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Nacht in Havanna

Nacht in Havanna

Titel: Nacht in Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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zu verfolgen, leer. Als die »Gavilan« sich dem Ufer näherte, deckte Walls die Positionslampen ab, und O’Brien warf seine Zigarre ins Wasser.
    »Ein recht imposantes Spektakel«, meinte er und gab Arkadi einen schweren Feldstecher. »Jetzt ist Ihre Kubareise komplett.«
    Der Feldstecher war ein Zeiss-Fernglas mit zwanzigfacher Vergrößerung in einem matten Metallgehäuse, und als Arkadi hindurchblickte, schien die Szenerie vor dem Yacht-Club nur wenige Meter entfernt. Eine Gruppe von Frauen mit gelben Schals und Röcken erklomm die Bühne, während eine Combo die Pause mit perkussiven Rhythmen überbrückte, Pfeifen und Glocken, die man selbst auf der »Gavilan« noch hören konnte. Arkadi stellte das Bild der Tribüne scharf, bis er einen großen Mann mit Pilotenbrille im Blick hatte, Erasmos Freund, der Mann, der am Vorabend im paladar Angola einen Toast auf den Havana Yacht Club ausgebracht hatte. Arkadi ließ seinen Blick durch den Feldstecher über die anderen Tribünengäste schweifen. Auf den Ehrenplätzen in der ersten Reihe war ein Platz freigeblieben. Daneben saß ein Mann mit einem grauen Bart, der aussah, als sei er einmal groß gewesen, inzwischen jedoch in seiner steifen grünen Drillichuniform geschrumpft. Er hatte den abwesenden Gesichtsausdruck eines alten Mannes, der auf tausend Enkelkinder blickte, deren Namen er nicht mehr auseinanderhalten konnte.
    Arkadi schwenkte zurück zu dem Küstenschutzboot. Inzwischen sollte Ofelia mit irgend jemandem Kontakt aufgenommen haben, und obwohl die »Gavilan« tief im Wasser lag, nahm Arkadi an, daß sie auf dem Radarschirm des Küstenschutzboots auftauchen mußte. Ob Ofelia die Besatzung alarmiert hatte oder nicht, die »Gavilan« war jetzt nur noch etwa vierhundert Meter von der Bühne entfernt. Entweder das Küstenschutzboot an dem Anlegesteg würde auslaufen, um die »Gavilan« zu überprüfen, oder ein anderes Patrouillenboot nahte aus einer anderen Richtung. Arkadi war überrascht, daß sie noch nicht per Funk aufgefordert worden waren, sich zu identifizieren.
    »Das Wunderbare an Ihnen, Arkadi, ist, daß Sie auf eine geradezu selbstmörderische und unersättliche Weise neugierig sind«, sagte O’Brien. »Das Was war Ihnen nicht gut genug, Sie mußten wissen, warum. Als Sie an Bord dieses Bootes gekommen sind, müssen Sie doch gewußt haben, daß das passieren würde, aber Sie mußten es trotzdem wissen.«
    »Und uns dann vielleicht alles vermasseln«, sagte Walls. »Mit einem lodernden Glorienschein untergehen.«
    »Vielleicht wollten Sie auch eine Nachricht hinterlassen. Gucken Sie auf den Strand links von der Bühne.«
    Arkadi schwenkte das Fernglas und sah Ofelia, die sich von der Menge entfernte. In der Masse hatte er sie übersehen. Sie hatte eine PNR-Marke an ihr weißes Top geklemmt. Er wartete, daß sie sich auf das Küstenschutzboot zubewegen würde. Statt dessen marschierte sie in die entgegengesetzte Richtung. Neben ihr ging der hilfreiche Mostowoi, eine Kameratasche über der Schulter.
    »Was wollen Sie?« fragte Arkadi.
    »Ich habe, was ich will«, erwiderte O’Brien.
    Wall stieß Arkadi an. »Sie verpassen die Vorstellung.« Arkadi schwenkte mit dem Fernglas wieder zur Tribüne und sah, daß der Mann mit der Pilotenbrille eine mannsgroße Puppe mit einem Stock und einem roten Stirnband zu dem leeren Stuhl in der ersten Reihe trug, wo ein Trommler half, sie aufrecht hinzusetzen und ihr Gesicht zu dem Mann rechts von ihr zu drehen. Changö und der Commandante. Arkadi konzentrierte sich auf das Stirnband und den Spazierstock, die anders aussahen als die, die er bei der Puppe im Rosita zurückgelassen hatte. Zunächst erwiderte der Commandante den Blick der Puppe, bevor er aufschaute und mit seinem Freund mit der Pilotenbrille scherzte, der sich lachend an den Rand der Tribüne zurückzog, wo sich Dr. Blas zu ihm gesellte, der einfach zu dynamisch war, um weiter in der Kulisse zu warten. Arkadi schwenkte zurück zu Changö, zu dem grob modellierten Kopf der Puppe, geflickt und übermalt, aber mit den gleichen glänzenden Augen. »Das ist Mord«, sagte Arkadi.
    »Nicht bloß Mord, bitte«, bat O’Brien. »Dies ist die Elimination eines Individuums, das mehr Attentatsversuche überlebt hat als irgendwer sonst in der Geschichte.«
    »Ich finde, das erfordert Respekt«, sagte Walls.
    »Und lassen Sie uns offen sein«, fuhr O’Brien fort, »der Tod dieses Mannes ist das einzige Verbrechen, das hier von irgendeinem Interesse ist. Sie können

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