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Nacht über den Wassern

Titel: Nacht über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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gehört, und er sah, wie sie die Zähne zusammenbiß. Die Arme mußten ihr weh tun, doch mit aller Kraft schwang sie sich hin und her, als sich das Boot wieder hob. Eddie kniete nieder und beugte sich vor. Sie kam auf gleiche Höhe mit ihm und holte aus, so weit sie konnte. Eddie griff nach ihr und erwischte Carol-Ann am Knöchel. Sie trug keine Strümpfe. Er zog sie näher zu sich heran und bekam ihren zweiten Knöchel zu fassen, aber sie erreichte die Plattform noch immer nicht mit den Füßen. Das Boot, das den Kamm der Welle erreicht hatte, glitt langsam wieder hinab. Carol-Ann schrie auf, als sie merkte, daß sie mitgerissen wurde, doch Eddie hielt ihre Knöchel fest. Dann ließ sie das Tau los.
    Eddie hielt sie mit grimmiger Entschlossenheit fest. Als sie fiel, wurde er durch ihr Gewicht um ein Haar mit ins Wasser gezogen, aber weil er sich auf den Bauch fallen ließ, konnte er sich auf der Plattform halten. Carol-Ann baumelte kopfüber an seinen Händen. Er konnte sie in dieser Position nicht zu sich hochziehen, doch das Meer half nach. Die nächste Welle drückte zwar ihren Kopf unter Wasser, hob ihren Körper insgesamt aber näher an ihn heran. Er ließ einen Knöchel los und umfaßte mit der freigewordenen Hand ihre Taille.
    Er hatte sie jetzt sicher im Griff. Nach einer kurzen Atempause sagte er: »Jetzt ist alles in Ordnung, Baby, ich hab‘ dich ja.« Carol- Ann prustete und spuckte. Dann zog er sie ganz auf die Plattform hinauf.
    Er hielt sie bei der Hand, während sie sich umdrehte und aufstand. Er half ihr hinein.
    Sie fiel ihm schluchzend in die Arme. Eddie drückte ihren tropfnassen Kopf gegen seine Brust und kämpfte gegen die Tränen an, die ihn zu übermannen drohten. Die drei Gangster und Captain Baker sahen ihn erwartungsvoll an, aber er kümmerte sich zunächst nicht um sie und hielt die heftig schlotternde Carol-Ann fest umschlungen.
    Schließlich sagte er: »Alles in Ordnung, Liebling? Haben diese Schurken dir etwas angetan?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Es ist soweit alles in Ordnung«, sagte sie mit klappernden Zähnen.
    Er blickte auf, und sein Blick kreuzte sich mit dem Captain Bakers. Bakers Blick wanderte von Eddie zu Carol-Ann und wieder zu Eddie zurück. Dann sagte der Captain: »Herrgott, ich glaube, ich begreife langsam …«
    Vincini fuhr dazwischen. »Genug Gerede! Wir haben was zu erledigen.«
    Eddie ließ Carol-Ann los. »In Ordnung. Ich denke, wir sollten uns zuerst um die Besatzung kümmern, damit sie sich beruhigt und sich nicht einmischt. Und dann bringe ich Sie zu dem Mann, hinter dem Sie her sind. Einverstanden?«
    »Ja, aber schnell jetzt.«
    »Mir nach.« Eddie ging zur Leiter und kletterte hinauf. Er trat als erster auf das Flugdeck und redete sofort los. In den wenigen Sekunden, bevor Vincini hinter ihm auftauchte, sagte er: »Hört zu, Jungs, daß mir nur niemand versucht, hier den Helden zu spielen, das ist völlig überflüssig, verstanden?« Mehr als diesen Hinweis konnte er nicht riskieren. Schon traten Carol-Ann, Captain Baker und die drei Gangster durch die Luke. Eddie fuhr fort: »Bewahren Sie die Ruhe und tun Sie, was man Ihnen sagt. Ich will hier keine Schießerei oder daß jemand zu Schaden kommt. Der Captain wird Ihnen das gleiche sagen.« Er sah Baker an.
    »Genau, Männer«, sagte Baker. »Geben Sie diesen Leuten keinen Anlaß, von ihren Warfen Gebrauch zu machen.«
    Eddie sah Vincini an. »Okay, dann können wir gehen. Bitte begleiten Sie uns, Captain, um die Passagiere zu beruhigen. Joe und Kid sollen die Besatzung ins Abteil Nummer eins führen.«
    Vincini nickte zustimmend.
    »Carol-Ann, gehst du mit der Crew, Liebes?«
    »Ja.«
    Das machte Eddie die Sache leichter. Erstens würde sie aus der Schußlinie sein, und zweitens konnte sie seinen Kollegen erklären, warum er gezwungen war, den Gangstern zu helfen.
    Er sah Vincini an. »Wollen Sie nicht lieber Ihre Pistole einstecken? Sie erschrecken damit nur die Passagiere.«
    »Halt‘s Maul«, sagte Vincini. »Und los jetzt.«
    Eddie zuckte die Achseln. Zumindest hatte er es versucht. Er ging auf dem Weg zum Passagierdeck voran. Ein Durcheinander an Stimmen, halb hysterisches Gelächter und das Schluchzen einer Frau drangen zu ihnen empor. Die Passagiere saßen alle mit angelegten Sicherheitsgurten auf ihren Plätzen, und die beiden Stewards gaben sich wahrhaft heroische Mühe, möglichst ruhig und normal zu erscheinen.
    Eddie ging durch die Maschine. Im Speisesaal lagen überall Scherben und

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