Nacht des Begehrens - Cole, K: Nacht des Begehrens
wusste, wer oder was er wa r …
Wie sollte sie entkommen ohne jemanden, der ihr half?
Lachlain hörte das kaum wahrnehmbare Quietschen eines Rads, witterte Fleisch und hinkte zur Zimmertür. Ein alter Mann, der einen Wagen den Korridor entlangschob, schrie bei seinem Anblick erschrocken auf und starrte ihn sprachlos an, als Lachlain sich zwei zugedeckte Teller vom Wagen schnappte.
Lachlain schloss die Tür mit einem Fußtritt hinter sich, entdeckte Steaks auf den Tellern und schlang sie runter. Dann überkam ihn eine Erinnerung, und er schlug mit der Faust ein Loch in die Wand. Er bewegte seine schmerzenden Finger und setzte sich auf den Rand des seltsamen Bettes, an einem seltsamen Ort und in einer seltsamen Zeit. Er war erschöpft, und sein Bein schmerzte, nachdem er den Vampir zur Strecke gebracht hatte. Er zog die gestohlene Hose hoch und untersuchte sein langsam verheilendes Bein. Die Haut daran wirkte eingefallen und verkümmert.
Er bemühte sich, die Erinnerung an jenen Verlust zu verdrängen. Aber welche anderen frischen Erinnerungen sollten an deren Stelle treten? Nur die, wie er immer wieder in den Flammen zu Tode gekommen war. Und das, wie er inzwischen wusste, einhundertfünfzig Jahre lan g …
Er erschauerte, ihm brach der Schweiß aus und er begann zu würgen. Mit Mühe gelang es ihm, die Nahrung bei sich zu behalten, derer er so dringend bedurfte. Er zog seine Krallen durch einen Tisch neben dem Bett, um zu verhindern, dass er alles zerstörte, was sich in Reichweite befand.
In der Woche, die seit seiner Flucht vergangen war, war es ihm eine Weile ganz gut gegangen. Er hatte sich auf die Jagd nach ihr und seine Genesung konzentriert und schien sich einzugewöhne n – bis ihn ohne Vorwarnung irgendetwas in Wut und Raserei versetzte. Er war in ein vornehmes Haus eingebrochen, um Kleidung zu stehle n – und dann hatte er alles darin kurz und klein geschlagen. Alles, was er nicht kannte und verstand, hatte er zerstört.
Heute Abend war er schwach gewesen, er hatte nicht klar denken können; sein Bein war immer noch dabei, sich zu regenerieren, und doch war er auf die Knie gegangen, als er ihre Witterung endlich wieder aufgenommen hatte.
Aber anstelle der Gefährtin, die er erwartet hatte, hatte er einen Vampir vorgefunden. Einen zarten, zerbrechlichen weiblichen Vampir. Er hatte schon seit Jahrhunderten nichts mehr von einem lebenden Weibchen gehört. Die Männer hatten sie anscheinend all die Jahre an einem geheimen Ort versteckt gehalten. Offensichtlich hatte die Horde doch nicht alle ihre Frauen umgebracht, wie es der Mythos berichtete.
Und, Gott steh ihm bei, seine Instinkte sagten ihm nach wie vor, dass dieses ätherische Wesen mit dem lichten Haa r … die Seine sei. Der Instinkt in ihm brüllte danach, sie zu berühren und seinen Anspruch auf sie geltend zu machen. Er hatte so lange gewarte t …
Er stützte den Kopf in seine Hände und bemühte sich, nicht wieder blind um sich zu schlage n – die Bestie musste in ihren Käfig zurückbefördert werden. Aber wieso betrog ihn das Schicksal ein weiteres Mal? Er suchte seit über tausend Jahren nach ihr. Und jetzt hatte er sie gefunden, in einer Gestalt, die er derartig hasste und verachtete, dass er sich kaum noch beherrschen konnte.
Ein Vampir. Ihre Art zu leben widerte ihn an. Ihre Schwäche widerte ihn an. Ihr bleicher Körper war zu schmächtig, zu dünn; sie sah aus, als ob sie beim ersten anständigen Fick zerbrechen würde.
Er hatte ein ganzes Millennium lang auf einen hilflosen Parasiten gewartet.
Wieder hörte er das quietschende Rad, das die Tür diesmal sehr viel rascher passierte, aber sein Hunger war zum ersten Mal seit Beginn seines Martyriums gestillt. Mit Nahrung, wie er sie heute Abend zu sich genommen hatte, würde er jede Spur tilgen, die die Folter an seinem Körper hinterlassen hatte. Aber was seinen Geist betra f …
Er war mit der Frau jetzt eine Stunde lang zusammen. Doch es war eine Stunde gewesen, während derer er die Bestie nur zweimal hatte zurückdrängen müssen. Was eine beachtliche Verbesserung darstellte, da seine ganze Existenz eine einzige Qual war, lediglich unterbrochen von Tobsuchtsanfällen. Es hieß, die Gefährtin eines Lykae könne jeden Schmerz lindern. Vorausgesetzt, sie war wirklich seine Gefährtin, dann war jedenfalls klar, was in Zukunft ihre verdammte Aufgabe sein würde.
Aber sie konnte es nicht sein. Sicher war er einer Art Selbsttäuschung verfallen. Diese Vorstellung gefiel ihm.
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