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Nacht

Nacht

Titel: Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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mich nach beiden Seiten im Gang um.
    Niemand.
    Natürlich.
    Leise ging ich zur Haustür. Sie mit der linken Hand aufzuschließen und zu öffnen war für mich als Rechtshänderin ein schwieriges Unterfangen, deshalb nahm ich den Säbel für kurze Zeit in die linke Hand, schob mit rechts den Riegel zurück, drehte den Knauf und zog die Tür auf.
    Das Licht auf der Veranda war aus.
    Das sollte es eigentlich nicht sein.
    Und es hätte auch niemand auf der Türschwelle stehen dürfen, aber trotzdem stand dort jemand.
    Eine große, dunkle Gestalt, die nach mir griff.
    Ich schrie.
    Während ich schrie, sagte die Gestalt etwas. Ich schrie weiter und schlug mit dem Säbel nach ihr.
    Es war ein schwacher Schlag mit der linken Hand.
    Die Gestalt stolperte einen Schritt nach hinten, um der Klinge auszuweichen.
    Der Schlag ging daneben, aber die Gestalt kam ins Taumeln und fiel rückwärts die Stufen der Veranda hinab, wo sie mit einem satten Wummm rücklings auf dem Rasen landete. Dort blieb sie bewegungslos liegen. Offenbar hatte der Sturz ihr momentan die Luft geraubt.
    Ich sprang über die Schwelle, rannte die Stufen hinab und hob den Säbel mit beiden Händen hoch über meinen Kopf, bevor ich ihn so fest ich nur konnte nach unten sausen ließ.
    Die Klinge traf das Gesicht des Mannes genau in der Mitte und spaltete es in zwei Hälften. Erst der Unterkiefer stoppte ihr weiteres Vordringen.
    Der Mann gab gurgelnde Geräusche von sich und wand sich in wilden Zuckungen zwischen meinen Füßen.
    Der Säbel steckte fest, entweder zwischen zwei Vorderzähnen oder im Kieferknochen. Ich zog daran und drehte ihn, aber die Klinge löste sich nicht, sondern warf nur den Kopf des Mannes von einer Seite auf die andere.
    Endlich konnte ich ihn herausziehen.
    Ich holte aus zu einem weiteren Hieb, aber der Mann bewegte sich nicht mehr.
    Er sah ziemlich tot aus.
    Und alles andere als hübsch.
    Ein zweiter Hieb war nicht mehr nötig.
    Ich war viel zu erschrocken und erschöpft, um etwas anderes zu tun als mit den Füßen neben seinen Hüften einfach über dem Mann stehenzubleiben. Den Säbel hielt ich mit der rechten Hand zur Seite, damit das Blut von der Klinge nicht auf meine Beine tropfte.
    Lange stand ich so da und starrte hinab auf den Toten, über den eine Laterne neben der Einfahrt einen schwachen Lichtschein warf.
    Er trug ein kurzärmeliges, kariertes Hemd, Bluejeans und leichte, schwarze Slipper. Keine Socken.
    Ich war mir ganz sicher, dass es nicht der Fremde war.
    Vielleicht war es Tony.

    Entdeckungen
    Es war Tony. Ich hatte richtig geraten.
    Als ich so weit zu mir gekommen war, dass ich mich wieder bewegen konnte, trat ich einen Schritt zur Seite, legte den Säbel ins Gras und durchsuchte die Hosentaschen der Leiche.
    Links vorne fand ich einen Kamm und ein Taschentuch, rechts vorne ein Schlüsseletui aus Leder und ein paar Münzen. Dann griff ich in die Gesäßtaschen und zog aus der linken einen Geldbeutel und aus der rechten eine Pistole.
    Eine Pistole!
    Hatte er mich damit beschützen wollen?
    Oder bedrohen?
    Ich steckte seine Besitztümer bis auf die Pistole, die zu schwer war, in die Taschen meines Kimonos und ging ins Haus. Im Flur setzte ich mich auf den Steinfußboden, um die Sachen meines Opfers näher in Augenschein zu nehmen.
    Das weiße Taschentuch sah sauber aus. Den Kamm untersuchte ich nicht genauer, denn vor Kämmen ekelt es mich. Im Geldbeutel hatte der Mann achtunddreißig Dollar in Scheinen sowie fünfundachtzig Cent in Münzen, und im Schlüsseletui fand ich einen Bund mit sechs Schlüsseln.
    Das Portemonnaie enthielt noch einigen anderen Kram, mit dem ich Sie nicht langweilen will, sowie zwei eingeschweißte Kondome –für mich? – und einen Führerschein, der ihn als Anthony Joseph Romano auswies.
    Er war zwei Jahre älter als ich. Achtundzwanzig. Das Foto war wohl schon etwas älter, denn darauf sah er wie ein Schuljunge aus.
    Er hatte kurze blonde Haare und Sommersprossen und lächelte freundlich in die Kamera.
    Als ich ihn so anschaute, kam ich mir ganz fürchterlich vor.

    Da war er extra hergefahren, um mir zu helfen, und was hatte ich getan? Ich hatte ihn umgebracht.
    Aber wie sagt man so schön: »Keine gute Tat bleibt ungestraft.«
    Natürlich tat es mir leid, dass ich ihn getötet hatte, aber ein besonders schlechtes Gewissen hatte ich trotzdem nicht. Schließlich war es ja nicht meine Schuld, dass er mir einen Überraschungsbesuch abgestattet und sich dabei einen gespaltenen Schädel geholt

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