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Nachtgesang

Nachtgesang

Titel: Nachtgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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gehabt hatte, aber auf der anderen Seite die undeutlichste – was der Grund war, weshalb ich es wusste.
    Denn ich sah nur, wie kalt und einsam diese Zukunft sein würde ...«
    Goodlys Erzählung, die Art, wie er die Abfolge der Ereignisse jener Nacht im Hauptquartier des E-Dezernats von seinem eigenen Standpunkt aus geschildert hatte – die offensichtliche Leidenschaft und das Mitgefühl in diesem eigentlich eher reservierten, fast schon phlegmatischen Mann – hatte ihm in Jakes Wahrnehmung einige Sympathiepunkte beschert; Goodly war zu einer dreidimensionalen Persönlichkeit geworden. Vorher ein Schatten oder ein Niemand, der mit einer zarten Stimme sprach, hatte er nun irgendwie Gestalt angenommen. Jake verstand jetzt, warum der Hellseher seit sehr langer Zeit in die Geschehnisse verwickelt war.
    Jetzt hatte Goodly als physische Person sich erstmals dem widerspenstigen Neuling des E-Dezernats eingeprägt. Ian Goodly: ganze 1,90 Meter groß, spindeldürr und schlaksig, grauhaarig und im Großen und Ganzen hager. Seine Miene war normalerweise ernst; er lächelte kaum; nur seine Augen – warm, braun und absolut entwaffnend – straften den ersten Eindruck Lügen, der sich einem leider unweigerlich aufdrängte, nämlich den, dass es sich um einen blassen Leichenbestatter handelte. Aber, wie Jake plötzlich bewusst wurde, der Schein trog oft. Er hätte besser daran getan, Goodlys Augen wahrzunehmen anstatt sich von seinem Äußeren in die Irre leiten zu lassen.
    Als sie den zentralen Truck verließen, drängte er den Hellseher in eine Ecke und zog ihn weg von den anderen, in den Schatten eines Baumes.
    »Was ist?«, fragte Goodly, obwohl er bereits eine Ahnung hatte. Denn genau wie Trask und Lardis Lidesci vor ihm hatte er bei seiner Erzählung einige Teile ausgelassen. Jake suchte immer noch nach Puzzlestücken, die die ganze Geschichte vervollständigen würden.
    »Nur du und ich«, antwortete Jake. »Nur wir beide und niemand sonst, der uns stören könnte. Darf ich dir ein paar Fragen stellen? Gleich von Anfang an hatte ich dieses Gefühl, dass du auf meiner Seite bist, dass du dachtest, dass man mir alles erzählen sollte. Die anderen halten Dinge zurück, aber du hältst dich nur widerwillig daran, habe ich recht?«
    Goodly lächelte schief, seufzte und sagte: »Ich werde dir verraten, was ich darf. Aber obwohl du recht hast damit, dass ich auf deiner Seite bin – oder eher, dass mein Talent auf deiner Seite ist –, werde ich dir dennoch nicht alle Fragen beantworten können. Das Dezernat geht vor und Ben Trask ist das Dezernat. Was Ben sagt, zählt.«
    »Na dann wenigstens einige meiner Fragen«, drängte Jake und fuhr schnell fort: »Du bist also ein Hellseher, oder? Und dein Talent, die Vorahnung, hilft dir, die Zukunft zu sehen?«
    »Das ist zumindest der Grundgedanke«, Goodly seufzte wieder. »Aber nur ein sehr unausgereifter Gedanke, denn so einfach ist es nicht. Habe ich das nicht deutlich gemacht?« Jetzt runzelte er die Stirn.
    »Okay, gut«, beschwichtigte Jake ihn. »Aber du hast mir gesagt, dass du etwas aus meiner Zukunft gesehen hattest, oder? Du sagtest, dass ich bei euch, beim E-Dezernat, noch ziemlich lange Zeit bleiben würde.«
    »Das stimmt, ja«, antwortete Goodly.
    »In welcher Funktion?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Okay, dann sag mir, ob es so passieren wird, einfach weil Trask mich nicht gehen und mein eigenes Ding tun lassen will oder ...?«
    » Möglicherweise, weil er dich nicht gehen lassen wird«, antwortete der Seher. »Er muss schauen, wie du dich entwickelst. Das kann eine Weile dauern. Das könnte – oder ist wohl teilweise der Grund, weshalb ich deine dauerhafte Präsenz gesehen habe, ja. Aber was ist los, Jake? Bist du immer noch unsicher? Ich dachte, du hättest dich entschlossen zu bleiben?«
    »... oder ist es hauptsächlich, weil er denkt, dass ich für euch nützlich sein könnte?« Jake ignorierte Goodlys Frage einfach.
    »Nun, das hoffen wir sicherlich auch. Aber Jake, du drehst dich im Kreis. Und ich verstehe nicht ...«
    »... ich komme gleich dazu!«, knurrte Jake, nun sichtlich angespannt. Nach kurzem Nachdenken fragte er: »Also sag mir, bin ich es, Jake Cutter, der euch nützlich sein wird, oder ist es dieser Harry?«
    »Äh, das wollte ich damit sagen, ja«, antwortete der Hellseher, »dass der Necroscope für uns definitiv nützlich sein wird. Aber wenn du willst, dass ich mich entscheide und wähle, das kann ich nicht. Ich müsste sagen, ihr beide werdet

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