Nacht der Versuchung
Jahr nicht mehr bewohnt! Da muß doch einer heimlich übernachtet haben. Vielleicht ein Landstreicher, der eine Zigarettenkippe weggeworfen hat. Himmeldonnerwetter!«
»Ich habe den Feuerschein nur durch Zufall gesehen.« Der nächste Nachbar, ein Fabrikant aus Lübeck, wischte sich den Schweiß vom rußgeschwärzten Gesicht. »Ich ging zur Toilette und wunderte mich, daß der Himmel so hell war. Wir haben doch keinen Vollmond, denke ich und sehe hinaus. Und da steht das Fürst-Haus in hellen Flammen. Das ganze Dach brannte schon. Da habe ich alles alarmiert – aber zu retten war ja nichts mehr.«
Zwei Stunden lang schleuderten die Spritzen Wassermassen in die noch immer glimmenden Trümmer. Nun war auch der Polizeiposten aus Hellerbrode gekommen. Er hatte bereits Lübeck verständigt. Beamte des Branddezernats waren unterwegs.
»Es sieht verdammt nach Brandstiftung aus«, sagte der Polizist, als er sich auch den Bericht des Nachbarn anhörte. »Von allein brennt so ein Haus ja nicht. Und Kurzschluß? Wie soll der entstehen, wenn keiner drin wohnt? Wird schon stimmen, das mit dem Landstreicher. Wird wohl wieder ein Fall werden, der nie geklärt werden kann.«
Niemand sah in der allgemeinen Aufregung, wie eine schmale Gestalt in einem dunklen Kleid sich durch den Kiefernwald entfernte, ein paar hundert Meter weiter in einen Wagen stieg und wegfuhr. Und auch der Portier des Hotels ›Dünenrose‹ in Hellerbrode wunderte sich nicht, daß die junge Dame so spät nach Hause kam, denn die Saison hatte ja begonnen, und im nahen Grömitz war jeden Abend Tanz.
Er sagte sogar: »Haben Sie schon gehört … am Strand brennt es. Die Feuerwehr ist ausgerückt! Soll total ausgebrannt sein, das Haus.«
»Ach, so was!« sagte die junge Dame und strich sich die blonden Locken aus der erhitzten Stirn. »Man ist nirgendwo sicher …«
Dann ging sie auf ihr Zimmer. Schläfrig griff der Nachtportier nach seinem Kriminalroman, der ihm die lange Nacht kürzer werden ließ. Und es war bestimmt nur seine Schläfrigkeit daran schuld, daß er auf der Stirn der jungen Dame den grauschwarzen Rußfleck übersehen hatte.
*
Klaus Blankers kehrte früher aus Prag zurück, als Margit erwartet hatte. Als er vor seiner Villa vorfuhr, stieß er mit dem Häusermakler Hatjes zusammen, der auch gerade gekommen war und schon geklingelt hatte.
»Ah! Das trifft sich gut!« sagte Blankers. »Sie wollten zu meiner Frau?«
»Bitte, verraten Sie mich nicht, Herr Blankers«, sagte Hatjes leise. Er war blaß und sichtlich erregt. »Es ist etwas Tolles passiert … Das Haus …«
Die Tür öffnete sich. Margit selbst stand in der großen Diele und sah Klaus und den Makler ohne eine Spur von Erschrecken an. Es war, als sei sie in diesen drei Tagen ein völlig anderer Mensch geworden. Ihre Augen leuchteten fröhlich.
»Du bist schon zurück?!« rief sie und küßte Blankers ungeniert auf den Mund. »Das ist schön! Es war furchtbar langweilig, als du nicht da warst.« Und zu Hatjes gewandt, sagte sie: »Und Sie, lieber Herr Hatjes, was bringen Sie Schönes? Neues von der Ostsee? Weißt du, Klaus, wir haben jetzt auch ein Haus an der Ostsee …«
»Sie hatten eins, gnädige Frau.« Hatjes wischte sich über das Gesicht. »Es ist vergangene Nacht abgebrannt. Bis auf die Grundmauern.«
»So ein Pech!« sagte Blankers und sah Margit tief in die fröhlichen Augen.
»Es war Brandstiftung!« keuchte Hatjes. »Die Leute vom Branddezernat aus Lübeck haben Spuren von Benzin am Holz festgestellt. Jemand hat das Haus mit Benzin angezündet.«
»Das ist wirklich eine Gemeinheit.« Margit sah an Klaus vorbei auf Hatjes. »Hat die Polizei schon einen Verdacht?«
»Gar keinen! Es wird wohl auch nie geklärt werden, wer das Haus angesteckt hat.« Hatjes atmete ein paarmal tief durch.
Häusermakler Hatjes bekam zum Trost und zur Rettung seines inneren Gleichgewichts ein paar Kognaks und fuhr dann geknickt wieder ab.
Margit saß mit angezogenen Beinen im Kaminsessel, als Blankers von der Halle ins Zimmer zurückkehrte und sich an den Kamin lehnte. Sie sah in das Kognakglas und lächelte vor sich hin.
»Man sagt, daß das Feuer die größte reinigende Kraft besitzt«, sagte Blankers leise.
»Ja«, antwortete Margit und hob den Kopf. In ihren Augen tanzte das Licht innerer Freude. »Nun ist alles weggebrannt. Nun gibt es nichts mehr … nur dich und mich …« Sie schlang die Arme um den Nacken ihres Mannes, als er sich zu ihr niederbeugte und sie küßte. »Warum
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