müsste ein Wasserplanet sechsmal so schwer sein wie die Erde und mindestens doppelt so groß. Er sollte sein Muttergestirn in annähernd gleicher Entfernung umkreisen wie unsere Erde die Sonne und über eine Atmosphäre verfügen. Der geologische Aufbau des Planeten sei zwiebelartig wie bei der Erde: ein metallischer Kern mit einem Durchmesser von etwa 4.000 Kilometern im Inneren, umgeben von einem Mantel aus Fels, dessen Dicke Leger auf dreieinhalb Kilometer schätzt. Darüber lagern fünf Kilometer Eispanzer, Wassereis vermischt mit schwereren Substanzen, die verhindern, dass es zur Oberfläche aufsteigt. Der Eismantel schließlich ist bedeckt von einem 100 Kilometer tiefen Ozean, und über diesem, eingefangen vom gewaltigen Gravitationssog des massereichen Planeten, wabert eine Atmosphäre aus Gasen.
Wer oder was lebt hier?
Grundsätzlich, sagen die Eddington-Forscher, kann alles Mögliche in einem solchen Ozean leben. Die Grundbausteine sind vorhanden, auch Licht zur Photosynthese kann genutzt werden.
Entscheidend ist, wie sich Leben überhaupt dort bilden könnte. Auf der Erde hat laut Russel/Martin thermische Energie den Ausschlag gegeben. Mit ihrer Hilfe konnten sich Moleküle zu höheren Einheiten zusammenschließen. Vulkanische Schlote aber sind auf einem Planeten, dessen Meeresboden pures Eis ist, ebenso wenig zu erwarten wie heiße Quellen. In Ermangelung festen Landes können keine mineralischen Nährstoffe ins Wasser gelangen, weil keine Erosion stattfindet. Hinzu kommt, dass sich im grenzenlosen Ozean noch die kontaktfreudigsten Moleküle in alle Himmelsrichtungen verteilen, bevor sie zueinander finden. Eine gewisse thermische Aktivität wäre also hilfreich.
Dafür aber müsste der Eisboden stellenweise aufbrechen und zu wandern beginnen, was eine zähflüssige Trägerschicht erfordere. Leger beschreibt jedoch einen Eispanzer auf festem Gestein. Nun wandern zwar auch Gletscher, aber sie haben Platz, um sich auszubreiten. Hingegen wären die Eismassen auf Legers Planeten einander ständig im Weg. Es hakt also noch mit der Werdung von Leben in Wasserwelten, doch Miss Evolution ist eine erfindungsreiche Dame. Irgendeinen Weg wird sie gefunden haben, denn grundsätzlich sind die Voraussetzungen auf Wasserwelten ideal.
Gleich zwei Planeten unseres Sonnensystems könnten einst Wasserplaneten gewesen sein oder noch welche werden. Neptun und Uranus sind Eiswelten mit panzerharter Kruste, so weit draußen, dass die Sonne nur als glimmendes Pünktchen wahrzunehmen ist. Doch manche Planeten wechseln gern die Position. Wir wissen von Gasplaneten anderer Systeme, dass sie sich ihrer Sonne mit der Zeit angenähert haben. Auf ähnliche Weise könnten Eisplaneten wandern, bis ihre Oberfläche zu schmelzen beginnt. Dann schellt bei Miss Evolution das Telefon. Wir sind so weit, sagt Gott, der Ozean ist flüssig. Packen Sie die Aminosäuren ein, ich will Sie hier in fünf Millionen Jahren sehen!
Und selbst, wenn auf Wasserplaneten kein Leben entstanden wäre, könnte sich dort welches ansiedeln.
Der Gedanke scheint Fachleuten attraktiv genug, um eine ehrgeizige Mission in Gang zu setzen. Noch ist das Geld ein bisschen knapp, doch übt sich die ESA in Zuversicht. Möglichst schnell will man die Eddington-Sonde starten. Dank ihrer helligkeitssensiblen Kameralinsen wird sie in der Lage sein, Lichtschwankungen von einem Zehntausendstel Promille wahrzunehmen. Denn nur darüber lassen sich Planeten aufspüren. Da sie selbst kein Licht emittieren, verraten sie sich einzig über die zeitweilige Verdunklung der Sonne, die sie umkreisen. Wenn sie an ihrem Muttergestirn vorbeiziehen, werfen sie einen Schatten, den die empfindlichen Messgeräte registrieren.
Eddington soll nicht der einzige kosmische Späher bleiben. Die Planetenjäger haben sich viel vorgenommen. Unter dem Projektnamen Darwin werden 2014 — oder früher, wenn möglich — insgesamt acht Raumschiffe das All außerhalb unseres Sonnensystems nach belebten Welten durchstöbern. Vorerst erwartet niemand, dass sie dort landen werden. Noch setzt die Lichtgeschwindigkeit unserem Expansionsdrang eine natürliche Grenze.
Dafür aber kommen die Darwin-Schiffe Wasser- und anderen Planeten via Frequenzanalyse auf die Spur. Angenommen, ein Planet hat eine Atmosphäre. Dann wird das Licht darin vielfach gebrochen. Aus den abgestrahlten Wellenlängen errechnet der Computer, welche chemischen Bestandteile die Gashülle enthält und wie
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