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Nacht über den Wassern

Titel: Nacht über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Zeichen, daß er verstanden hatte, und griff nach einem Tau.
    Er war jedoch nicht besonders gut im Werfen und brauchte vier Anläufe, bis Eddie das Tau endlich erwischen konnte.
    Er befestigte es an der Ankerwinde, und die Männer zogen ihr Boot näher an den Clipper heran. Da das Boot um vieles leichter als das Flugzeug war, hob und senkte es sich auch höher und tiefer mit den Wellen: Es an der Maschine zu vertäuen, würde nicht nur schwierig, sondern auch gefährlich werden.
    Plötzlich hörte Eddie Mickey Finns Stimme hinter sich: »Eddie, was, zum Teufel, machen Sie da?«
    Er drehte sich um. Mickey stand im Bug und blickte ihn mit seinem offenen, sommersprossigen Gesicht besorgt an. Eddie brüllte zurück: »Halten Sie sich da raus, Mickey! Ich warne Sie! Wenn Sie sich einmischen, gibt es Mord und Totschlag!«
    Mickey schien es mit der Angst zu tun zu bekommen. »Schon gut, schon gut, wie Sie meinen.« Er zog sich auf das Flugdeck zurück, und seinem Gesicht war deutlich anzusehen, daß er Eddie für verrückt hielt.
    Eddie wandte sich wieder dem Boot zu, das inzwischen ziemlich nahe herangekommen war, und unterzog die drei Männer einer kritischen Musterung. Einer war noch sehr jung, keine achtzehn Jahre alt. Der andere war älter, klein und dünn, und aus seinem Mundwinkel hing eine Zigarette. Der dritte trug einen schwarzen Nadelstreifenanzug und erweckte den Eindruck, als sei er derjenige, der das Sagen hatte.
    Eddie entschied, daß sie zwei Taue brauchten, um das Boot ruhig zu halten. Er legte die Hände wie ein Megaphon vor den Mund und rief: »Noch ein Tau!«
    Der Mann im Nadelstreifenanzug griff nach einem Tau im Bug gleich neben dem ersten. Doch das war unklug: Sie brauchten je ein Tau an beiden Enden des Bootes, so daß ein Dreieck entstand. »Nein, nicht das«, rief Eddie. »Ein Tau von achtern!«
    Der Mann hatte verstanden.
    Diesmal fing Eddie das Tau gleich beim ersten Wurf, zog es in die Maschine und befestigte es an einer der Streben.
    Nun, da zwei Männer die Taue einholten, kam das Boot rasch näher. Plötzlich wurde der Motor abgewürgt, ein Mann im Monteuranzug trat aus dem Steuerhaus und übernahm die Arbeit an den Tauen. Es war offensichtlich ein Seemann.
    Hinter Eddie drang erneut eine Stimme aus dem Bug an sein Ohr. Diesmal war es Captain Baker. »Deakin, das ist Befehlsverweigerung!« sagte er.
    Eddie schenkte ihm keine Beachtung und betete darum, daß er nur noch wenige Sekunden aus dem Weg bliebe. Das Boot war nun so nahe, wie es gefahrlos kommen konnte. Der Skipper wand die Taue straff um die Deckpfosten, achtete aber darauf, daß dem Boot bei dem hohen Wellengang noch ausreichend Spielraum blieb. Wenn die Männer an Bord des Clippers gelangen wollten, mußten sie bei dem ständigen Auf und Ab der Wellen einen Moment abpassen, in dem sich das Deck mit der Plattform auf gleicher Höhe befand, und dann hinüberspringen. Das Tau, das vom Heck des Schnellboots in den Bug des Clippers führte, konnte ihnen dabei helfen, das Gleichgewicht zu wahren.
    Baker brüllte: »Deakin! Kommen Sie sofort wieder herein!«
    Der Skipper öffnete eine Pforte an der Reling, und der Gangster im Nadelstreifenanzug machte sich zum Sprung bereit. Da spürte Eddie, wie Captain Baker von hinten an seiner Jacke zerrte. Der Gangster sah es und griff in sein Jackett.
    Eddies größte Befürchtung war, einer seiner Kollegen könne versuchen, den Helden zu spielen und dabei eine Kugel in den Kopf bekommen. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als ihnen von dem Patrouillenboot der Marine erzählen zu können, das Steve Appleby auf den Weg geschickt hatte – doch die Gefahr, daß sich einer von ihnen unabsichtlich verplapperte und die Banditen damit warnte, war zu groß. Es blieb ihm also nichts anderes übrig, als zu versuchen, stets Herr der Lage zu bleiben.
    Er drehte sich zu Baker um und brüllte: »Aus dem Weg, Captain!« Diese Schweine sind bewaffnet!«
    Bakers Miene verriet Entsetzen. Er starrte den Gangster an, duckte sich und war verschwunden. Eddie, der sich wieder dem Boot zuwandte, sah eben noch, wie der Mann im Nadelstreifenanzug seine Pistole wieder in der Jackentasche verstaute. O Gott, dachte er besorgt, hoffentlich kann ich verhindern, daß diese Kerle jemanden umbringen. Wenn es Tote gibt, dann ist es meine Schuld.
    Das Boot schaukelte auf dem Kamm einer Welle, so daß das Deck ein wenig höher als die Plattform lag. Der Gangster griff nach dem Tau, zögerte ein wenig und sprang. Eddie fing ihn auf

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