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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myrna E. Murray
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ihm zu machen. Aber dazu müsste ich zurück nach New Orleans und … STOPP! Ich ziehe die Notbremse, bevor meine Gedanken in eine ganz unerwünschte Richtung gehen. Aber der Gedanke ist da und ich werde ihn irgendwann in Ruhe betrachten.
     
    Alex schweigt den ganzen Weg, den wir zurücklegen. In seinen Arm untergehakt, weiß ich für einen Moment absolut nicht, wo wir sind. Aber das ist auch nicht wichtig, denn er würde mich nicht ins Verderben führen. Das stand vorhin ganz deutlich in seinen Augen.
    Mich von meinem Gedankenkarussell befreiend, versuche ich mir meine Umgebung wieder vertrauter zu machen. Wir sind auf Deck 7 gelandet und dort im exklusiven Princess Grill, in dem Alex einen Tisch reserviert hat.
    Er zieht einen Stuhl zurück und ich setze mich. Schweigend setzt er sich mir gegenüber und betrachtet mich aufmerksam. Meine Gedanken fahren immer noch Achterbahn und ich kann mich nicht voll und ganz auf ihn konzentrieren. Was ich allerdings sehe, ist das gewinnende Lächeln, welches seine Lippen umspielt.
    „ So sprachlos?“, beginnt er, nachdem ich weder die Speisekarte angerührt, noch ein Wort gesprochen habe, seit wir hier sitzen. Auch jetzt fällt es mir schwer.
    Ich setze mehrfach an, bekomme aber doch keine vernünftige Antwort zustande.
    Er greift nach meinen Händen. „Ich kann also annehmen, dass es dir gefallen hat?“
    „ Gefallen ist stark untertrieben.“
    Er lächelt. „Das freut mich.“
    Ich will etwas erwidern, kann jedoch erneut nichts sagen, was auch nur im Ansatz Sinn ergeben würde.
    Er sieht mich nach wie vor an und langsam formt sich ein Wort in meinem Kopf.
    „ Danke“, sage ich leise und es schwingen circa zwei Millionen Empfindungen darin mit.
    „ Gern geschehen.“ Er ist beinahe genauso leise wie ich und wieder klingen unsere Seelen für einen Moment im gleichen Takt. Es ist wirklich gespenstisch.
    „ Und“, jetzt grinst er wie ein Kobold, was ihm erstaunlich gut steht, „habe ich dir zu viel versprochen als ich sagte, Musicals wäre eine angemessene Alternative zu ‚Moulin Rouge‘?“
    In diesem Moment kann ich nur lachen und wieder löst sich etwas in mir. „Ja, du hattest recht.“
    Er lächelt weiter, jetzt siegessicher. „Also gestehst du ein, dass ich dich vielleicht doch ein wenig einschätzen kann?“ Eigentlich müsste ich jetzt knurren oder ihn zumindest mit Blicken durchbohren. Amüsiert zwinkert er mir zu. „Dein Mienenspiel ist absolut hinreißend.“ Ich will ihm meine Hände entreißen, doch er hält sie fest. „Oh nein, so leicht entkommst du mir nicht. Jetzt, wo ich gesehen habe, wer du wirklich bist.“
    „ Ach so, glaubst du?“, gebe ich knurrig zurück.
    Sein Gesichtsausdruck wird weich. „Ja, und da ist sie wieder: die knallharte Frau und Jägerin, die du zur Schau stellst.“
    Wieder sehe ich ihn an. „Bitte was stelle ich zur Schau?“
    Er grinst. „Du hast mich schon verstanden, Christa.“ Christina , will ich ihn verbessern, es kommt jedoch nicht über meine Lippen. Er beugt sich zu mir vor. „Verstehe mich nicht falsch. Du bist eine tolle Frau: stark und unabhängig.“ Na, das klingt schon anders.
    „ Ich möchte an dieser Stelle den Philosophen Khalil Gibran zitieren. Hast du schon einmal von dem gehört?“ Ehrlich schüttele ich den Kopf. Philosophie war mir bisher einfach zu hoch. „Er hat gesagt: ‚Das Leiden bringt die stärksten Seelen hervor. Die allerstärksten Charaktere sind mit Narben übersät.‘ Ich denke, das trifft auch auf dich zu.“ Ich bin sprachlos. Er lässt mir Zeit die Worte zu verdauen, lässt seinen Blick jedoch nicht von mir.
    „ Es trifft in gewisser Weise auch auf mich zu“, ergänzt er nach einer Weile, „und deshalb denke ich mehr denn je, dass wir uns gut ergänzen.“ Ich kann ihn nur ansehen und bin zu keiner Antwort fähig ob dieser Offenbarung. Er will noch etwas nachschieben, doch ich spüre eine Präsenz, die sich uns nähert. Er löst seinen Blick in dem Moment von mir, als der Kellner auch in sein Gesichtsfeld eintritt. Er lässt meine Hände los und raunt mir ein „Denk einfach darüber nach“ zu.
    Er bestellt nur einen Wein und erbittet sich noch einen Moment Bedenkzeit für die Essensbestellung. Der Mann kann jetzt allen Ernstes ans Essen denken? Alex betrachtet aufmerksam die Speisekarte, die unbeachtet vor mir liegt, und wechselt das Thema.
    „ Hast du keinen Hunger?“ Seine Worte reißen mich aus meinem tiefen Brüten. Der Mann hat wirklich Nerven.
    „ Wie bitte?“

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