Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall
schüttelte den Kopf. «Es hat sich irgendwo versteckt. Aber wenn es richtig Hunger kriegt, dann kommt es schon wieder.»
«Na hoffentlich. Ich würde mich ganz gern ein bisschen mit Ihnen unterhalten … aber nicht unbedingt durch ein Autofenster.»
«Ich bin gerade am Schweinefüttern, Sie können ja mitkommen, Commissario.»
«Gern. Allerdings nur unter der Bedingung, dass Ihr Hund friedlich bleibt.»
Bellagamba grinste, ging zur Scheune und schloss die schwere Holztür. Drinnen jaulte der Hund, als würde er verprügelt.
«Immer noch die falschen Schuhe», sagte der Bauer, als Guerrini ausstieg, und wies auf den matschigen Innenhof.
«Schon gut, Bellagamba. Sie werden es aushalten, die Schuhe.»
Der Bauer zuckte die Achseln und ging durch den Matsch voraus, Guerrini folgte. Hinter einem der Fenster des Wohnhauses erschien kurz die Frau und zog den Vorhang zu. Es roch nach Schweinen und Hühnermist, und der Schlamm war wirklich sehr tief.
«Sie sind da hinten», murmelte Bellagamba. «Ich halte sie drinnen und draußen, wie’s ihnen gerade gefällt. Es sind robuste Schweine, nicht das überzüchtete Zeug, das vor Schreck tot umfällt, wenn man’s nur anschaut.»
Hinterm Haus lagen ein offener Stall und ein großer, eingezäunter Auslauf, dessen Boden von unzähligen Rüsseln umgewühlt war. Riesige schwarzborstige Schweine drängten sich um halbgefüllte Tröge. Schmatzen, Grunzen und Quieken erfüllte die Luft.
«Schöne Schweine», sagte Guerrini.
«Schweine eben. Ich mag sie. Sind nicht so blöd wie die Hühner.» Bellagamba griff nach einem Eimer und verteilte etwas auf die Tröge, das wie zerkochte Kartoffeln aussah.
«Ja, ich weiß, Schweine sind ziemlich intelligent.»
«Woher denn? Züchtet die Polizei auch Schweine?»
«In gewisser Weise, ja», grinste Guerrini. «Aber davon abgesehen: Verwandte von mir haben auch Schweine gehalten. Deshalb weiß ich es.»
Bellagamba antwortete nicht, schüttete den Inhalt eines zweiten Eimers in die Tröge.
«Ich weiß auch, dass es verdammt hart ist, in der Landwirtschaft zu überleben», fügte Guerrini hinzu.
Bellagamba ging zum Brunnentrog und spülte die Eimer aus, dann wandte er sich zu Guerrini um. «Wenn Sie darauf hinauswollen, dass ich Geld von einem Geldverleiher genommen habe, dann sind Sie auf dem Holzweg, Commissario. Wir kommen mit unseren Schweinen zurecht. Wir brauchen nichts!»
«Deshalb bin ich nicht gekommen, Bellagamba. Ich brauche Ihre Hilfe. Könnte es sein, dass andere in der Gegend in Schwierigkeiten geraten sind?» Es war vollkommen schwachsinnig, diese Frage zu stellen, das wusste Guerrini selbst. Niemals würde Bellagamba einen Nachbarn verraten, es sei denn, der Nachbar wäre sein erklärter Feind. Doch die Antwort Bellagambas fiel völlig anders aus, als Guerrini erwartet hatte.
«Die sind so ziemlich alle in Schwierigkeiten», sagte der Bauer. «Und wahrscheinlich machen Sie sich viel zu viel Mühe rauszufinden, wer diesen Kerl umgebracht hat, den mein Hund gefunden hat, Commissario.»
«Es ist mein Job herauszufinden, wer andere umbringt, Bellagamba.»
«Ich züchte lieber Schweine.»
«Bene, ich suche eben Mörder.»
«Hier gibt’s keinen. Das waren garantiert welche von draußen, die uns was unterschieben wollen. Wenn sie mich fragen: Das sah verflucht nach einem Mafiamord aus.»
«Aber vorgestern Nacht haben Sie gedacht, dass es Rache an einem Geldverleiher sein könnte, nicht wahr?»
Bellagamba zuckte die Achseln. «Was weiß ich … Sie haben doch auch an Geldverleiher gedacht, Commissario. Jedenfalls ist der Kerl einer, der den Hals nicht vollkriegt, und jetzt hat er ihn voll, basta!»
«Schlachten Sie Ihre Schweine selbst?»
«Ab und zu eins, nur für uns. Warum fragen Sie?»
«Nur so. Übrigens verleiht die Mafia auch Geld. Also passen Sie auf, Bellagamba. Auf diese Weise ist man seinen Hof schneller los, als man denken kann.»
«Ich bin doch nicht verrückt, Commissario! Und ich kann Ihnen eins sagen: Wenn ich irgendwas mit der Sache zu tun hätte, dann hätte ich den Kerl vergraben und nicht die Polizei gerufen. Aber genau das werde ich in Zukunft machen, wenn Sie mir noch mehr solche Fragen stellen!»
«Jaja, schon gut. Was ist das eigentlich für ein Anwesen da drüben auf dem nächsten Hügel, das mit den vielen Zypressen und Pinien?»
Bellagamba warf einen kurzen Blick in die Richtung, in die Guerrini mit der Hand wies, bückte sich nach seinen Eimern und stieß eine Art Knurren aus.
«Da
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