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Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz

Titel: Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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Straßen und mit ihnen das Menschentreiben hinter sich ließ, wurden die Häuser ärmlicher und schlichter. Die eben noch stolz herausgeputzten Läden wurden von verrammelten Schaufenstern abgelöst, das bunte Duftkaleidoskop der Küchen wurde von Kohlgeruch überlagert, und der überlaufende Rinnstein passte nicht zu dieser Weltstadt.
    Obwohl es Adam widerstrebte, durchsuchte er abermals seine Manteltaschen. In den letzten Stunden hatte er ein ums andere Mal seine Kleidung nach Hinweisen auf seine Identität durchforstet, wobei er lediglich ein paar Münzen zum Klingen gebracht hatte. Fast schien es, als seien seine Taschen genauso leer wie seine Erinnerung. Jetzt konnte er sich nicht länger drücken, es sei denn, er wollte die Nacht auf der Straße verbringen. Und er wollte sich lieber nicht darauf verlassen, dass die Kälte ihm tatsächlich nichts anhaben konnte.
    Für eine gründliche Tascheninspektion nutzte er die Gunst eines offen stehenden Tors und huschte in den dahinterliegenden Hinterhof. Falls ihm angesichts des Ergebnisses die Gesichtszüge entgleisen sollten, wollte er lieber für sich sein. Nun blickte er auf die Münzen in seiner Hand, und zu seinem Erstaunen
konnte er ihre Konturen trotz des spärlichen Lichts bestens erkennen. Auch so eine Seltsamkeit, aber damit wollte er sich jetzt nicht auseinandersetzen. Farben konnte er kaum ausmachen, allerdings zeichnete sich die Prägung lesbar ab. Es handelte sich um italienische Lire.
    Ein Lächeln schlich sich auf Adams Gesicht. Wenn er aus Italien stammen sollte, erklärte das zumindest schon einmal das nicht abzustreifende Gefühl, mit Frankreich und seiner Sprache lediglich vertraut zu sein, mehr aber auch nicht.Vielleicht war er ein Reisender auf Abwegen.
    Adam versuchte bewusst, etwas auf Italienisch zu denken, als er die beiden Schatten bemerkte, die gerade das Tor hinter sich schlossen. Allerdings nicht, ohne zuvor noch einen prüfenden Blick auf die Straße zu werfen, ob sie dabei auch niemand beobachtete.
    Während Adam mit den Münzen in der hohlen Hand klimperte, verengte er die Augen zu Schlitzen.Vermutlich war das gar nicht nötig, denn er konnte die beiden Männer auch so gut sehen, obgleich eine innere Stimme ihm verstört zuflüsterte, dass das in dieser Dunkelheit eigentlich unmöglich sein sollte.
    Die Männer standen im lichtlosen Durchbruch, von wo aus sie ihn sehen konnten, während er bestenfalls ihre Umrisse erahnen müsste. Stattdessen sah er deutlich, dass der eine im besten Mannesalter war, obwohl nichts an ihm mehr gut aussah - weder sein zerquetschtes Nasenbein und die verquollene Augenpartie noch die krummen Finger, mit denen er sich unter der Schirmmütze kratze. Die Schultern breit, die Beine krumm. Ein ausgemachter Schläger, jemand, der sich in einem anderen Leben als Boxer verdingt haben mochte. Der Mann neben ihm war einige Jahre jünger und von einer Schlaksigkeit, die man vorschnell mit Kraftlosigkeit gleichsetzen konnte.
    Doch Adam unterlief dieser Fehler nicht. Er sah den jungen Kerl nicht nur, er nahm ihn mit allen Sinnen wahr. Wie ein
vielstimmiger Chor flüsterten sie ihm zu, dass es sich trotz der schlechten Ernährung um einen gesunden und muskulösen Kerl handelte. Und um einen flinkeren Gegner als bei dem Exboxer an seiner Seite.
    Nicht Gegner - Opfer, meldete sich die Stimme zurück, freudig erregt wie ein Kind, das zum Jahrmarkt geht. Zugleich schwang unüberhörbar auch eine perverse Vorfreude auf den bevorstehenden Übergriff mit.
    Adam keuchte auf, denn in den letzten Stunden hatte er zunehmend gehofft, dass die Stimme nur von dem Schrecken herrührte, als er in jener dunklen Gasse aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht war. Sie nun plötzlich wieder hören zu müssen, schockierte ihn zutiefst.
    Der Exboxer verstand sein Aufstöhnen jedoch falsch. »Der Herr braucht doch keine Angst zu haben«, setzte er in einem um Vertrauen heischenden Ton an. Betont nebensächlich schlenderte er auf Adam zu, wobei ihm ein abstoßender Gestank nach Kampflust und Habgier vorauseilte.
    Der jüngere Mann hielt sich unterdessen zurück - eine vorbildliche Nachhut, die vermutlich davon ausging, nicht viel zu tun zu bekommen.Wie viel Widerstand konnte schon ein elegant gekleideter Herr leisten, der sich offensichtlich durch sämtliche Lokale getrunken hatte, bis ihm Zylinder und Halstuch abhandengekommen waren?
    »Yves und ich wollten nur einmal nachsehen, ob bei Ihnen auch alles zum Besten steht«, plauderte der Exboxer

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