Nacht der Dämonen
leerer Luft hing. Das hintere Ende war außerhalb der Höhle, in der Dunkelheit nicht zu sehen, doch das vordere war auf Peth gerichtet und schien der Grund seines heftigen Zitterns zu sein. Während sie ihn wie erstarrt beobachtete, begann ein rotes Glühen Peths Kopf einzuhüllen. Im Schein seiner Fackel sah sie, dass ihm der Schweiß in Strömen über das Gesicht rann, und dass jeder Muskel seines Körpers heftig um Kontrolle zu kämpfen schien. Das rote Glühen verstärkte sich. Auf Peths Stirn und am Hals quollen die Adern hervor.
Mitra! Das Erdvolk!
Sie stand auf und zog das Schwert, bereit loszuspringen und diesen Fühler roten Dunstes zu durchtrennen. Doch kaum dachte sie daran, vernahm sie im Kopf einen dringenden Befehl:
»Tut es nicht!«
War es Peths Stimme – oder Saurebs?
So folgte sie nicht ihrem Instinkt, und nach einem langen, atemraubenden Augenblick minderte sich Peths Zittern genau wie das rote Glühen, und der Fühler roten Dunstes schien sich aufzulösen oder zurück aus der Höhle gezogen zu werden.
Ein neuer Blick zeigte ihr, dass Peth wieder reglos wie zuvor mit seiner Fackel über Saureb kauerte. Mit diesem Bild noch vor ihrem inneren Auge wurde sie wie von einer unsichtbaren Macht in den Schlaf zurückgezogen, und während sie einschlummerte, fragte sie sich, ob die Sache mit dem roten Fühler wirklich geschehen war oder sie nur geträumt hatte.
Als Sonja das nächste Mal erwachte, drang bereits das erste Grau des Morgens in die Höhle. Peth hielt nicht mehr Wache über Saureb, und der Zauberer selbst atmete sichtlich regelmäßig wie in natürlichem Schlaf.
Auch Peth schlief – wie sie jetzt sah – zusammengekauert in einer Ecke der Höhle, am Fußende von Saurebs Deckenlager.
Sonja stand auf, warf einen Blick auf die erlöschende Glut des Feuers, und ging zum Höhleneingang. Kein rotes Glühen hing mehr über der Stadt, nur ein dünner Rauchschleier, wie von einem ersterbenden Feuer. Sie trat hinaus auf das Sims, um nach ihrem Pferd zu sehen – und erinnerte sich, dass ja Tiamu es mitgenommen hatte – vor einer Ewigkeit, wie es ihr nun schien.
Tiamu …
Sie kehrte in die Höhle zurück. Peth war inzwischen ebenfalls aufgewacht und untersuchte gerade den schlafenden Saureb. Der Student der Magie blickte zu ihr hoch.
»Saureb geht es wieder gut«, versicherte er ihr. »Sein Geist kehrte sicher zurück.«
Sonja nickte. »Ihr seid die ganze Nacht wach geblieben und habt ihn beschützt, nicht wahr?«
»Ja, bis zum Morgengrauen.«
»Ich wachte irgendwann einmal in der Nacht auf, Peth - Euer Stöhnen weckte mich. Ihr habt in Eurer Trance gekämpft.«
»Einer vom Erdvolk machte einen letzten Versuch, Saureb zu holen. Doch jetzt sind sie alle fort.«
»Fort?« Sonja runzelte die Stirn. »Wohin?«
Peth zuckte die Schulter. »Fort von der Erde – zurückgekehrt zu dem großen Stern Kaiphal, von dem sie gekommen waren. Der Urgott Omidom hatte sie erschaffen, damit sie Seelen auf anderen Welten für ihn sammeln, um seinen ungeheuren Hunger zu stillen. Sie waren nicht für die Erde bestimmt gewesen, die ohnedies bereits von ihren eigenen Schmerzensdämonen beherrscht wird, sondern strandeten hier nur durch einen unglücklichen Zufall. Nun sind sie endlich zu ihrem Herrn zurückgekehrt, um sich mit ihm an dem Seelenschmaus zu ergötzen, den sie von hier mitnahmen.«
Peth machte sich daran, alles am Boden herumliegende Essbare aufzuklauben, und Brotlaibe, einige Früchte und Käsestücke auf einen Stuhl zu legen. In einer Ecke der Höhle fand er sogar noch eine heile Kanne voll Wein.
Sonja sah ihm ungeduldig dabei zu. Irgendwie ging es ihr gegen den Strich, dass dieser Student der Magie, wie er sich nannte, so gleichmütig über etwas so Entsetzliches sprach. »Was ist dann mit der Stadt, Peth, wenn der Erdvolk jetzt für immer fort ist?«
»Die Stadt ist vernichtet.«
»Vernichtet? Die Menschen – alles in der Stadt?«
»Den Häusern ist nichts passiert – außer denen, die von den Menschen zerstört wurden. Auch die Leute, die aus der Stadt flohen, ehe das Erdvolk angriff, haben überlebt. Doch alle in der Stadt fielen ihm zum Opfer. Die Kreaturen stillten ihren sie so lange quälenden Hunger.«
»Wie könnt Ihr nur so ruhig darüber sprechen?« Sonjas Stimme hob sich. »Wie könnt Ihr so sprechen, wenn Tausende von Menschen …«
»Warum seid Ihr so verärgert?« fragte Peth.
»Verärgert?« schrie Sonja. »Weil Ihr ein Zauberer seid! Weil Ihr Saurebs Leben
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