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Nachtbrenner

Nachtbrenner

Titel: Nachtbrenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Çakan
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War der Deal erst mal gelaufen, würde er für seinen Anteil noch ein paar Extras von Blue Jay einbauen lassen, der Junge kannte die besten Harddealer in der Stadt und hatte magische Hände. Und danach, er grinste wieder, den Rest mit B. J. bei einem Zug durch die Headshops umsetzen, den neuen Stoff austesten, der von den Kolonien reingekommen war.
    Blue Jay, mit seinem silbernen Kettenhemd und seinen alten 501ern, denen er seinen Namen verdankte. Blue Jay, nach dem sich jeder umdrehte, wenn er die Hauptstraße längs schlenderte, und der immer mit hungrigen Augen auf ihn wartete. Auf Ric, seinen Helden der nächtlichen Straße.
    Der Toyo hüpfte über eine Bodenwelle, hob ab, flog wie ein Stein durch die Luft. Ric schlug den Stabilisator rein. Der Wagen stöhnte unter dem abrupten Druckumschwung, jede Erschütterung wie ein Schlag auf den Kopf. Nein, der verdammte Scanner schrillte, riss ihm fast die Ohren ab. Greifer, sie hatten seine Druckwelle geortet. Ric schrie, fluchte, schrie.
    Er warf einen hastigen Blick auf sein Radar. Nur noch zehn Meilen, und sie hingen an seiner Hinterachse wie ein wütender Schwarm Killerbienen. Zehn Meilen, viel zu spät für Scanner-Alarm. Verdammte Software. Dacko hatte sie ihm vor diesem Trip angedreht.
    »Glaub mir, Kid, das ist erstklassige Ware!« Er schniefte, klopfte auf die Black Box. »Hab’ sie von Sushis Dealer. Kannst ’n schlechteren Schnitt machen.«
    Ric hatte keine Wahl gehabt, sein Scanner war auf der letzten Tour ausgebrannt. Hatte seinen Instinkten nicht mehr getraut, wollte auf Sicherheit gehen. Was heißt schon Sicherheit – hier draußen, da heißt es doch nur sie oder ich. Noch 7,8 Meilen, keine Zeit für taktische Manöver. Die putzen dich von der Straße, Junge, die wollen dein Blut. Machen dich einfach platt mit ihren Monster-Trucks. Rollende Maschinen des Jüngsten Gerichts.
    Ein Gedanke später, ein Blinzeln – 6,3 Meilen. Die Zeit begann sich zu dehnen, wurde zeitlos, wie die Straße, wie die Nacht, hielt sie wie in einer Blase umfangen, schirmte sie ab, ihn und die Greifer. So war es immer, denn das war das Spiel.
    Er zoomte sich den ersten Verfolger ran. Verdammt, verdammt. Er starrte auf den Monitor, doch seine Augen waren ganz weit weg. Die Kühlerfigur – Doduck – sie war Sushis Zeichen gewesen. Sushi, die die heißesten Dealer kannte, deren Name einen Klang hatte, in der Stadt, die hinter ihm lag. Und jetzt war sie nur noch ein Bündel Lumpen im ausgebrannten Wrack ihres Mits, irgendwo da draußen, im Nirgendwo.
    »Nur eine Tour noch, Kid. Du kannst den alten Dacko doch jetzt nicht hängen lassen.«
    Ric merkte, wie seine Wut in ihm wuchs, wie sie zur geladenen Waffe wurde. Bereit zu töten. Tief drinnen wusste er, er war leichtsinnig, doch wie von selbst löste sich seine Hand vom Steuer und kroch zur Konsole. Einhändig gab er den Zugriffscode für den Granatwerfer ein. Er hatte nur noch zwei Schuss, und einer war für den Killertruck mit Doduck, der war für Sushi.
    Fünfkommadrei Meilen, und Ric zog ab, erwischte den Greifer frontal, durchschlug seine Panzerung. Der Truck legte sich quer auf die Fahrbahn, öliger Rauch lief wie Blut aus einer unsichtbaren Wunde. Ric lachte, schüttelte die Faust. Rache für Sushi, Rache für die anderen Roadrunner, die dran glauben mussten, weil sie eine letzte Tour gemacht hatten. Diese sagenhafte letzte Tour, die den Durchbruch bringen sollte, den ganz großen Deal. Klar, auch Ric hatte seine Träume. Aber die nächtliche Straße hatte ihn am Haken, für immer, und er wusste es.
    »Es ist ein schnelles Leben da draußen, in der Nacht. Und doch glaubst du, es ist nie zu Ende. Da draußen auf der Straße bist du einfach unsterblich«, hatte er eines Tages Blue Jay zu erklären versucht. Und in den Augen des Jungen hatte er nur Unverständnis und Bewunderung gelesen. Es stimmte schon, die in den Städten wussten nichts über die Roadrunner.
    Das Spiel ging weiter. Die Verfolger scherten aus und holten weiter auf, preschten in V-Formation auf ihn zu. Weit hinten, dort, wo die Dämmerung aus dem Boden gekrochen kam, stieg Nebel auf. Nein, es war der brennende Truck und jetzt erfasste sein Scanner die letzten Ausläufer der Explosion. Wow, diesmal hatte er einen voll erwischt.
    Ric triumphierte. Jetzt war er Legende. Der Junge, dem die Greifer eine Ladung heißer Bio-Chips abjagen wollten, damals auf der Interstate, weißt du noch? Und ich hab’ ihn gekannt, würde Blue Jay sagen, und seine Stimme würde auf

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