Nachtflamme: Roman (German Edition)
beide die Vögel gespürt und gesehen, und soweit ich das beurteilen kann, so gut wie gleichzeitig. Nun, liegt das einfach daran, dass wir alle sechs eine Verbindung zu den dunklen und den hellen Seiten dessen haben, was in Hawkins Hollow passiert? Oder ist das so, weil die beiden eine spezifische Fähigkeit gemeinsam haben?«
»Ich würde sagen, beide Faktoren spielen eine Rolle«, meinte Cal. »Der Schwerpunkt liegt aber wohl auf der gemeinsamen Fähigkeit.«
»Ja, das glaube ich auch«, stimmte Cybil zu. »Und, wie wollen wir sie benutzen?«
»Gar nicht.« Fox schaufelte sich Pommes frites auf den Teller. »Jedenfalls nicht, solange Layla nicht lernen will, wie sie mit ihrer Fähigkeit umgehen muss. So ist es eben«, verteidigte er sich, als Layla ihn anstarrte. »Du brauchst deine Fähigkeit ja nicht zu mögen, aber du hast sie. Nur, solange du sie nicht anwendest oder lernst, damit umzugehen, nützt sie niemandem etwas.«
»Ich habe nicht gesagt, dass ich es nicht will, aber ich lasse mir von dir auch nichts aufzwingen. Und es funktioniert auch nicht, wenn du mich in Verlegenheit bringst.«
»Wie funktioniert es denn?«, entgegnete Fox. »Ich bin offen für jeden Vorschlag.«
Cybil hob die Hand. »Da ich das Thema angeschnitten habe, versuche ich auch, es zu lösen. Du hast Vorbehalte, Layla. Warum sagst du uns nicht, was du denkst?«
»Ich habe das Gefühl, Stücke von mir selbst zu verlieren. Und mir wird klar, dass ich nie wieder so sein werde, wie ich einmal war.«
»Das mag sein«, warf Gage ein. »Aber wahrscheinlich wirst du den Juli sowieso nicht überleben.«
»Ja, natürlich.« Layla lachte ein wenig und griff nach ihrem Weinglas. »Ich sollte das Ganze positiv sehen.«
Cal warf Gage einen verweisenden Blick zu. Kopfschüttelnd sagte er: »Versuchen wir es doch lieber mal so: Du wärst heute höchstwahrscheinlich verletzt worden, wenn zwischen dir und Fox nicht etwas geklickt hätte. Und zwar ohne dass einer von euch beiden wissentlich etwas dazu beigetragen hat. Was ist?«, fragte er, als Quinn zum Reden ansetzte, dann aber abbrach.
»Nein. Nichts.« Quinn wechselte einen raschen Blick mit Cybil. »Ich verstehe schon, was jeder von euch meint. Vielleicht solltest du es mal aus einem anderen Blickwinkel betrachten, Layla. Nicht, dass du etwas verlierst, sondern dass du auch etwas gewinnen könntest. Wir sind übrigens Ann Hawkins’ Tagebücher noch einmal durchgegangen und haben uns auch die anderen Bücher angeschaut, die Cals Urgroßmutter uns gegeben hat. Cybil will unbedingt herausfinden, wohin Ann in der Nacht, als Dent Lazarus Twisse am Heidenstein bezwungen hat, gegangen ist. Wir wollen wissen, wo sie mit ihren Söhnen gelebt hat, bis sie schließlich, als sie zwei waren, wieder zurückgekommen sind. Wir haben immer noch Hoffnung, dass wir den Ort finden, dann finden wir möglicherweise auch noch weitere Tagebücher. Cybil hat auch ihren Stammbaum überprüft.«
»Ich musste nicht so weit zurückgehen wie ihr anderen, soweit ich das überblicke«, sagte Cybil. »Eine meiner Vorfahrinnen, eine Nadia Sytarskyi, ist Mitte des neunzehnten Jahrhunderts mit ihrer Familie und mit anderen hierhergekommen. Sie heiratete Jonah Adams, einen Abkömmling von Hester Deale. Eigentlich kann ich sogar zwei Zweige nachweisen, weil etwa fünfzig Jahre später einer meiner anderen Vorfahren – von der Kinski-Seite – ebenfalls hierherkam und die Enkelin von Nadia und Jonah heiratete. Also bin ich, wie Quinn und Layla, eine Nachfahrin von Hester Deale und dem Dämon, der sie vergewaltigte und ihr ein Kind machte.«
»Also sind wir alle eine große, glückliche Familie«, warf Gage ein.
»Na, davon haben wir was. Also, mir gefällt es nicht«, sagte Cybil und wandte sich direkt an Layla, »dass ich zum Teil von etwas Bösem, nicht Menschlichem abstamme. Es macht mich sogar richtig wütend. Ich werde auf jeden Fall alle Kräfte einsetzen, um den Dämon zu vernichten.«
»Hast du keine Angst, dass er das Nichtmenschliche in dir gegen dich verwendet?«
Cybil hob ihr Glas und trank einen Schluck. Ihre dunklen Augen blickten kühl. »Das soll er mal versuchen.«
»Aber ich habe Angst davor.« Layla blickte in die Gesichter der Menschen, die ihr in den letzten Wochen ans Herz gewachsen waren. »Es beunruhigt mich, dass etwas in mir ist, das ich nicht ganz verstehen oder kontrollieren kann. Und ich habe Angst, dass es eines Tages mich kontrolliert.« Sie schüttelte den Kopf, bevor Quinn antworten
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