Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nacht der Hexen

Titel: Nacht der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
Vom Netzwerk:
gekommen, dass es die Mühe einfach nicht wert war. Niemand gab Interviews. Ich kam nicht aus dem Haus. Auf dem städtischen Friedhof standen die Toten nicht auf. Es gab in East Falls nichts, das das Ansehen wert gewesen wäre. Im Moment jedenfalls.
    »Das ist Blödsinn«, sagte Savannah und wischte die Papiere auf den Boden. »Die Leute sind nicht deswegen verschwunden. Sie sind meinetwegen gegangen. Wegen meiner Formel.«
    »Deine Formel hat vielleicht ein paar von ihnen verscheucht«, sagte Cortez. »Aber unter normalen Umständen hätte derlei die öffentliche Aufmerksamkeit nur verstärkt. Ja, ein paar wären gegangen – diejenigen, die lediglich Opfer der Formel geworden sind und keine aktive Rolle bei den Ausschreitungen gespielt haben. Ein Verwirrzauber verstärkt gewalttätige Neigungen. Diejenigen, denen ein solcher Ausbruch gewalttätiger Emotionen Spaß gemacht hat, wären geblieben. Und es wären weitere dazugekommen – der Typ Leute, der auf eine Wiederholung hofft. Ohne diese Schneidetaktik wäre die Situation nur schlimmer geworden. Ich weiß, dass du dir nicht über alle Auswirkungen der Formel im Klaren warst, die du gesprochen hast.«
    Ihr Blick wurde hart. »Ich hab genau gewusst, was ich tue, Magier.«
    »Rede gefälligst nicht so mit ihm«, sagte ich.
    Cortez hob die Hand. »Du hast sie nicht verstanden, Savannah. Ich weiß das. Niemand macht dich verantwortlich –«
    »Ich
bin
aber verantwortlich! Ich bin sie losgeworden. Ich! Ihr – ihr beide – ihr habt ja keine Ahnung –« Sie packte die Tischdecke und zerrte daran; Geschirr krachte auf den Boden. Dann drehte sie sich um und stelzte davon.
    Als ich aufstand, um ihr zu folgen, klingelte es an der Tür.
    »Herrgott noch mal!«, sagte ich. »Hat das eigentlich nie ein Ende?«
    »Lass mich an die Tür gehen. Ignorier Savannah im Augenblick ganz einfach.«
    Er ging zur Haustür. Ich folgte ihm.
    Cortez überredete mich, hinter der Gangecke zu warten, während er die Tür öffnete. Ich hasste das Gefühl, dass ich mich versteckte, aber er hatte nicht ganz Unrecht. Es hingenimmer noch neun oder zehn Leute auf dem Rasen herum, die darauf warteten, dass ich mich zeigte. Nach dem Tumult am Abend zuvor konnte ich mir nicht noch einen Zwischenfall leisten.
    »Guten Morgen, Officer«, sagte Cortez.
    Ich sackte gegen die Wand. Was war denn jetzt schon wieder los? Ich hatte in den letzten paar Tagen mehr Polizisten zu sehen bekommen als bei einem
Law & Order
-Marathon-Wochenende.
    »Jugendamt«, sagte der Beamte. »Sie wollen mit Miss Winterbourne reden. Ich dachte, ich bringe sie besser bis an die Tür.«
    Was konnte ich im Moment noch weniger brauchen als einen Besuch von der Polizei? Einen Besuch vom Jugendamt.
    »Ich glaube, der ausgemachte Termin war heute Nachmittag«, sagte Cortez. »Wir wissen Ihr Interesse an Savannahs Wohlergehen wirklich zu schätzen, aber ich muss Sie trotzdem bitten, zum ausgemachten Zeitpunkt noch einmal zurückzukommen. Es ist hier gestern Abend zu einem Zwischenfall gekommen, einem sehr verstörenden Zwischenfall, und wie Sie sich sicher vorstellen können, hat meine Mandantin eine unruhige Nacht verbracht und ist auf Besucher noch nicht vorbereitet.«
    »Dieser ›Zwischenfall‹ ist der Grund dafür, dass wir früher gekommen sind«, antwortete eine Frauenstimme. »Wir machen uns Sorgen um das Kind.«
    Das Kind? Ach ja, richtig – meine liebende Schutzbefohlene, die sich zurzeit gerade in ihrem Zimmer verbarrikadiert hatte. O Gott. Würden sie mit Savannah reden wollen? Natürlich würden sie das. Deshalb waren sie schließlich hier – um meine erzieherischen Fähigkeiten unter die Lupe zu nehmen.Ich hätte gelacht, wenn ich den Tränen nicht so nahe gewesen wäre.
    Cortez argumentierte noch mehrere Minuten lang, aber es war bald unverkennbar, dass seine Überzeugung ins Wanken geriet. Ich konnte es ihm nicht übel nehmen. Wenn wir uns weigerten, die Leute hereinzulassen, würden sie glauben, wir hätten etwas zu verbergen. Gut, wir
hatten
ja auch etwas zu verbergen. Eine ganze Menge, um genau zu sein. Aber der Himmel wusste, wenn wir sie jetzt nicht hereinbaten, würde es vielleicht noch schlimmer werden, wenn sie zurückkamen.
    »Es ist schon in Ordnung«, sagte ich, während ich in den Vorraum hinaustrat. »Kommen Sie doch bitte herein.«
    Eine Frau Anfang fünfzig mit rotbraunem Kurzhaarschnitt stellte sich mir als Peggy Dare vor. Den Namen der verschüchterten Blondine neben ihr verstand ich nicht. Es kam

Weitere Kostenlose Bücher