Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtgesang

Nachtgesang

Titel: Nachtgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
Vom Netzwerk:
Pistole als auch die Lampe auf die dicken Stäbe des Käfigs. Aber als der schwache Strahl die Stangen beschien, beleuchtete er etwas, das sie vorher noch nicht bemerkt hatte; es war nicht viel Zeit gewesen, irgendetwas zu bemerken. Der Käfig hatte eine Tür, die mit einer Kette und einem starken Vorhängeschloss gesichert war – aber das Schloss hing innen, auf der anderen Seite, und baumelte mit geöffnetem Bügel an der Schließvorrichtung!
    Liz wusste, was zu tun war: durch das Gitter greifen und den Bügel wieder befestigen, um das Schloss wieder zuzumachen. Dazu brauchte man zwei Hände. Sie klemmte die Taschenlampe abermals unter die Achsel und steckte die Pistole wieder in ihre Tasche. Dann zwängte sie im erdrückenden, bedrohlichen, lebendigen Halbdunkel ihre zitternden Hände zwischen die Gitterstäbe ... und war sich die ganze Zeit darüber im Klaren, dass das Ding auf sie zukam, seine schrägen, schwefelgelben Augen auf sie gerichtet ... Währenddessen stieß der Piepser weiterhin seinen dringlichen Stakkato-Hilferuf aus, wie ein kleines, verängstigtes Tier ... und in dem Moment kam ihr ein plötzlicher, albtraumhafter Gedanke: Was, wenn das Ding den Schlüssel zum Schloss hat!?
    In dem Augenblick fühlte sich Liz Merrick selbst wie ein kleines, verängstigtes, gefangenes Tier – aber ein menschliches Tier. Das Ding, das langsam durch den Schacht auf sie zugekrochen kam, war alles andere als menschlich, auch wenn das vor nicht allzu langer Zeit vielleicht einmal anders gewesen war.
    Es war fast bei ihr; sie roch den heißen Gestank seines Atems!
    Liz hatte ihre Augen in einem verzweifelten Versuch, das Schloss zu finden, zusammengekniffen. Jetzt öffnete sie sie wieder ...
    ... Und da war es, da war es! Sein Gesicht, das vom Strahl der Taschenlampe unter ihrer Achsel beschienen wurde, schaute auf sie hinunter!
    »Ahhh!«, seufzte es – oder sie, die »Krehatur«. »Ein Mädchen. Nein, eine Fraaau. Und eine frische dazu. Wie schön, dass wir uns hier treffen! Welch glückliche Fügung. Ahhh! «Mit diesen Worten nahm es mit seinen kalten, kalten Händen das Schloss, befreite es von der Kette und ließ es mit einem Klirren auf den dreckigen Boden fallen ...

KAPITEL ZWEI
    DUNKLE BEWOHNER
    In der Zwischenzeit war Jake Cutter vielleicht 100 Meter in den langsam abfallenden Stollen hinabgelaufen, immer tiefer in die Erde. Es war offensichtlich der Eingang zu einer alten Mine; die Wände und das Dach waren mit Holz ausgekleidet und auf dem ziemlich unebenen Boden befanden sich Schwellen mit rostigen, schmalspurigen Schienen. An manchen Stellen sah man Zeichen von alten Firstbrüchen, wo Löcher in der Decke und Geröll auf dem Boden eine eigene Geschichte erzählten. Da die übrig gebliebenen Stützen stark genug schienen, sorgte sich Jake nicht um seine Sicherheit in dieser Hinsicht.
    Aber in einer anderen sorgte er sich durchaus. Er ertappte sich dabei, immer wieder zu wünschen, dass er nicht wo anders, sondern jemand anders wäre, obwohl er das generell eigentlich sehr ungern sein wollte! Alles sehr verwirrend und paradox, aber etwas, das ihm bisher erst zweimal widerfahren war, und zwar in ziemlichen Extremsituationen. Im Moment allerdings war Jake nur Jake Cutter.
    Darum drehten sich seine Gedanken, als der dünne, aber ausreichende Strahl seiner bleistiftdicken Taschenlampe den ersten mehrerer Nebentunnel beschien, Stollen, die vom Haupttunnel, dem ursprünglichen Stollen der Mine, strahlenförmig wegführten.
    Bis jetzt hatte auf dem Boden und auch auf einem Großteil der Wände eine dicke Staub- und Sandschicht gelegen. In der Mitte des Gangs aber, zwischen den Schienen, war das meiste davon abgetragen worden, vermutlich, weil vor Kurzem hier ein oder mehrere Menschen durchgelaufen waren. Aber wo waren diese Leute hingelaufen? Natürlich lag es im Bereich des Möglichen, dass der alte Besitzer diesen Ort als Lager oder Vorratsraum benutzte; schließlich war Jake da hinten, wo der Stollen zu der Hütte führte, die der Mine gegenüberlag, an einem Durcheinander aus alten Kisten und Kartons vorbeigelaufen. Die Kartons enthielten laut Beschriftung Zündschnüre, Wischblätter, verschiedene Arten Motoröl, Zündkerzen und allerlei Ersatzteile bzw. Autozubehör im Allgemeinen. Natürlich hatte er dies so nah am Eingang auch so erwartet.
    Aber all diese frischen Spuren – als hätte hier jemand gehaust? – und das so weit unter der Erde? Warum sollte jemand hier hinkommen, außer vielleicht, um einen

Weitere Kostenlose Bücher