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Nacht aus Rauch und Nebel

Nacht aus Rauch und Nebel

Titel: Nacht aus Rauch und Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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Halsbeuge meiner Mutter. »Ich dachte, du wärst tot! All die Jahre … Wieso hast du uns nur alleingelassen?«
    Meine Mutter seufzte. »Ich hatte keine andere Wahl, Kasimir. Das Nichts und ich haben zu viel Schaden angerichtet und wir tun es noch. Ich konnte mit dieser Schuld nicht bei euch bleiben.« Ihr Blick wanderte an meinem Vater und mir vorbei zum Eisernen Kanzler. »Bitte, fang endlich an«, bat sie ihn. Das Mahlen und Knirschen schwoll an. Ganze Felsbrocken plumpsten nun in den See. Das Fundament der Pyramiden brach über unseren Köpfen zusammen. Fluvius und Mafalda Grindeaut beugten sich schützend über die Ampullen mit der Dunklen Materie, während Marian meinen Vater von der Liege wegführte. Es war so weit. Meine Hand schloss sich fester um den Weißen Löwen. »Tun wir es«, schrie ich dem Eisernen Kanzler zu.
    »Zuerst will ich meinen Finger sehen«, forderte dieser.
    Ich zupfte meinen Vater am Ärmel, aber der reagierte noch immer nicht. Auch nicht, als ich die Taschen seines Mantels durchsuchte, bis ich den kleinen Knochen schließlich ertastete. Ich streckte ihn dem Eisernen Kanzler entgegen.
    »Hier ist er«, rief ich. Aber als er danach greifen wollte, verstaute ich ihn vorsorglich in meiner Hosentasche. »Ich werde ihn behalten, bis alles vollbracht ist«, erklärte ich ihm und seufzte. Mein Vater war mal wieder zu nichts zu gebrauchen. Eigentlich hatte ich verhindern wollen, Stein und Finger gleichzeitig bei mir zu tragen, damit sich nicht beide Dinge, die der Kanzler mehr begehrte als alles andere, in meinem Besitz befanden. Doch Alexander von Berg zuckte nur mit den Achseln. »Von mir aus.« Er machte sich daran, gläserne Saugnäpfe an den Schläfen und auf der Brust meiner Mutter zu befestigen. Nach und nach klemmte er die Schläuche und Röhrchen daran.
    Wieder erbebte die Erde. Marian schlang die Arme um meine Taille und verhinderte, dass ich stolperte, während Madame Mafalda ihren Bruder davor bewahrte, in den See geschleudert zu werden. Mein Vater suchte hinter der Kiste des Großmeisters Schutz. Ylvas Seele stieß ein ohrenbetäubendes Brüllen aus, als das lackschwarze Wasser zwischen uns zu brodeln begann. Die eisigen Fluten warfen Blasen, zischten sogar!
    »Ich bräuchte dann jetzt den Weißen –« schnarrte die Stimme des Eisernen Kanzlers neben uns.
    In diesem Moment zerbarst der See.
    Etwas in der Tiefe darunter brach weg. Die Wasseroberfläche zersprang in tausend Scherben, von denen eine jede das gleiche, grauenhafte Bild zeigte: nichts.
    Das Nichts war gekommen. Wie eine Rauchsäule wuchs es am anderen Ende des Sees aus den Wellen empor. Dick wie ein Mammutbaum schraubte es sich in die Höhe, durchbohrte die gewölbte Decke der Grotte und alles, was sich darüber befand. Vielleicht sogar den Himmel.
    Und es kam nicht allein.
    In den Schwaden hingen entstellte Gesichter und flatterndes Haar. Geister. Sie mussten uns gefolgt sein. Ihre flackernden Arme reichten bereits gefährlich nahe an das Ufer heran, an dem sich Amadé und Marians Schwester befanden. Ylva verstand nicht, was vor sich ging, und tobte vor Angst. Amadé stemmte sich gegen die stampfende Ylva und wollte sie wieder zurück in ihre Höhle drängen, doch das Monster war stark und Amadé unachtsam. Sie lehnte sich gegen den schuppigen Leib, um ihn von der Felskante wegzuschieben. Dabei geriet ihr langes Haar in den Sog des Nichts. Dürre Finger verfingen sich darin. Zerrten. Rissen. Das Nichts toste.
    Amadé schrie auf, ihr Rücken bog sich auf den See hinaus. Sie verlor den Boden unter den Füßen.
    »NEIN!«, brüllte ich und wollte losstürzen. »Amadé!« Aber Marian hielt mich zurück.
    »Du kannst nichts tun«, sagte er. »Wir können ihr nicht mehr helfen. Ihr nicht und auch Ylva nicht, wenn sie nicht endlich abhaut.« Der Schmerz, der in seinen Worten lag, bohrte sich in meine Brust wie ein Messer. Das rasselnde Atmen der Geister ertönte, es schien voller Vorfreude zu sein. Nun griffen die Knochenhände auch nach Amadés Gesicht, ihren Schultern.
    Ohne Vorwarnung sprang Fluvius Grindeaut ins Wasser. Er versuchte, zu seiner Tochter hinüberzuschwimmen, doch die Strömung, die das Nichts verursacht hatte, ließ ihn immer wieder abtreiben. Dann verschwand Amadés Körper im Nichts. Der Nebel umhüllte sie wie ein Kokon, bis wir sie nicht mehr sehen konnten.
    »Amadé!«, flüsterte ich. Das Tosen des Nichts war plötzlich fern, als hätte ich meinen Kopf in den lackschwarzen See gesteckt. Ich hörte

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