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Nachtglut: Roman (German Edition)

Nachtglut: Roman (German Edition)

Titel: Nachtglut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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von starker Männlichkeit bedroht fühlten. Vielleicht hatte sie befürchtet, er würde einfach seinen Trieben nachgeben, sie ins Heu werfen und mit Gewalt nehmen.
    Ach, zur Hölle, er hatte keine Ahnung, was sie dachte!
    Er wußte nur, daß er an dem Abend neulich ewig nicht einschlafen konnte. Und als er es schließlich doch geschafft hatte, war er wenige Stunden später wieder aufgewacht, schweißgebadet – obwohl die ratternde Klimaanlage eiskalte Luft auf seinen nackten Körper blies – und mit einer Erektion, die ihm mehr als einen Blumentopf eingebracht hätte.
     
    Anna fuhr aus dem Schlaf. Sie brauchte ein paar Sekunden, um sich zu orientieren. Dann erinnerte sie sich, wo sie war und warum – und die schreckliche Realität stürzte sie in tiefe Beklommenheit.
    In Deans letzten Lebenswochen hatte sie täglich Stunden im Warteraum des Krankenhauses gesessen. Ihr Wachen hatte seinerzeit nichts am Ausgang der Dinge geändert und würde es auch heute nicht tun – aber sie konnte Delray ebensowenig im Stich lassen wie damals Dean.
    Sie sah zu dem Sofa hinüber, auf dem David schlief. Ja, er war noch da, ihm fehlte nichts. Sie gähnte, streckte sich und ließ ihren Kopf um die Schultern kreisen, um ihre Nackenmuskeln zu lockern. Sie sah auf ihre Uhr; bis zur nächsten Besuchszeit waren es noch Stunden.
    Dann blickte sie zu Jack Sawyer hinüber. Er schlief, seine Brust hob und senkte sich in regelmäßigen Zügen. Seine Beine waren leicht gespreizt, das eine Knie gebeugt, das andere durchgestreckt. Die Hände hingen lose gefaltet zwischen seinen Oberschenkeln.
    Sie betrachtete diese Hände und erinnerte sich ihrer Berührung. Als sie David die Zeichensprache gelehrt hatte, hatte sie für jeden einzelnen Buchstaben mit eigner Hand seine Finger in Stellung gebracht. Die gleiche Methode hatte sie bei Jack Sawyer angewandt. Aber seine Hände hatten sich ganz anders angefühlt als die ihres Sohnes.
    Jacks Finger waren lang und kräftig, die Spitzen schwielig. Auf den Fingerrücken sprießten feine sonnengebleichte Härchen. Seine Nägel waren sauber geschnitten, aber die Nagelhaut wies an manchen Stellen Risse auf.
    David hatte die weichen Hände eines Kindes. Jacks waren die eines Mannes, der Wind und Wetter und harte Arbeit kannte. Sie hatte seinen Atem auf ihrem Gesicht gespürt, als sie vor ihm gestanden hatte, und bei seinem Blick war ihr innerlich warm geworden.
    Plötzlich öffnete er die Augen und sah, daß ihr Blick auf ihm ruhte. Hastig setzte er sich gerade. »Alles in Ordnung?«
    »Ja.«
    »Was Neues vom Arzt?«
    »Nein.«
    Er warf einen Blick auf David. Als er sich wieder ihr zuwandte, lächelten sie beide. David lag auf dem Rücken, einen Arm leicht abgewinkelt über dem Kopf, den anderen schräg ausgestreckt, so daß er über die Sofakante herabhing.
    »Muß wunderbar sein, so schlafen zu können«, meinte Jack. »Er war wahrscheinlich todmüde von der Schwimmerei.«
    Schwimmerei? Ihre Miene übermittelte die Frage.
    »Ach, Mist! Jetzt hab ich die Katze aus dem Sack gelassen.«
    Sie folgte den Bewegungen seiner Lippen; aber die Worte, die sie auf ihnen las, verwirrten sie nur noch mehr.
    Er sah es. »Das heißt, ein Geheimnis verraten«, erklärte er ihr. »Ich bin gerade dabei, David das Schwimmen beizubringen.
Wir üben jeden Tag ein bißchen. Tun Sie überrascht, wenn er es Ihnen vorführt.«
    Sie nickte, zum Zeichen, daß sie jetzt verstanden hatte.
    »Wir waren am Fluß, als Sie gebimmelt haben.«
    Jack hatte weder Hemd noch Schuhe angehabt, als er ins Haus gerannt war. David war in seiner Unterwäsche gewesen, die Kleider unter dem Arm. Erst jetzt fiel es ihr wieder ein. Jack mußte sich und David angezogen haben, während die Sanitäter Delray die Treppe hinuntertrugen und in den Rettungswagen brachten. Sie hatte ihre Handtasche gesucht, sich vergewissert, daß die Versicherungskarte drinsteckte, und ein paar Sachen für Delray gepackt. Es waren hektische Momente gewesen – aber mit Jacks Hilfe halb so schlimm, weil der sich um David kümmerte.
    Anna zog einen kleinen Spiralblock aus ihrer Handtasche und schrieb ihm ein paar Worte, zum Dank für seine Hilfe.
    »Das hätte doch jeder getan«, sagte er, nachdem er sie gelesen hatte.
    Eigensinnig schüttelte sie den Kopf. »Sie haben nicht nur geholfen«, schrieb sie, »Sie haben Delray das Leben gerettet.«
    Er zog verlegen die Schultern hoch. »Ich bin froh, daß ich nützlich sein konnte.« Vorgebeugt stützte er die Ellbogen auf seine

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