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Nacht der Versuchung

Nacht der Versuchung

Titel: Nacht der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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uns allen klar, nicht wahr, Herr Blankers?«
    Blankers nickte. »Ja«, sagte er heiser. »Ja ja …«
    »Der Brief liegt vor. Asservat Nummer eins, Liste drei.«
    »Verzichten wir auf das alles, Holden«, sagte Dr. Hochheuser jovial. »Schildern wir nur die Dinge.«
    »Bitte, Herr Präsident.« Holden sah wieder in seine Akten. »Die Fürst rief Pommer an und machte ein Treffen aus. Sie versprach, den verfänglichen Brief mitzubringen. Es war der Tag, an dem Herr Bernhardt mit Pommer zusammenstieß.«
    »Wie vornehm! Erschossen habe ich ihn!«
    »Die Fürst kam nicht zu dem Treffen, sie hat auch nie einen solchen Brief geschrieben, weil es damals keine Augenzeugen gab. Sie kam zu Pommer in das Hotel, in dem er logierte, und verschaffte sich mit einem ganz einfachen Trick Einlaß in sein Zimmer: Sie gab sich als Botin der Schneiderei Wormszek aus und solle bei Pommer einen Anzug zur Reparatur abholen. Die Schneiderei Wormszek – W. ist Exilpole – ist in Hamburg sehr bekannt. Das Zimmermädchen schloß also das Zimmer Pommers auf, ließ die Fürst eintreten und kümmerte sich nicht weiter um sie. Das war ein Fehler, aber er ist nun mal passiert. Als das Zimmermädchen später in Pommers Zimmer hineinschaute und keinen mehr sah, schloß sie wieder ab. Um diese Zeit hockte die Fürst im Kleiderschrank, dessen Tür sie, der Luft wegen, einen Spalt aufgelassen hatte. Keiner achtete darauf. Dort saß die Fürst fast eine Stunde, bis Pommer kam. Kurz darauf trat Herr Bernhardt ein und schloß die Türe ab. Dies ging so schnell, daß die Fürst nicht handeln konnte. Sie blieb also im Schrank hocken. Hier habe ich die Zeichnung des Zimmers. Die Tür, links geht es zum Bad, die Bettnische, daneben der Kleiderschrank, dann eine Sitzgruppe mit Tisch, das Fenster, Pommer stand mit dem Rücken zur Tür, etwas schräg zum Kleiderschrank, Sie, Herr Baurat, standen mit dem Rücken zum Fenster, Pommer gegenüber.«
    »Genauso war es«, sagte Bernhardt leise.
    Holden räusperte sich. Er nahm noch einen Schluck Kognak und schilderte dann, was weiter in dem Hotelzimmer geschehen war:
    Ursula Fürst zog den Spalt der Schranktür so eng zu, daß sie nur Pommer sehen konnte, als Baurat Bernhardt eintrat und hinter sich abschloß. Ganz vorsichtig schob sie eine Pistole an die Spalte der Schranktür und wartete.
    Was sie von Baurat Bernhardt hörte, wußte sie ja längst, und es war für sie eine helle Freude, das Entsetzen im Gesicht Pommers zu sehen und Minuten später seine nackte Todesangst und sein jämmerliches Flehen um Gnade.
    Als Pommer um Hilfe schrie, verkrampfte sich ihr Gesicht vor Ekel. Diesen Mann habe ich einmal geliebt, dachte sie. Wahrhaftig, ich liebte ihn. Er war mein erstes Erlebnis, und innerlich bin ich nie wieder von ihm losgekommen. Ich habe ihn gehaßt und gleichzeitig bewundert. Er hatte eine Ausstrahlung, die unheimlich war. Jetzt plötzlich hatte er sich verwandelt in einen hysterisch schreienden Feigling, einen bettelnden Mickerling, ein Brechmittel von einem Mann.
    Ursula Fürst öffnete den Spalt der Schranktür weiter. Sie sah, wie Baurat Bernhardt die Pistole im Anschlag hielt und auf Pommers Brust zielte. Da hob auch sie ihre Waffe, drückte den Abzug fast im gleichen Augenblick durch, in dem Bernhardt schoß. Die beiden Schüsse verschmolzen miteinander; Pommer hörte es nicht mehr, und auch Bernhardt war in dieser Sekunde wie betäubt.
    Pommer fiel in sich zusammen und sank vor der Sitzgruppe zu Boden. Er war tot. Vorsichtig zog Ursula Fürst die Schranktür wieder zu, wartete, bis Bernhardt das Zimmer verlassen hatte, kam dann heraus und beugte sich über Pommer. Sie drehte ihn auf den Rücken und starrte in seine weit aufgerissenen, gebrochenen Augen.
    »Du hast es verdient!« sagte sie und erhob sich von den Knien. Sie schloß den Schrank wieder ab, ordnete im Badezimmer ihre etwas zerzauste Frisur und verließ wenig später das Hotel über die Treppe und durch den Haupteingang wie jeder andere Besucher oder Gast. Niemand beachtete sie. –
    »Nur zwei Fehler hatte sie gemacht«, sagte jetzt Kommissar Holden und schielte zu Baurat Bernhardt hinüber, der ungläubig, mit weiten Augen, in seinem Sessel hockte. »Im Kamm, mit dem sie sich im Badezimmer kämmte, fanden wir ihre rotblonden Haare, und im Kleiderschrank wehte uns ganz schwach der Duft eines Parfüms an, den wir bei der Fürst während der Haussuchung wiederfanden. Daß wir diese Spur überhaupt aufnahmen, verdanken wir zwei Herren Ihrer

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