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Nacht

Nacht

Titel: Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Bekleidung, und außerdem mochte ich ihn viel zu sehr, als dass ich ihn mit Blut hätte besudeln wollen.
    Alles, was mit Blut in Kontakt kam, musste ich danach entsorgen, deshalb musste ich meine eigenen Kleider tragen. Die opferte ich zwar auch nur ungern, aber da führte nun mal kein Weg dran vorbei.
    Also musste ich hinüber in mein Zimmer über der Garage.
    Ich stopfte also Tonys Taschentuch, Kamm und Geldbeutel wieder in die Taschen des Kimonos und verließ, die Pistole in der linken Hand, das Haus durch die Vordertür. Bevor ich alles erledigt hatte, brauchte ich nicht wieder ins Haus, deshalb schloss ich ab.
    Einer plötzlichen Eingebung folgend ging ich zur Verandalampe hinüber und überprüfte die Glühbirne.
    Sie saß ganz locker.
    Als ich sie zurück in die Fassung drehte, ging sie an und blendete mich mit ihrem Licht.
    »Ist ja interessant«, murmelte ich vor mich hin.
    Ob wohl Tony die Glühbirne aus der Fassung gedreht hatte? Oder jemand anderer? Oder hatte sie sich von selbst gelöst, ohne dass jemand nachgeholfen hatte?
    (Glühbirnen benehmen sich manchmal, als wären sie lebende Wesen und drehen sich aus völlig unerfindlichen Gründen aus der Fassung.)
    Ich ließ die Glühbirne eingeschraubt.
    Dass Tonys Leiche auf dem Rasen jemandem auffallen könnte, war ziemlich unwahrscheinlich, denn dazu hätte jemand in die Einfahrt kommen müssen, und das würde um diese Uhrzeit bestimmt nicht passieren. Von der Straße aus konnte man die Leiche jedenfalls nicht sehen, denn erstens hatten wir keine direkten Nachbarn, und zweitens war das Grundstück an allen Seiten von hohen, dichten Hecken umgeben.
    Rechts und links lagen leere Grundstücke, und auch die andere Straßenseite war unbebaut. Das nächste Haus, ein paar Parzellen weiter links, stand leer und suchte schon seit Monaten einen Käufer.
    Das nächste bewohnte Haus kam, wenn man nach rechts fuhr, nach einem knappen halben Kilometer auf der anderen Straßenseite.
    Wir lebten hier ziemlich isoliert.
    Also konnte es nicht schaden, das Licht brennen zu lassen. Aber dann überlegte ich es mir doch wieder anders. Warum sollte ich ein unnötiges Risiko eingehen? Ich brachte das Licht auf der Veranda nicht, bis ich von meinem Zimmer zurück war.
    Als ich mich nach der Glühbirne streckte, fiel mein Blick noch einmal auf Tony.
    Vorhin, im Halbdunkel, hatte ich ihn nicht gut gesehen.
    Vom Kinn aufwärts war sein Kopf ein einziger Matsch.
    So, wie er jetzt aussah, hätte in ihm niemand den netten Jungen von dem Führerscheinfoto erkannt.
    Er wirkte eher wie eine Kreatur aus einem Albtraum.
    In Anbetracht des blutigen Elends, das einmal sein Kopf gewesen war, wunderte ich mich, wie sauber seine Kleider geblieben waren.
    Ich ließ das Licht noch brennen und ging hinüber zu ihm, um ihn mir genauer anzusehen. Auf seinem Hemd waren ein paar Blutflecken, die wegen des Karomusters nicht sonderlich auffielen, und auf seinen Jeans war überhaupt kein Blut zu sehen.
    Warum nicht?
    Ich nahm meine Tasche von der Schulter, zog den Kimono aus und legte beides auf den trockenen Boden der Veranda. Dann beugte ich mich über Tony und zog ihn aus, was in einer heißen Nacht wie dieser eine ziemlich schweißtreibende Angelegenheit war.
    Als ich fertig war, schlüpfte ich in Tonys Slipper. Sie waren ein bisschen zu groß für mich, aber ich konnte gut darin laufen. Seine Jeans und sein Hemd warf ich auf die Veranda.
    Dann legte ich mich nackt auf den Rücken und ruhte mich aus.
    Der Betonboden der Veranda fühlte sich angenehm kühl an.
    Zu angenehm. Am liebsten wäre ich einfach liegen geblieben.
    Erst nach einer ganzen Weile stand ich auf und zog mir Tonys Sachen an. Ich begann mit dem Hemd. Es war sehr groß und hing mir bis auf die Oberschenkel hinab. Dann schlüpfte ich aus den Schuhen und in die Jeans.
    Auch sie war viel zu groß. Als ich sie bis zur Taille hochgezogen hatte, steckten meine Füße noch immer in den Hosenbeinen, und auch am Bund war enorm viel Platz. Wenn ich in den Zwischenraum hineinsah, konnte ich bis zu meinen Knien schauen. Zum Glück hatte der Gürtel genügend Löcher, um ihn so eng schnallen, dass die Hose nicht mehr herunterrutschte. Ich bückte mich und krempelte die Hosenbeine bis fast unter die Knie hoch. Ich sah aus, als ob ich zum Angeln gehen wollte.
    Die Jeans war mir zu viel warm und zu schwer, aber ich brauchte ihre Taschen. Andernfalls hätte ich auf sie verzichten und das Hemd als Kleid tragen können.
    Schließlich kam mir eine

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