Nacht unter Tag
Grant.
»Brodie, sie werden beide bei der Übergabe sein«, warf Mary ein. »Sieh mal, hier steht, wir können eine Geisel wählen.«
Grant schnaubte. »Und welche werden wir aussuchen? Es ist doch verdammt klar, dass wir Adam nehmen würden. Den Verletzlichsten. Der nicht auf sich aufpassen kann. Niemand, der halbwegs bei Verstand ist, würde ein sechsmonatiges Kleinkind einem Haufen anarchistischer Terroristen überlassen, wenn er die Wahl hätte. Sie werden Adam bringen und Catriona dort zurücklassen, wo immer sie sie festhalten. Das würde ich an ihrer Stelle tun.« Er sah zur Bestätigung zu Lawson hin.
Der Polizist vermied es, ihm in die Augen zu blicken. »Das ist sicher eine Möglichkeit«, räumte er ein. »Aber was immer sie machen, wir haben Handlungsfreiräume. Wir können versuchen, ihnen zu folgen. Wir können einen Peilsender in der Tasche verstecken und auch einen zwischen den Diamanten.«
»Und wenn das nicht funktioniert? Was hält sie davon ab, noch einmal zu kommen und mehr zu verlangen?«, wollte Grant wissen.
»Nichts. Es ist durchaus möglich, dass sie ein zweites Mal Lösegeld verlangen.« Lawson war offensichtlich sehr unbehaglich zumute.
»Dann werden wir bezahlen«, entschied Mary ruhig. »Ich will meine Tochter und meinen Enkel sicher wiederhaben. Brodie und ich werden alles tun, was nötig ist, um das zu erreichen. Nicht wahr, Brodie?«
Grant fühlte sich in die Enge getrieben. Er wusste, was die Antwort sein müsste, aber es überraschte ihn, dass er unschlüssig war. Er räusperte sich. »Natürlich werden wir das tun, Mary.« Diesmal blickte ihm Lawson scharf in die Augen, und Grant begriff, dass er vielleicht etwas zu viel preisgegeben hatte. Er musste den Polizisten daran erinnern, dass auch für ihn etwas auf dem Spiel stand. »Und Mr.Lawson wird das auch tun, Mary. Das verspreche ich dir.«
Lawson faltete die Poster zusammen und schob sie wieder in den Umschlag. »Wir engagieren uns alle hundert Prozent, um Catriona und Adam sicher zurückzubekommen«, versicherte er. »Und der erste Punkt auf der Liste ist, dass Sie mit Ihrer Bank sprechen müssen.«
»Mit meiner Bank? Sie meinen, wir geben ihnen echtes Geld?« Grant fand es unglaublich. Hätte er jemals über so etwas nachgedacht, dann hätte er angenommen, dass die Polizei einen Vorrat von gekennzeichnetem Falschgeld für solche Fälle bereithielt.
»Es wäre an diesem Punkt sehr gefährlich, irgendetwas anderes zu tun«, warnte Lawson. Er starrte auf den Teppich, ein Abbild der Verlegenheit. »Ich nehme an, dass Sie das Geld haben?«
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Samstag, 30. Juni 2007,
Newton of Wemyss
F recher Kerl, tat so, als sei es ihm peinlich, zu fragen, aber ich sah doch, dass es ihm in Wirklichkeit Spaß machte, mich in Verlegenheit zu bringen«, schnaubte Grant und gab Gas, als sie Coaltown of Wemyss hinter sich gelassen hatten. »Verstehen Sie mich nicht falsch. Lawson hat während der ganzen Ermittlung nie einen Fehler gemacht. Ich habe keinen Grund, anzunehmen, dass er nicht vollkommen engagiert war und versucht hat, die Dreckskerle zu fassen, die Catriona und Adam entführt hatten. Aber ich merkte, dass er es zugleich auch insgeheim genoss, zu sehen, wie ich mein Fett abbekam.«
»Warum war das so, was meinen Sie?«
Grant fuhr langsamer, als sich in der hohen Mauer, an der sie entlangfuhren, eine Lücke auftat. »Neid, ganz einfach. Egal wie man es nennen mag, Klassenkampf, Machogehabe, Empfindlichkeit. Es läuft alles aufs Gleiche hinaus. Es gibt eine Menge Leute da draußen, die mir übelnehmen, dass ich habe, was ich habe.« Er bog von der Straße ab in eine große Haltebucht. Die Mauer lief auf beiden Seiten nach innen und ließ in der Mitte Platz für ein hohes Doppeltor aus einem dicken, schwarzgestrichenen Gitter, das so gebaut war, dass es einem mittelalterlichen Fallgitter ähnelte. Auf einer Seite fügte sich die Vorderfront eines zweistöckigen Hauses in die Mauer ein. Es war aus den gleichen roten Sandsteinblöcken gebaut wie die Mauer selbst. Gardinen verdeckten die Fenster, und keine davon wurde beim Motorengeräusch des Landrovers beiseitegeschoben. »Und diese gleichen Leute ärgerten sich auch über Catriona. Es ist ironisch, nicht wahr? Die Leute nahmen an, dass Catriona aufgrund meines Einflusses einen so guten Start im Beruf hatte. Es war ihnen nicht klar, dass sie eher trotz meines Widerstands erfolgreich war.«
Er stellte den Motor ab, stieg aus und schlug die Tür hinter sich zu. Bel folgte ihm,
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