Nachtflamme: Roman (German Edition)
Angst vor dem zu haben, was in dir steckt, nur weil es dich anders macht.«
»Meinst du damit, nicht menschlich?«
»Nein. Nur anders.« Er verstand ihre Gefühle. Auch er war anders, aber für ihn gehörte das zum Leben. »Es spielt keine Rolle, woher deine Fähigkeit kommt, Layla. Du besitzt sie eben, und du bist aus einem ganz bestimmten Grund so.«
»Du hast gut reden. Deine Vorfahren gehen zurück auf ein strahlendes, helles Licht, aber meine auf einen Dämon, der ein armes, sechzehnjähriges Mädchen vergewaltigt hat.«
»Wenn du so denkst, räumst du ihm nur mehr Macht ein. Versuch es noch einmal«, drängte Fox und ergriff ihre Hand.
»Ich … hör auf, mich zu bedrängen«, fuhr sie ihn an und drückte ihre freie Hand an die Schläfe.
Er wusste, dass es wehtat, wenn etwas ausgelöst wurde, ohne dass man darauf vorbereitet war, aber das konnte er nicht ändern. »Was denke ich?«
»Ich weiß nicht, ich sehe bloß einen Haufen Buchstaben.«
»Genau.« Er lächelte. »Ich habe auch nur an einen Haufen Buchstaben gedacht. Du kannst nicht nach New York zurückfahren.« Seine Stimme war sanft geworden. »Selbst wenn du es könntest, würdest du es nicht tun. Du würdest nicht einfach deine Sachen packen, wegfahren und deine Chefin in der Boutique bitten, dir deinen Job wiederzugeben.«
Layla entriss ihm ihre Hand. Ihre Wangen färbten sich rot. »Ich will nicht, dass du in meinen Gedanken und Gefühlen herumschnüffelst.«
»Nein, natürlich nicht. Ich werde es auch nicht zur Gewohnheit werden lassen. Aber, Layla, wenn du mir nicht vertrauen kannst, sind wir beide so gut wie nutzlos. Cal und Quinn können sich in die Vergangenheit zurückversetzen, und Gage und Cybil bekommen Bilder aus der Zukunft. Wir beide, du und ich, sind das Jetzt, die Gegenwart, und das ist sehr wichtig. Du hast gesagt, wir würden feststecken. Okay, dann sollten wir uns weiterbewegen.«
»Für dich ist es leichter zu akzeptieren, weil du dieses Ding …« Sie wedelte mit der Hand neben ihrer Schläfe. »Du kennst das seit zwanzig Jahren.«
»Du etwa nicht?«, entgegnete er. »Wahrscheinlich bist du damit sogar schon auf die Welt gekommen.«
»Weil der Dämon an meinem Stammbaum hängt?«
»Genau. Das ist ja nun mal eine Tatsache. Was du damit anfängst, ist allerdings deine Sache. Als wir vor zwei Wochen auf dem Weg zum Heidenstein waren, hast du dein Talent ja auch benutzt, und zwar aus freiem Entschluss. Ich habe es dir schon einmal gesagt, Layla, du musst dich darauf einlassen.«
»Das habe ich doch. Ich habe meinen Job deswegen verloren. Ich habe meine Wohnung untervermietet, weil ich erst wieder nach New York zurückgehe, wenn das hier vorbei ist. Ich arbeite hier, um meine Miete zahlen zu können, und wenn ich nicht hier arbeite, dann helfe ich Cybil und Quinn bei der Recherche und entwickle mit ihnen Theorien und Lösungen.«
»Und du bist frustriert, weil du die Lösung noch nicht gefunden hast. Sich wirklich auf etwas einzulassen bedeutet mehr, als Zeit zu investieren. Ich muss keine Gedanken lesen können, um zu wissen, dass es dir stinkt.«
»Ich war auch auf der Lichtung, Fox. Ich habe den Dämon auch gesehen.«
»Das ist richtig. Warum fällt dir das denn leichter, als dich mit dem auseinanderzusetzen, was du in dir hast? Es ist ein Werkzeug, Layla. Wenn du Werkzeug nicht benutzt, wird es rostig und stumpf. Und du vergisst, wie man damit umgehen muss.«
»Aber wenn das Werkzeug scharf und glänzend ist und du nicht weißt, wozu es gut ist, dann kannst du viel Schaden anrichten.«
»Ich helfe dir.« Er streckte die Hand aus.
Sie zögerte. Als das Telefon am Empfang zu läuten begann, wich sie einen Schritt zurück.
»Lass es klingeln«, sagte Fox. »Wenn es wichtig ist, rufen sie noch mal an.«
Aber sie schüttelte den Kopf und eilte hinaus. »Vergiss nicht, Shelley anzurufen.«
Na, das war ja toll gelaufen, dachte er missmutig. Er öffnete seine Aktentasche und holte die Akte mit der persönlichen Beleidigungsklage heraus, die er gerade gewonnen hatte. Einmal gewinnt man, einmal verliert man, dachte er.
Am besten ging er ihr für den Rest des Nachmittags aus dem Weg. Er würde per E-Mail mit ihr kommunizieren und sie bitten, Rechnungen zu schreiben oder herauszuschicken. Seine Anrufe konnte er auch direkt wählen, er brauchte sich nicht von Layla verbinden zu lassen.
Das war ihm sowieso immer albern vorgekommen, schließlich wusste er selbst, wie man ein Telefon benutzte.
Es gelang ihm, Shelley zu
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