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Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Titel: Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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behauptet, dass er erst dann in seine Heimat zurückkehren könne, wenn der Besitz seines Vaters wieder in seine Hände übergehen würde. Vorher würde er den Anblick der geliebten Klippen, grünen Wiesen und so weiter und so weiter … nicht ertragen. Erinnert dich das an etwas?»
    «Pilcher!», antwortete Claudia an Lauras Stelle.
    «Hervorragend, Claudia! Du hast da offensichtlich Erfahrung, nicht wahr?»
    «Ach, ab und zu seh ich das ganz gern. Es ist ja auch schön, wenn zur Abwechslung mal was gut ausgeht. Kann man ja von unserm Leben nicht so unbedingt behaupten, oder?»
    «Okay», murmelte Laura und pustete in ihre Kaffeetasse. «Hat sie dir auch verraten, warum sie Sutton diese Geschichte geglaubt hat?»
    «Ich hab versucht, ein bisschen Zweifel zu säen, aber sie hat total gemauert. An ihm gab es keinen Zweifel, an seinem gebrochenen Herzen, den traurigen Kindheitserlebnissen, dem tragischen Schicksal seiner Vorfahren. Es waren sehr interessante Überstunden. Ich hab eine Menge über Frauen gelernt. Wahrscheinlich habe ich bisher alles falsch gemacht. Ich sollte vielleicht lernen, mich als Opfer eines harten, ungerechten Schicksals darzustellen. Eine verletzliche Seele mit Sinn für Poetik, die dringend der Erlösung und Heilung durch eine wunderbare Frau bedarf!»
    «Versuch’s ruhig.» Laura testete die Temperatur des Kaffees mit den Lippen. Er war noch immer zu heiß. «Hast du sie auch danach gefragt, wo das Geld ist, das sie angeblich für den Landsitz in Wales zusammengespart haben?»
    «Nein, das habe ich nicht getan. Irgendwas muss ich ja dir überlassen.»
    «Na gut, danke für die Vorarbeit. Hast du etwas mit ihr ausgemacht?»
    «Sie wollte nach dem Frühstück einen Spaziergang machen und nachdenken. Ich hab gesagt, dass wir sie gegen elf im Hotel treffen und dann in die Gerichtsmedizin fahren.»
    «Wo wohnt sie denn?»
    «Du wirst es nicht glauben: im
Vier Jahreszeiten
. Sie hat da gebucht, weil sie einmal sehen wollte, wo ihr Mann sich auf seinen Geschäftsreisen aufhielt.»
    «Und? Hat sie irgendwie reagiert? Ich meine, auf das Hotel und den Luxus?»
    Peter Baumann blies die Backen auf und kratzte sich am Hinterkopf. «Nicht erkennbar. Sie wirkte ja die ganze Zeit so ein bisschen eingefroren und schockiert. Ist ja auch kein Wunder, schließlich hat sie ihren Mann verloren.»
    «Soll ich dir mal was sagen, Peter? Für deine Beobachtungen bekommst du eine Auszeichnung und die Dame Sutton dazu. Ich hab nämlich um elf keine Zeit. Signora Cipriani fliegt aus Milano ein; um genau zu sein: Sie landet in einer halben Stunde. Deshalb möchte ich dich bitten, deine einfühlsamen Gespräche fortzusetzen, bis ich mit der anderen Dame fertig bin. Beide wollen Sutton sehen. Wir müssen uns also absprechen.»
    «Kommt da vielleicht noch ’ne dritte Witwe?»
    «Durchaus möglich.»
    «Ich glaub, mir steht noch Resturlaub zu.»
    «Ist gesperrt!» Laura prostete ihm mit ihrer Tasse zu und zog sich in ihre Gemächer zurück.
     
    Obwohl er kaum geschlafen hatte, erwachte Commissario Guerrini an diesem Morgen sehr früh, wusch sich flüchtig und voller Widerwille mit kaltem Wasser und fischte das bittere Kaffeepulver wieder aus dem Mülleimer. Ohne einen Schluck Kaffee konnte er einfach nicht losfahren, bitter oder nicht. Er wollte noch einmal zum Bauern Bellagamba hinaus und sich ein bisschen mit ihm über die Nachbarn unterhalten, über die Schweine, über das harte, ungerechte Leben …
    Mit der Kaffeetasse in der Hand öffnete er die Tür zur Dachterrasse, um die Temperatur zu erkunden. Guerrini liebte es, aus seiner Stadtwohnung hinauszutreten und dabei sofort Wind und Wetter zu spüren. An diesem Morgen flogen die Wolken schnell über den Himmel, der Sturm trieb die Tauben vor sich her, zwang sie zu unfreiwilligen Sturzflügen. Ab und zu brach die Sonne durch und zauberte flüchtige Lichter auf die Dächer der Stadt, die dann hinaus auf die Hügel wanderten und der Landschaft etwas meerartig Wogendes verliehen. Der warme Wind aus Südwesten hatte die Stadt über Nacht verwandelt, das graue Frösteln fortgeblasen.
    In den Nachrichten hatte Guerrini von Erdrutschen und Überschwemmungen im Süden des Landes gehört. Der warme Sturm passte dazu. Seit ein paar Jahren litt Italien unter extremen Wetterbedingungen, sie schienen die Lage der Menschen zu spiegeln, der Politik, der Bedrohung durch die Mafia, der Welle von Immigranten, der Umweltkatastrophen. Es schien, als wäre alles außer Kontrolle geraten.

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