Nacht über den Wassern
und stützte ihn.
»Sind Sie Eddie?« fragte der Mann.
Eddie erkannte die Stimme wieder; er hatte sie bereits am Telefon gehört. Auch der Name des Mannes fiel ihm wieder ein: Vincini. Er bereute jetzt, daß er ihn beleidigt hatte, denn er brauchte seine Kooperationsbereitschaft. »Ich will Ihnen helfen, Vincini«, sagte er. »Wenn Sie wollen, daß alles reibungslos über die Bühne geht, lassen Sie sich von mir helfen.«
Vincini sah ihn kalt abschätzend an. »In Ordnung«, sagte er schließlich. »Aber eine falsche Bewegung, und Sie sind ein toter Mann.« Er klang kurz angebunden und geschäftsmäßig, nichts deutete darauf hin, daß er persönlichen Groll gegen Eddie hegte: Er hatte jetzt zweifellos zu viel anderes im Kopf, um an vergangene Auseinandersetzungen zu denken.
»Kommen Sie rein und warten Sie hier, bis ich die anderen herübergeholt habe.«
»Okay.« Vincini drehte sich um. »Joe – du springst als nächster. Dann Kid. Die Frau zum Schluß.« Er kletterte in den Bug hinunter.
Eddie, der ihm mit dem Blick folgte, sah Captain Baker die Leiter zum Flugdeck hinaufklettern. Da zog Vincini seine Waffe und befahl: »Stehengeblieben, Sie da!«
»Tun Sie um Himmels willen, was er sagt, Captain, mit diesen Kerlen ist nicht zu spaßen!« rief Eddie.
Baker sprang von der Leiter und hob die Hände.
Eddie wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Boot zu. Der schmächtige Mann namens Joe stand an der Reling und sah aus wie der leibhaftige Tod. »Ich kann nicht schwimmen!« krächzte er.
»Das brauchen Sie auch nicht«, sagte Eddie und streckte ihm seine Hand entgegen.
Joe sprang, erwischte Eddies Hand und stolperte beinahe Hals über Kopf in den Bug.
Nun war der Junge an der Reihe. Da er mitbekommen hatte, wie sicher die beiden anderen gelandet waren, überkam ihn der Leichtsinn. »Ich kann auch nicht schwimmen«, bekannte er grinsend, sprang zu früh ab, landete eben noch auf der Plattformkante, verlor das Gleichgewicht und drohte, hinüber zu kippen. Eddie beugte sich vor, hielt sich mit der Linken am Tau fest, packte den Jungen am Hosenbund und zog ihn auf die Plattform hinauf.
»Danke, Mann!« sagte der Junge und tat, als hätte ihm Eddie nur eben mal unter die Arme gegriffen und nicht das Leben gerettet.
Nunmehr stand Carol-Ann allein an Deck des Bootes. Mit angstvollen Blicken starrte sie auf die Plattform. Gewöhnlich gehörte sie ganz und gar nicht zu den Überängstlichen, doch jetzt hätte Eddie schwören mögen, daß ihr das Beinahe-Malheur von Kid an die Nieren gegangen war. Eddie lächelte ihr aufmunternd zu und sagte: »Mach‘s wie die anderen, Liebling. Das schaffst du leicht.«
Sie nickte und griff nach dem Tau.
Eddie wartete, und das Herz schlug ihm bis zum Halse. Der Wellengang brachte das Boot auf die gleiche Höhe mit der Plattform, doch Carol-Ann zögerte zu lange, verpaßte ihre Chance und wurde noch ängstlicher. »Nimm dir Zeit!« rief Eddie mit gedämpfter Stimme, damit sie ihm seine eigene Angst nicht anmerkte. »Warte, bis du soweit bist.«
Das Boot glitt hinab und hob sich wieder. Carol-Anns Gesicht nahm einen entschlossenen Zug an, die Lippen zusammengepreßt, die Stirn gerunzelt. Das Boot trieb beinahe einen halben Meter von der Plattform ab, so daß der Abstand gefährlich groß wurde. Eddie rief: »Vielleicht nicht gerade jetzt…«, aber da war es schon zu spät. Ihr fester Entschluß, Mut zu beweisen, hatte sie bereits zum Absprung getrieben.
Die Plattform erreichte sie nicht.
Statt dessen hing sie hilflos am Tau, schrie vor Entsetzen auf und suchte mit den Beinen Halt in der Luft. Eddie mußte tatenlos zusehen, wie das Boot ins Wellental hinabglitt und Carol-Ann immer weiter von der Plattform fortriß. »Halt dich fest!« brüllte er, und seine Stimme überschlug sich. »Du kommst wieder hoch!« Für den Fall, daß ihr das Tau entglitt, war er jederzeit bereit, ihr nachzuspringen.
Aber sie hielt sich mit aller Kraft fest, während die Dünung sie mit sich in die Tiefe zog und wieder hinauftrug. Auf Höhe der Plattform streckte sie ein Bein aus, ohne jedoch die Kante zu erreichen. Eddie ließ sich auf die Knie nieder und griff nach ihr, wobei er beinahe das Gleichgewicht verloren hätte und selbst ins Wasser gefallen wäre. Ihr Bein bekam er nicht zu fassen, und die nächste Welle riß sie wieder hinab. Voller Verzweiflung stieß sie einen Schrei aus.
»Nimm Schwung!« schrie Eddie. »Schwing dich hin und her, während du heraufgetragen wirst!«
Sie hatte ihn
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