Nacht der Hexen
demütigender war, und es ist mit Sicherheit keine Geschichte, von der ich mir wünschen würde, dass sie eine weitere Verbreitung findet.«
»Meine Lippen sind versiegelt.«
»Eve hat Magierformeln gegen mich zum Einsatz gebracht, und ich kann von Glück reden, dass ich mit dem Leben davongekommen bin. Ihre Fertigkeit darin ging weit über die der meisten Magier hinaus. Deshalb hat Isaac Katzen auch gerade sie rekrutieren wollen.«
»Indem er sie letztes Jahr gekidnappt hat, meinst du.«
»Genau das. Eine unkluge Vorgehensweise. Auch hier bewegen wir uns wieder im Bereich des Hörensagens, aber in Anbetracht meiner eigenen Erfahrungen mit Eves Kräften neige ich dazu, der Geschichte Glauben zu schenken. Es heißt, Eve habe nur einen einzigen Tag in Gefangenschaft verbracht, bevor ihre Gefängniswärter sie umgebracht haben. Katzen war davon ausgegangen, dass seine eigenen Kräfte die Kräfte selbst der stärksten Hexe übertreffen würden, und hatte die Menschen glauben gemacht, Eve würde einfach zu handhaben sein. Sie waren auf ihren Grad von Professionalität nichtvorbereitet, und angesichts der sehr realen Gefahr, sowohl sie selbst als auch Savannah wieder zu verlieren, haben sie sich dafür entschieden, sie umzubringen und nur das leichter kontrollierbare Kind zu behalten. Wobei der größte Fehler war, Savannah überhaupt mitgenommen zu haben. Man treibt eine Löwin nicht zusammen mit ihrem Jungen in die Enge.«
»Glaubst du … ich meine, als du mit Eve zu tun hattest – hast du eine Vorstellung von ihr als Mutter bekommen? Hat sie Savannah gut behandelt?«
»Ich habe Savannah nie zu Gesicht bekommen. Nach allem, was ich gehört habe, war das charakteristisch. Niemand außerhalb von Eves unmittelbarem Freundeskreis durfte mit dem Kind zu tun haben. Ich bin mit Sicherheit nicht qualifiziert, es zu beurteilen, aber anhand dessen, was ich von Savannah gesehen habe, würde ich davon ausgehen, dass Eve eine ordentliche Mutter war und vielleicht besser als ordentlich. In mancher Hinsicht wäre es von Vorteil, wenn Eve in ihrer Mutterrolle nachlässiger gewesen wäre. Savannahs Bindung an ihre Mutter ist sehr stark – das musst du im Gedächtnis behalten. Wenn du dich gegen schwarze Magie aussprichst, sprichst du dich gegen Eve aus.«
»Ich muss eine bessere Vorstellung von Eve bekommen, das ist mir klar.« Ich machte eine Pause. »Aber ich kann doch nicht – es ist nicht – das sind nicht die Prinzipien, nach denen ich erzogen wurde. Ich weiß schon …«
Ich sah zu Cortez hinüber. Sein Blick war auf mich gerichtet; er wartete mit einer Mischung von ruhigem Interesse und Verständnis, und ich wünschte mir, weiterzusprechen.
»Ich hätte mit ihr über diesen Verwirrzauber reden sollen«, sagte ich. »Ich hätte ihr erzählen sollen, was beim letzten Mal
passiert ist. Wir hätten besprechen sollen, wann man den einsetzen kann und wann nicht. Ich
weiß
das, ich sehe das alles sehr genau – aber ich bringe es nicht fertig. Schwarze Magie …«
Ich sah nach unten und zupfte an dem Pflaster auf meiner Handfläche herum. Cortez beobachtete mich nach wie vor, immer noch mit dem gleichen Ausdruck geduldigen Abwartens im Gesicht.
»Es ist nicht – meine Mutter hat mir beigebracht – ich bin dazu erzogen worden, schwarze Magie als schlecht zu betrachten. Immer. Keine Ausnahmen. Und jetzt sehe ich Ausnahmen, aber –« Ich drückte die Hände auf die Augen.
»Herrgott, ich bin vielleicht müde. Ich glaub’s nicht, was ich da zusammenfasele.«
»Du faselst n…«
Ich unterbrach ihn, indem ich den Abschirmzauber auflöste, und rappelte mich dann vom Sofa auf. »Du schläfst heute Nacht hier, nehme ich an?«
»Ja, ich nehme an, das wäre das Beste. Aber –«
»Komm, ich zeige dir, wo ich die Sachen für Gäste habe.« Ich ging in Richtung Flur. »Zusätzliche Zahnbürsten habe ich … unparfümiertes Deo müsste auch da sein.«
»Das ist nicht nötig, Paige. Ich habe die Satteltaschen von meinem Motorrad mitgebracht; ich habe alles für eine Übernachtung dabei.«
»Sind sie draußen im Auto?«
»Ja, ich kann sie nachher holen. Ich weiß, dass das schwierig ist für dich, Paige. Wenn du darüber reden willst –«
»Ich hab dich schon fast zu Tode geredet, oder?« Ich zwang mir ein Lachen ab, trat hinaus in den Vorraum und nahm meine Schlüssel vom Schlüsselbrett. »Hier sind die Autoschlüssel.Geh deine Satteltaschen holen, und ich beziehe inzwischen das Schlafsofa. Im Badezimmerschrank sind
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